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Dry January – was passiert mit unserem Körper, wenn wir auf Alkohol verzichten?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 16. Januar 2023

Immer mehr Menschen beginnen das neue Jahr mit dem Dry January und verzichten ab Neujahr einen Monat lang auf den Konsum von Alkohol. Ziel ist es, den Körper nach den Feiertagen zu entgiften und das körperliche Wohlbefinden zu steigern. Des Weiteren kann der Fastenmonat dabei helfen, das eigene Trinkverhalten zu überdenken und gegebenenfalls zu verändern.

 

 

Woher kommt der Dry January?

Der aktuelle Trend des „trockenen Januars“ kommt aus Großbritannien. Hinter der Kampagne steckt die Wohltätigkeitsorganisation Alcohol Change UK, die sich den Begriff „Dry January“ im Jahr 2014 als eingetragenen Markennamen sicherte. Teilnehmer werden unter anderem mit einem Onlineprogramm und verschiedenen Hilfsangeboten während des Fastenmonats begleitet und zum Durchhalten motiviert.

Des Weiteren bietet die Organisation Unterstützung und Beratung für Menschen an, die Probleme mit dem Konsum von Alkohol haben und längerfristige Veränderungen in ihrem Trinkverhalten anstreben. Der Zeitpunkt war bewusst gewählt, denn der Januar ist traditionell ein schlechter Monat für Bars und Restaurants – unter anderem aufgrund der hohen Ausgaben im Dezember.

Der Grundstein der mittlerweile weltweiten Bewegung lässt sich in Finnland finden. Dort wurde 1942 der „Raitis tammikuu“ oder „Sober January“ eingeführt, als sich das Land im Krieg mit Russland befand und der Alkoholverbrauch, der an die Front geschickten Soldaten ein Problem darstellte.

Auch wenn der Alkoholkonsum bei uns seit Jahren sinkt, ist Deutschland nach wie vor ein Hochkonsumland. 2020 nahm jeder ab 15 Jahren im Durchschnitt 10,8 Liter reinen Alkohols zu sich. In diesem Jahr wird „Dry January“ erstmals mit einer eigenen Kampagne auch hierzulande umgesetzt.

Deutschlandpartner der britischen Non-Profit-Organisation ist das Blaue Kreuz in Deutschland e. V. ; über die Webseite www.dry-january.eu, Social Media, sowie Markenbotschafter und andere Medien werden Menschen zur Teilnahme an diesem Projekt eingeladen.

 

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Was macht Alkohol mit dem Körper?

Kein anderes legales Suchtmittel ist in Deutschland so verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert wie der Alkohol. Für viele Menschen sind Getränke wie Bier, Wein und Sekt Genussmittel; für Mediziner ist der Trinkalkohol Ethanol aber vor allem ein schädliches Zellgift, das schon in geringen Mengen pro Tag dem Organismus auf Dauer schadet.

Das Rauschmittel nimmt im Gehirn Einfluss auf den Botenstoffwechsel und hemmt dabei die Signalverarbeitung. Kleine Dosen wirken auf den Körper entspannend und aufmunternd, doch je höher die aufgenommene Alkoholmenge, desto ausgeprägter wird die Wahrnehmung eingeschränkt, das Verhalten beeinflusst und das Risiko gesundheitlicher Probleme erhöht:

 

Beeinträchtigung geistiger Funktionen:

Alkohol schädigt als Zellgift Nervenzellen und kann die Reaktionszeit verlangsamen, die Aufmerksamkeit und das Gedächtnis beeinträchtigen und die Entscheidungsfindung erschweren.

 

Schäden an den Gehirnzellen:

Langfristiger und exzessiver Alkoholkonsum kann zu irreversiblen Schäden an den Gehirnzellen führen und das Risiko von Demenzerkrankungen erhöhen.

 

Erhöhtes Krebsrisiko:

Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört das Trinken von Alkohol zu den wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren für Krebs.

Seit den 1970er Jahren ist bekannt, dass im menschlichen Körper krebserregendes Acetaldehyd als Zwischenprodukt beim Abbau von Ethanol entsteht. Außerdem ist es neben anderen Stoffen für den „Kater“ am nächsten Morgen verantwortlich. Bereits in der Mundhöhle wird das Kanzerogen von der dortigen Mikroflora gebildet, sobald der erste Schluck Bier, Wein oder Schnaps getrunken wird. Des Weiteren entsteht Acetaldehyd beim Abbauprozess in der Leber und schadet vor allem dort massiv den Leberzellen. Es kommt zunächst zur Ausbildung einer Fettleber und zur Fettleberhepatitis, bei längerem Verlauf zu einer Leberzirrhose, bei der Leberzellen absterben und durch knotiges Narbengewebe ersetzt werden.

 

Schäden an Organen:

Alkoholbedingte Schäden können sich auf fast alle Organe des Körpers auswirken und sind in der Regel das Ergebnis langfristiger, hoher Alkoholaufnahme. Neben Folgen an Leber und Gehirn können Magenbeschwerden und -geschwüre verursacht, sowie das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht werden.

