© Romolo Tavani - Fotolia.com

Stammzellentransplantation: Wer braucht sie, wer kann spenden und wie funktioniert die Registrierung?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 31. Januar 2016

„Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein!“ Dieser Slogan der Deutschen Knochenmarkspenderdatei setzt sich immer mehr in den Köpfen der Deutschen fest. Bereits mehrere Millionen Menschen sind in der Bundesrepublik mit ihrem genetischen Code registriert. Und trotzdem warten immer noch viele Patienten auf einen geeigneten Spender. Wir erklären, wer sich als Stammzellspender registrieren lassen kann, wie die Spende abläuft und wer auf die Zellen angewiesen ist. 

Eine Stammzellspende ist für Menschen mit Erkrankungen des blutbildenden Systems oft die letzte Chance auf ein neues Leben. Trotzdem wartet immer noch jeder fünfte Betroffene auf einen geeigneten Spender. Prominente Beispiele rücken das Thema immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. So schnellten die Zahlen der Registrierungen in die Höhe, als Guido Westerwelle über seine Blutkrebserkrankung sprach.

Eine Stammzellentransplantation ist die Übertragung von Stammzellen von einer Person auf eine andere. Die Stammzellen befinden sich im menschlichen Knochenmark und für die Blutbildung verantwortlich. Neben den roten Blutkörperchen entstehen hier auch  die Blutplättchen für die Gerinnung und die weißen Blutkörperchen, die ein Teil des Immunsystems darstellen. Vor allem im großen Beckenknochen, dem Brustbein und den Rippen ist viel Knochenmark enthalten.

Wann ist eine Stammzellentransplantation nötig?

Eine Übertragung von Stammzellen ist vor allem bei Erkrankungen des Immunsystems oder verschiedenen Krebsleiden für den Patienten überlebensnotwendig. Krebszellen schädigen das Knochenmark so, dass nicht ausreichend oder keine Blutzellen mehr gebildet werden. Die Folge ist eine Blutarmut sowie ein stark geschwächtes Immunsystem. Die Krebszellen verbreiten sich dann über die Blutbahn im gesamten Körper. Bei einigen angeborenen Autoimmunerkrankungen werden von Geburt an zu wenig der Zellen gebildet.

Die einzige Chance die Krankheiten zu besiegen ist in vielen Fällen eine Stammzellentransplantation. Vor allem bei Leukämie einem Lymphom oder Osteomyelofibrose kann diese Therapie Leben retten. Für den Erfolg der Therapie ist es wichtig, dass Spender und Empfänger „genetische Zwillinge“ sind. In etwa einem Drittel der Fälle sind Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) geeignete Spender, bei mehr als der Hälfte der Patienten muss ein fremder Spender gesucht werden.

Autologe und Allogene Transplantation

In manchen Fällen kann eine autologe Transplantation durchgeführt werden. Dabei sind Spender und Empfänger identisch. Dem Kranken wird Knochenmark entnommen, von den krankhaften Zellen befreit und nach einer intensiven Strahlentherapie wieder zugeführt.

Unter einer allogenen Stammzellenspende sprechen Mediziner, wenn ein anderer Mensch das Material spendet. Hierbei ist allerdings die Auswahl eines geeigneten Spenders schwierig und die Wartezeit für den Patienten sehr lange.

Wie funktioniert die Registrierung?

Wer bereit ist sich als Stammzellenspender zur Verfügung zu stellen, kann sich kostenlos etwa bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren lassen. Mit Informationsunterlagen schickt der Verein zwei Wattestäbchen für einen Abstrich an der Mundschleimhaut. So wird genetisches Material des potenziellen Spenders entnommen und anschließend wieder zurück an die DKMS geschickt. Dort wird das Material aufgeschlüsselt und anonym an eine weltweite Datenbank weitergeleitet. Ab diesem Zeitpunkt steht man als möglicher Spender bis zum 61. Lebensjahr zur Verfügung.

Da die Registrierung nicht vom Staat oder den Krankenkassen finanziert wird, bittet die DKMS um Spenden. Eine Registrierung schlägt mit etwa 50 Euro zu Buche. Oft wird dieser Betrag von dem Spende-Willigen übernommen.

Wer kann Stammzellen Spenden?

