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Hypnobirthing: Geburt ohne Schmerzen?

1 Kommentar Aktualisiert am 30. Mai 2018

Eine Geburt ohne Angst und Schmerzen – das ist wohl die Traumvorstellung jeder Frau. Um dieses Ziel zu verwirklichen, üben sich immer mehr Schwangere in der Methode der Selbsthypnose. Das sogenannte Hypnobirthing vereint mehrere Entspannungstechniken und soll so zu einem verkürzten Geburtsablauf und weniger Schmerzen verhelfen. Doch wie funktioniert die Geburt unter Hypnose wirklich?  Eine Geburt ist mitunter das Schmerzhafteste, das eine Frau erleben kann. Mehrere Stunden der Wehen gemischt mit Ängsten und Ungewissheit hinterlassen nicht selten eine traumatische Erinnerung. Doch das muss nicht sein: Immer mehr Therapeuten bieten Kurse an, in denen die Frauen die Methode des Hypnobirthing erlernen sollen und die Geburt so zu einem angenehmen Erlebnis macht.

Hypnobirthing: Den natürlichen Geburtsvorgang unterstützen

Wer sich im Internet näher zum Thema Hypnobirthing informiert wird feststellen, mit einem Pendel, Fremdbestimmung und esoterischem Hokuspokus hat das Programm nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um das Erlernen verschiedener Entspannungsmethoden. Das Konzept stammt ursprünglich aus den Vereinigten Staaten: Die populäre Hypnose-Therapeutin Marie F. Mongan hat in den 1980er Jahren die Idee des Hypnobirthings entwickelt. Dabei lehnte sie sich an die Konzepte des Gynäkologen Grantly Dick-Read zur natürlichen Geburt an. Seine Theorie: Durch die Angst vor der Geburt und die Schmerzen verkrampft der Körper der Frau. Die Folge: Durch die Angst reagiert das Nervensystem wie auf eine Gefahrensituation und das Blut im Körper wird anders verteilt. Die Gebärmutter wird weniger durchblutet und kann sich nicht weiten und lockern. Dadurch verkrampft der Muskel und es entstehen größere Schmerzen. Durch die gesteigerten Schmerzen wird die Angst vor der nächsten Wehe noch größer – ein Teufelskreis entsteht. Die Idee hinter dem Hypnobirthing ist es, die werdende Mutter in eine tiefe Entspannung zu versetzen. Durch verschiedene Methoden kann sie sich selbst in eine Art Trance versetzen. Ist der Körper entspannt, kann die Geburt leichter und ohne großen Widerstand stattfinden.

Visualisierung und Muskelanspannung vor der Geburt

Um die Methoden zu erlernen besuchen werdende Eltern einen Kurs bei zertifizierten Hypnose-Therapeuten. Hier lernen sie in Einzel- oder Gruppenkursen zunächst elementare Dinge über den Ablauf einer Geburt und was auf sie zukommt. Dabei fallen allerdings keine „abschreckenden“ Worte wie etwa Wehen – in den Kursen wird bereits ein positives Ereignis visualisiert auf das sich die Paare freuen sollen. Immer wieder gehen die Schwangeren gemeinsam mit dem Therapeuten die Geburt durch. Dabei stellen sie sich den Ablauf vor ihrem geistigen Auge beispielsweise als eine Lotusblume vor, die sich nach und nach öffnen muss. Der Geburtskanal kann durch Seidenbänder symbolisiert werden, die sich entwirren, glätten und schließlich den Weg für das Baby frei machen. Auf diese Weise lernen die Frauen, sich auf jede Kontraktion zu freuen, da sie ihrem Kind so näher kommen. Zusätzlich zur Visualisierung des Geburtsvorgangs lernen die Kursteilnehmer verschiedene Entspannungsmetoden. Die progressive Muskelentspannung sowie verschiedene Atemübungen dienen dazu, die Frau vor und während der Geburt selbstbestimmt in einen Zustand tiefer Entspannung zu versetzen. Dabei werden Glückshormone ausgeschüttet, die wiederum die Schmerzen der Geburt stark lindern können.