 

Stoffwechselstörungen:

Alkohol kann den Stoffwechsel stören und das Risiko von Übergewicht und Diabetes erhöhen.

Das Suchtmittel nimmt mit seinem hohen Energiegehalt, seiner appetitanregenden Wirkung und der gleichzeitigen Hemmung der Energiebereitstellung durch Fette Einfluss auf das Körpergewicht. Auf diese Weise kann bereits regelmäßiger moderater Alkoholkonsum die Entstehung von Übergewicht begünstigen, was wiederum das Diabetes-Risiko erhöhen kann.

Des Weiteren kann eine alkoholinduzierte Entzündung der Bauchspeicheldrüse ebenfalls eine Diabetes-Erkrankung bis hin zu Bauchspeicheldrüsenkrebs nach sich ziehen.

 

Mangelversorgung mit Vitaminen und Mineralien:

Chronischer Alkoholmissbrauch kann dazu führen, dass der Körper wichtige Nährstoffe wie Vitamin B1 und B6 nicht ausreichend aufnimmt. Infolge kann sich eine alkoholbedingte Neuropathie entwickeln. Hierbei handelt es sich um eine Schädigung des peripheren Nervensystems, das für die Übertragung von Nervenimpulsen von und zum Gehirn und dem Rückenmark verantwortlich ist. Die Erkrankung kann zu Symptomen wie Schmerzen, Taubheit, Kribbeln und Muskelschwäche sowie in fortgeschrittenen Stadien auch zu Lähmungen führen.

Des Weiteren kann die Aufnahme der Vitamine B2, B12, Ascorbinsäure, Niacin und Folsäure sowie Vitamin A und β-Carotinoide, D, E und K eingeschränkt sein und gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.

 

Veränderungen des Hormonhaushalts:

Alkohol ist in der Lage, den Hormonhaushalt zu verändern und das Risiko von Brustkrebs und anderen Geschlechtshormon-abhängigen Erkrankungen zu steigern. Libido und Potenz können nachlassen, da die Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron sinken kann. Bei Frauen, die chronisch viel Alkohol konsumieren, können Menstruationsstörungen wie beispielsweise Amenorrhoe (Ausbleiben der Periode für 3 Monate oder länger), eine unregelmäßige Zyklusdauer und Anovulation (kein Eisprung während des Menstruationszyklus) auftreten.

 

Verletzungen:

Unter Alkoholeinfluss kann sich das Risiko von Verletzungen erhöhen, z. B. durch Verkehrsunfälle oder Stürze.

 

Was passiert bei einem Alkoholverzicht?

Während die Wirksamkeit und die gesundheitlichen Folgen der einmonatigen Abstinenz noch nicht vollständig geklärt sind, hat eine Umfrage der Universität Sussex im Jahr 2018 folgendes ergeben: Teilnehmer der britischen „Dry January“ Kampagne konsumierten auch im weiteren Verlauf des Jahres deutlich weniger Alkohol als zuvor und schlugen hierbei seltener über die Strenge. Schlafqualität, Konzentration und Wohlbefinden verbesserten sich, Gewicht konnte reduziert und Geld durch den verminderten Konsum gespart werden.

Diese Veränderungen können von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausfallen und sind von verschiedenen Faktoren wie dem allgemeinen Gesundheitszustand, dem Alter und dem Ausmaß des vorherigen Alkoholkonsums abhängig.

 

Nach einigen Tagen:

Die angegriffene Magen- und Darmschleimhaut regeneriert sich, Übelkeit und Appetitlosigkeit lassen nach.

 

Nach ein bis zwei Wochen:

Oft verbessert sich die Schlafqualität bereits nach etwa zwei Wochen Abstinenz. Der Schlaf wird tiefer und erholsamer. Zudem fühlen sich Abstinente weniger gestresst und entsprechend leistungsfähiger. Die körpereigene Immunabwehr ist gestärkt. Die Leber beginnt sich zu regenerieren; geschädigte Leberzellen werden durch neue ersetzt, etwaige Fetteinlagerungen verschwinden. Eine Leberzirrhose ist in der Regel nicht rückgängig zu machen, ihr Fortschreiten kann aber durch den Alkoholverzicht gebremst werden.

 

Nach einem Monat:

Nach knapp vier Wochen entwickeln Abstinente ein erhöhtes Bewusstsein für den Alkoholgenuss. Es zeigt sich ein blutdrucksenkender Effekt, Stress wird reduziert. Lymphstauungen werden abgebaut, wodurch sich das Hautbild verbessert, die Haut frischer und die Konturen straffer wirken. Eine gegebenenfalls erforderliche Gewichtsabnahme fällt leichter.

 

Nach drei Monaten bis hin zu einem Jahr:

Bei einem langfristigen Alkoholverzicht verbessert sich das allgemeine Körpergefühl, Libido und Potenz werden stärker und das Selbstbewusstsein wird durch die erfolgreiche Abstinenz gefördert. Die Leber ist erholt und der Stoffwechsel optimiert. Zwischenmenschliche Beziehungen können sich ohne den belastenden Alkoholmissbrauch verbessern. Langfristig kann sich der Verzicht auch in finanzieller Hinsicht positiv auswirken.