Als Spender kommen alle gesunden Personen bis zum 61. Lebensjahr in Frage. Chronische Krankheit, Herzprobleme und frühere Krebskrankheiten sind Ausschlusskriterien. Mit den Wattestäbchen muss ein detaillierter Fragebogen zur eigenen Person ausgefüllt werden, der darüber weitere Auskunft gibt.

Jeder Registrierte kann ohne die Angabe von Gründen aus der Kartei genommen werden. Adressänderungen und Schwangerschaft müssen der DKMS genannt werden und aktuell sein. Nur so kann gewährleistet werden, dass sie im „Ernstfall“ gefunden werden und auch tatsächlich spenden können.

Kommt man tatsächlich für einen Patienten in Frage, wird man zu einer genaueren Untersuchung zu einem Arzt gebeten. Hier wird das Blut genauestens analysiert und der Allgemeinzustand des Spenders überprüft. Lediglich jeder Dritte Registrierte kommt einmal in seinem Leben in die engere Auswahl für einen Patienten.

Was passiert bei der Stammzellenspende?

Passen Spender und Patient tatsächlich genetisch zusammen (etwa ein Prozent aller Registrierten wird tatsächlich Stammzellspender) , folgt die Entnahme der Stammzellen. Es gibt zwei Möglichkeiten um Stammzellen zu gewinnen. Dabei darf man Knochenmark nicht mit Rückenmark verwechseln. Das Rückenmark ist Teil des Nervensystems und hat mit einer Stammzellspende nichts zu tun. In etwa 80 Prozent der Fälle wird das Material aus dem Blut gewonnen. Dazu wird dem Spender ein Mittel verabreicht, dass die Bildung der Knochenmarkzellen ankurbelt, sodass diese vermehrt ins Blut ausgeschüttet werden. Dabei können grippeähnliche Symptome auftreten die nach der Behandlung wieder abklingen. Anschließend wird in ein oder zwei jeweils etwa fünfstündigen Sitzungen das Blut des Spenders an einem Arm abgenommen und in eine Zentrifuge geleitet. Hier werden die Stammzellen aus dem Blut gefiltert und konserviert. Die restlichen Bestandteile des Blutes bekommt der Spender über den anderen Arm wieder zugeführt. Die Prozedur erfordert keinen langen Krankenhausaufenthalt, in der Regel kann der Spender am nächsten Tag bereits wieder Arbeiten.

Die zweite Möglichkeit an das Knochenmark zu gelangen ist die Punktion des Beckenknochens. Dazu wird der Spender unter Narkose gesetzt und über kleine Einstiche eine Hohlnadel in den Knochen eingeführt, die das Mark absaugt. Der Eingriff dauert etwa eine Stunde und erfordert aus Sicherheitsgründen einen etwa dreitägigen Krankenhausaufenthalt.

Riskant für den Spender sind beide Methoden nicht. Das entnommene Knochenmark bildet sich innerhalt weniger Tage oder Wochen nach. Nach dem Eingriff kann es zu Druckschmerzen am Becken kommen, die allerdings problemlos ausheilen.

Stammzellen gelangen zum Spender

Anschließend werden die Stammzellen dem vorbereiteten Patienten zugefügt. Nachdem sein eigenes Knochenmark mittels Bestrahlung oder Chemotherapie vernichtet wurde, erhält er das fremde Knochenmark über die Blutbahn. Die Zellen lagern sich dann automatisch im Knocheninneren an und beginnen, wenn alles gut verläuft, nach wenigen Tagen mit der Produktion der Blutkörperchen.

Wer trägt die Kosten?

Mit Ausnahme der Registrierung kommt die Krankenkasse des Patienten für anfallende Kosten wie Reisekosten, Verdienstausfall und Krankenhausaufenthalt des Spenders auf. Um die Organisation der Abwicklung kümmert sich eine Organisation, der Spender muss „nur“ seine Stammzellen abgeben.

Zwei Jahre nach der Spende können sich Spender und Patient kennenlernen, wenn beide es wünschen. Bis dahin ist nur anonymer Briefverkehr möglich. Viele Spender wollen sich nach der Transplantation nach dem Wohlergehen des „neuen Blutsverwandten“ erkundigen. Sie haben ein neues Familienmitglied gewonnen und oft entstehen enge Freundschaften. Der Patient kann nach einer erfolgreichen Stammzellentransplantation ein neues Leben beginnen.

Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

Schreib einen Kommentar

help
help
help

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Zu unseren Datenschutzbestimmungen.