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Familienaufstellung - Was steckt dahinter?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 15. Oktober 2019

Die Familienaufstellung ist ein Werkzeug, um Ordnung in das Familiensystem zu bringen. Die meisten, die eine Familienaufstellung durchführen, nutzen dies, um für sich selbst Konflikte im Familiensystem zu lösen und mehr Klarheit zu erhalten. Hier kann von außen erkannt werden, was noch nicht stimmig ist und welche Themen gelöst werden sollten. Am besten wird die Aufstellung mit einem kompetenten Aufstellungsleiter durchgeführt. Die Methode wird teilweise als sehr positiv angesehen, jedoch gibt es auch viele kontroverse Diskussionen darüber.

 

Was versteht man unter Familienaufstellungen?

 

Hierzu gibt es eine Definition aus Wikipedia, die ich in eigenen Worten wiedergeben möchte: Die Familienaufstellung bezeichnet ein Verfahren, bei dem eine Person stellvertretend für ein Mitglied der Familie steht. Das Familiensystem wird so aufgestellt, wie es aus der Sicht des Klienten aussieht. Aus dieser Wahrnehmungsposition werden gewisse Muster innerhalb des Systems erkannt. Das Familienstellen gründet auf der Vermutung, dass innerlich-grundlegende Beziehungen auch innerlich räumlich abgespeichert wirken. Diese Konstellation wird nun von außen sichtbar gemacht. Es handelt sich bei Aufstellungen nicht um Rollenspiele.1

 

Von wem wurde das Verfahren entwickelt?

 

Die Familienaufstellung wurde von Bert Hellinger (geboren am 16. Dezember 1925 - gestorben am 19. September 2019) entwickelt. Er war ein deutscher Buchautor, Psychoanalytiker und Familientherapeut. Er wurde 1952 zum Priester geweiht und war viele Jahre lang Leiter einer südafrikanischen Missionsschule. Seit den späten 1970er Jahren entwickelte er, unter Abwandlung von Methoden der systemischen Familientherapie, die Familienaufstellung und bezeichnete diese selbst als Lebenshilfemethode.

 

Bei der Aufstellungsmethode nach Hellinger handelt es sich nicht um ein eigenständiges Verfahren der Psychotherapie. Hellingers zugrunde liegendes Konzept und sein Umgang mit Klienten sind stark umstritten.2

 

Allerdings gibt es viele Abwandlungen der Methode, bei der die Durchführung nicht so restriktiv gehandhabt wird. Zum Beispiel gibt es das von der US-Psychotherapeutin Virginia Satir (1916-1988) begründete Verfahren „Familienskulptur“, das die Beziehungen und das Verhalten von Familienmitgliedern untereinander symbolisch darstellt. Es unterscheidet sich insofern von der "Klassischen Familienaufstellung" nach Bert Hellinger darin, als Lösungen gemeinsam mit dem Klienten entwickelt werden.

 

Was ist das Ziel von Familienaufstellungen?

 

Diejenigen, die eine Aufstellung machen, verstehen besser, was in ihrem Unterbewusstsein abläuft bzw. warum sie immer wieder die gleichen Dinge erleben oder tun, obwohl sie dies im Grunde nicht möchten. Durch eine Familienaufstellung können sich negative Gefühle und Gedanken auflösen, die vorrangig das Familiensystem betreffen. Das Ergebnis ist, dass man sich leichter fühlt und einen das Thema nicht mehr belastet.

 

Hier gibt es einige Beispiele, bei denen eine Familienaufstellung eine Lösung herbeiführen kann:

  • bei Problemen innerhalb der Ursprungs- oder Gegenwartsfamilie
  • bei bestimmten Themen aus der Vergangenheit, die noch nicht bewältigt wurden
  • bei körperlichen Befindlichkeiten, die man sich nicht erklären kann
  • bei folgender Frage: Warum verharre ich in der aktuellen Situation, obwohl mir bewusst ist, dass Veränderungen dringend notwendig wären?3

 

Wie läuft eine Familienaufstellung ab?

 

Hier wird unterschieden zwischen Einzelsitzungen und Gruppenarbeit.

 

Einzelsitzung: Zuerst wird das Thema geklärt. Dann wird nach individuellem Wunsch entweder mit Aufstellungsfiguren und/oder mit Bodenankern (bunte Papierblätter) gearbeitet. Entsprechend werden dann die Aufstellungsfiguren und/oder Bodenanker gestellt oder gelegt. Beim Stellen auf die Bodenanker, kann man als Stellvertreter direkt die Gedanken, Gefühle und Körperreaktionen der Person empfinden, für die man den Bodenanker aufgestellt hat. Durch gezielte Fragen an denjenigen, der aufstellt, kommt die Aufstellung in Bewegung und verändert sich.

 

Dabei zeigen sich in der Regel für den Aufsteller Lösungsansätze sowie neue Sichtweisen und Erkenntnisse. Innere unbewusste Bilder zeigen sich im Außen.3 Hierzu gibt es ein YouTube-Video, das Einblick in die Methode gewährt.4

 

Gruppenarbeit: Der Aufstellungsleiter befragt den Aufsteller zu dem Thema. Je nach Thema werden Personen im Raum aufgestellt. Diese Männer oder Frauen stehen als Stellvertreter für Personen, Situationen oder für abstrakte Systemelemente z.B. Emotionen oder Körpersysteme. Die Aufstellung kommt in Bewegung. Zum Schluss ergibt sich ein Lösungsbild, also die Ordnung des Systems.3

 

Wie lange dauert die Aufstellung durchschnittlich und wie viele Teilnehmer gibt es ungefähr?