 

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Was passiert bei einem plötzlichen Alkoholverzicht?

Die Teilnahme am „Dry January“ ist keine Garantie dafür, dass man sich plötzlich rundum gesund und frisch fühlt. Wenn zuvor fast täglich Alkohol getrunken wurde, können in den ersten ein bis zwei Wochen Entzugserscheinungen auftreten, die sich in Form von Kopfschmerzen, Schwitzen, Zittern, Unruhe, Angst, Depressionen, Übelkeit und Erbrechen äußern. Häufig wird in diesen Fällen ohne professionelle Begleitung der Entzug vorzeitig abgebrochen. Betroffene leiden in Folge unter dem Gefühl von Willensschwäche, Versagen und Disziplinmangel. Dies verstärkt sich mit jedem weiteren gescheiterten Versuch und macht eine alleinige Beendigung des Trinkens nahezu unmöglich.

Alkoholkranke Menschen, die nach langjährigem und schwerem Alkoholkonsum plötzlich aufhören zu trinken, können in den nachfolgenden Tagen schwerwiegende Entzugserscheinungen entwickeln. Neben Bewusstseinsstörungen und Halluzinationen können körperliche Symptome wie Blutdruckentgleisungen einen lebensbedrohlichen Zustand – das sogenannte Alkoholdelir –darstellen. Es ist in diesen Fällen wichtig, dass der Körper langsam unter professioneller Begleitung an die veränderte Situation angepasst wird.

 

Wie schafft man es, auf Alkohol zu verzichten?

Kehrt man nach dem «Dry January» zu den alten Trinkgewohnheiten und -mengen zurück, stellen sich die negativen Auswirkungen innerhalb von Wochen bis Monaten wieder ein. Besser wäre es, die abstinente Phase zu nutzen, um das eigene Trinkverhalten und alte Gewohnheiten generell zu überdenken.

 

Folgende Tipps können hilfreich sein, auf den Konsum von Alkohol zu verzichten:

  • Setzen Sie sich klare Ziele. Machen Sie sich bewusst, warum Sie auf Alkohol verzichten wollen und welche Vorteile Sie daraus ziehen. Informieren Sie sich über die gesundheitlichen Auswirkungen des Suchtmittels und überlegen Sie, inwiefern diese Gründe für Sie relevant sind.
  • Setzen Sie sich realistische Ziele. Wie soll auf Alkohol verzichtet werden? Soll der Konsum schrittweise reduziert oder komplett aufgehört werden?
  • Finden Sie Alternativen zum Alkohol. Probieren Sie alkoholfreie Getränke aus oder treffen Sie sich mit Freunden zu Aktivitäten, die keinen Alkoholkonsum beinhalten.
  • Suchen Sie sich Unterstützung. Erzählen Sie Freunden und Familienmitgliedern von Ihrem Vorhaben und bitten Sie diese um Hilfe. Es kann auch sinnvoll sein, sich an eine Selbsthilfegruppe oder einen Therapeuten zu wenden.
  • Belohnen Sie sich. Wenn Sie ein bestimmtes Ziel erreicht haben, belohnen Sie sich mit etwas, das Ihnen Freude bereitet wie, einen Kinobesuch oder ein schönes Essen.

 

Wie schafft man den Weg aus der Alkoholsucht?

Der Weg aus einer Alkoholsucht ist nicht leicht und erfordert viel Zeit, Geduld und Kraft. Mit professioneller Hilfe und Unterstützung kann es aber gelingen, die Abhängigkeit zu überwinden und ein suchtfreies Leben zu führen.

Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn Betroffene das Suchtproblem erkennen und selbst gewillt sind, an sich und ihrem Konsum zu arbeiten und mit dem Trinken aufzuhören.

Suchtberatungsstellen oder Ärzte können dabei helfen, einen individuellen Behandlungsplan zu erstellen und die nötigen Unterstützungsmöglichkeiten zu vermitteln.

Des Weiteren kann es hilfreich sein, sich einer Selbsthilfegruppe wie den "Anonymen Alkoholikern“ anzuschließen. Während an geschlossenen Treffen nur Alkoholiker und Menschen teilnehmen, die den Wunsch haben, mit dem Trinken aufzuhören, können offene Sitzungen auch von Familienangehörigen, Freunden, Verwandten oder anderen Interessierten besucht werden.

Um die Sucht in den Griff zu bekommen, ist eine Verhaltensänderung in der Regel unumgänglich. Dazu gehört es, sich von Orten und Personen fernzuhalten, die das Trinkverhalten fördern, und sich gezielt abzulenken und andere Hobbys und Interessen zu entwickeln.

In manchen Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein, um Entzugserscheinungen zu lindern und das Rückfallrisiko zu verringern. Diese ersetzt allerdings nicht die Entzugs- und Abstinenzmotivation und wird in der Regel nur im Rahmen einer professionellen Therapie eingesetzt.

Die entsprechenden Arzneistoffe sind verschreibungspflichtig und nicht ohne ärztliche Verordnung erhältlich.

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Linda Künzig
Autor: Linda Künzig

Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.

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