Einbinden des Partners: Hypnobirthing für sie und ihn

Bei der Methode nach Mongan spielt auch der werdende Vater eine wichtige Rolle. Er lernt im Kurs seine Partnerin anzuleiten und ihr zu jedem Zeitpunkt der Geburt sagen zu können, welches Verfahren sie anwenden kann. So, und durch gezielte Berührungen während der Trance-Phasen, setzt er sogenannte „Ankerpunkte“ und gibt seiner Frau den notwendigen Rückhalt. Auch das Umfeld spielt bei der Entspannung der Mutter eine wichtige Rolle: Es kann hilfreich sein, wenn alle Anwesenden mit gedämpften Stimmen sprechen, wohltuende Klänge im Hintergrund laufen oder bestimmte Duftstoffe verbreitet werden. Welche Hilfsmittel der Frau dabei helfen sich in den Zustand der entspannten Trance zu begeben, ist dabei sehr individuell. Hebammen, die eine Hausgeburt begleiten oder auch die Mitarbeiter eines Geburtshauses können gut auf die individuellen Wünsche der Mutter eingehen. Doch auch in einem Krankenhaus kann das Hypnobirthing von der Belegshebamme unterstützt werden.

Vorteile von Hypnobirthing: Verkürzte Geburt und weniger Schmerzen?

Befragungen von Frauen, die mit Hilfe der Hypnobirthing-Methode ihr Kind geboren haben zeigen, dass die Technik Erfolg haben kann. Bis zu 50 Prozent der Befragten gaben an, keine oder nur geringe Schmerzen verspürt zu haben. Außerdem ist die Einleitungsphase der Geburt im Durchschnitt um zwei Stunden verkürzt im Vergleich zu einer normalen Geburt. Die Methode kann allerdings nur funktionieren, wenn sich das Paar auf die Geburt vorbereitet, die Übungen absolviert und sich auf die Methoden einlässt. Die Geburt unter Hypnose hat zwar nichts mit Esoterik, Fremdbestimmung und Ohnmacht zu tun, trotzdem muss die Frau lernen, ihrem Körper zu vertrauen und die natürlichen Vorgänge zu akzeptieren. Der weibliche Körper ist darauf ausgelegt eine Geburt zu meistern, doch das scheinen viele Frauen zu vergessen – Zweifel und Angs machen sich breit.

Weniger Medikamente und Komplikationen?

Findet die Geburt in einem entspannten Rahmen statt hat das auch Auswirkungen auf die notwendige medizinische Versorgung. Schlagen die Entspannungstechniken an und werden Glückshormone ausgeschüttet, müssen weniger Schmerzmittel eingesetzt werden als bei einer normalen Geburt. Zudem kommt es seltener zu Komplikationen für Mutter und Kind: Durch die verkürzte Geburtszeit ist ein Sauerstoffmangel des Kindes eher unwahrscheinlich. Dennoch sollte eine Geburt – auch mit der Hypnobithing-Methode – nicht ohne professionelle Begleitung verlaufen. Sollte es trotz aller Vorbereitung zu Komplikationen kommen können Ärzte und Hebammen einschreiten. Wer vor der Geburt mit dem Gedanken spielt die Methode auszuprobieren, sollte sich von seinem behandelnden Gynäkologen oder der betreuenden Hebamme beraten lassen. Findet eine Abstimmung statt kann das Programm meist gut in den Geburtsvorbereitungsplan integriert werden und alle Beteiligten wissen über die geplanten Abläufe während der Geburt vorab schon Bescheid. Das reduziert Stress wenn es dann wirklich ernst wird und gibt der werdenden Mama weiter Sicherheit.

Nachteile bei der Geburt in Trance?

Große Nachteile sind bei der Hypnobirthing-Methode nicht bekannt. Es ist zu erwähnen, dass der Kurs zwischen 200 und 500 Euro kostet und die gesetzlichen Krankenkassen nur einen Teil der Kosten tragen. Private Versicherungen zahlen mitunter die volle Summe nach vorheriger Absprache. Frauen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, sind nicht immer für das Verfahren geeignet. Durch die Visualisierung und den Zustand der Trance kann es zu Komplikationen kommen. Der Hypnose-Therapeut sollte daher vorab von einem möglichen früheren Leiden informiert werden, sodass er gegebenenfalls andere, geeignete Methoden der Entspannung für die Frau wählen kann. Auch eine Absprache mit dem behandelnden Psychologen oder Psychiater ist bei einer früheren oder bestehenden psychischen Erkrankung sinnvoll, um Risiken zu vermeiden.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

1 Kommentare

Peter Sibnek – Montag, 04. Juni 2018
Sehr toller und informativer Beitrag, vor allem, für Frauen, die Kinder in Zukunft planen und für werdende Mütter, die Angst vor einer Geburt haben. Macht weiter so!

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