 

Hier wird unterschieden zwischen Einzelaufstellungen und Gruppenaufstellungen. Die Einzelaufstellung dauert in der Regel 2 - 4 Stunden. In der Gruppenarbeit, bei der circa 10 - 20 Teilnehmer anwesend sind, werden meistens ein oder zwei Tage dafür genutzt, um mehrere Aufstellungen hintereinander durchzuführen. Die Dauer einer Aufstellung kann mit ungefähr 1 – 1,5 Stunden beziffert werden.

 

Welche Voraussetzungen gibt es für eine Familienaufstellung?

 

Die wichtigste Voraussetzung für einen Teilnehmer an einer Aufstellung ist es, sich in einem psychisch stabilen Gesundheitszustand zu befinden.5

 

Außerdem bietet sich ein Vorgespräch an, um zu klären, ob eine Aufstellung in der aktuellen Lebenssituation überhaupt sinnvoll ist.

 

Was bringt eine Familienaufstellung?

 

Durch Beobachtung der Aufstellung von außen tauchen neue Sichtweisen und Lösungsansätze auf. Da aus dem Prozess heraus ein anderes Bewusstsein entsteht, können positive Veränderungen stattfinden. Es kann sich viel Altes lösen, das seither festgefahren war, und der Aufsteller erhält mehr Klarheit über die eigene Situation. Letztendlich bringt es eine neue Ordnung in das Familiensystem und Konflikte lösen sich.3

 

Ist das Verfahren wissenschaftlich anerkannt?

 

Das Verfahren ist wissenschaftlich nicht anerkannt. Jedoch ist die Systemische Therapie ein wissenschaftliches anerkanntes Psycho-Therapie-Verfahren. Die Wirksamkeit wurde in einer Studie nachgewiesen.6

 

Wer darf eine Familienaufstellung durchführen?

 

Anders als die Bezeichnung Psychotherapeut ist der Begriff systemisch nicht geschützt. Theoretisch kann jeder eine Systemische Praxis eröffnen oder Systemische Beratung offerieren also auch eine Systemische Aufstellung anbieten. Deshalb sollte gezielt ein Augenmerk auf die Wahl des Aufstellungsleiters gerichtet werden.

 

Worauf sollte man bei der Wahl des Aufstellungsleiters achten?

 

Die Kompetenz des Aufstellungsleiters ist hier an erster Stelle zu nennen. Optimal ist es, wenn ein psychologischer Hintergrund kombiniert mit Empathie vorhanden ist, so dass derjenige oder diejenige, die aufstellen, sich in einem gut geschützten Rahmen befinden.

 

Jahrelange Erfahrungen in diesem Bereich sind auf jeden Fall von Vorteil. Des Weiteren ist die menschliche Ebene von Bedeutung, damit sich diejenigen, die ein bestimmtes Thema aufstellen, sich auch für diese Methode öffnen können.

 

Welche Gefahren gibt es bei Familienaufstellungen?

 

In einem Interview mit Dr. Wilhelm Rotthaus hat dieser sich zum Thema Familienaufstellungen geäußert.

 

Er kritisiert, dass das Familienstellen von Hellinger häufig von Personen durchgeführt wird, die keine psychotherapeutische Ausbildung haben. Außerdem wird es auch auf Großveranstaltungen eingesetzt, wo die Auswirkungen, die diese Technik auf die einzelnen Personen hat, kaum nachvollzogen werden können. Zudem fehlt ein wesentliches Element, nämlich die persönliche und kontinuierliche Begegnung mit einem Therapeuten bzw. Psychologischen Berater.

 

Jedoch äußerte sich Rotthaus auch positiv über die Technik. Er stellte heraus, dass die Arbeit aus dem Stellen von Familienskulpturen in der Systemischen Therapie ein bewährtes Verfahren ist. Er betonte, dass man nicht darüber hinwegsehen kann, dass die Technik des Familienstellens positive Wirkungen zeigt.7

 

Zahlen die Krankenkassen etwas bei Familienaufstellungen?

 

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel nicht. Dennoch besteht die Möglichkeit, mit der eigenen Krankenkasse im Vorfeld über eine Kostenübernahme zu sprechen. Es sei jedoch angemerkt, dass die Kostenübernahme nur in wenigen Einzelfällen gewährt wird.

 

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Christine Riemer-Mathies
Autor: Christine Riemer-Mathies

Christine Riemer-Mathies ist Psychologische Beraterin, Coach für Persönlichkeitsentwicklung, Zielerreichung und Beziehungsthemen sowie Ernährungsberaterin. Seit über 10 Jahren hält Sie Vorträge und Seminare zur Verbesserung der Lebensqualität und schreibt für diverse Blogs. Als Methoden setzt sie im Life-Coaching Gespräche und Beratung, Systemische Aufstellung, Klopfakupressur sowie die BILDERN-Methode ein. Außerdem bietet sie Online Seminare auf der Plattform edudip an. Weitere Informationen: www.lebensfreudefinden.de

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