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Fit und elastisch bis ins hohe Alter: Sport und Bewegung machen´s möglich!

Kommentar schreiben Aktualisiert am 05. Februar 2019

Dass Senioren vor allem zuhause auf der Couch oder draußen auf der Parkbank sitzen und sich ansonsten kaum noch bewegen, das dürfte inzwischen auf einen Großteil der älteren Deutschen kaum noch zutreffen. Viele der heutigen 60-, 70- und auch über 80-Jährigen sind aktiv und viel unterwegs, sie treiben Sport in der Gruppe, gehen walken oder schwimmen. Und das ist gut so! Bei jungen wie bei alten Menschen sehen Mediziner den Bewegungsmangel auf der Rangliste der Risikofaktoren ganz weit oben – noch vor Übergewicht und Bluthochdruck. Deshalb raten sie auch Senioren: Sofern es die Gesundheit und die Beweglichkeit des Körpers erlauben, ist Sport – oder zumindest regelmäßige Bewegung – geradezu ein Muss, um bis ins hohe Alter noch elastisch und fit zu bleiben. Und das Beste: Es ist wirklich nie zu spät, noch damit anzufangen. Mediziner und Altersforscher sind sich einig: Nichts anderes verringert so viele Krankheitsrisiken, wirkt so vielen typischen Alterserscheinungen entgegen, kann bei Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Arthrose oder Rheuma Schmerzen so effektiv lindern und bei Herz-Kreislauf-Problemen den Allgemeinzustand so deutlich verbessern wie regelmäßige Bewegung. Deshalb gilt auch für diejenigen, die sich im Alter lieber ausruhen: Besser runter von der Couch und in Bewegung kommen! Wie das geht? Eigentlich ganz einfach!

 

Bewegung ist unser evolutionäres Erbe, sagen Experten. Vor Jahrtausenden mussten unsere Vorfahren sich enorm viel bewegen, um zu jagen und zu sammeln und somit das Überleben zu sichern. Davon haben wir heute noch was: Man weiß, dass im menschlichen Körper alle Systeme auf Bewegung ausgerichtet sind – und entsprechend rosten, wenn wir rasten. Bis heute haben diejenigen, die sich regelmäßig ausreichend bewegen, eine höhere Lebenserwartung. Mindestens 150 Minuten pro Wochen sollte jeder auf Trab kommen, so lautet die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. 2,5 Std. pro Woche – das zu schaffen ist kein Kunststück, und bewirkt doch schon so viel.

 

Dabei gibt es im Prinzip keine Altersgrenze. Schon mal was von Fauja Singh gehört? Der heute fast 108-jährige Inder ist der älteste Langstreckenläufer der Welt und hat es tatsächlich als einziger Hundertjähriger geschafft, einen kompletten Marathonlauf zu absolvieren – wenn auch als einer der letzten. Das Beispiel zeigt: Möglich ist so gut wie alles – und keine Angst, es muss kein Marathonlauf sein, um der Gesundheit des älter werdenden Körpers einen Gefallen zu tun. Mäßige, doch regelmäßige Bewegung, und seien es nur ein paar Spaziergänge in der Woche, bringen oft schon eine ganze Menge.

 

Was Bewegung im Körper auslöst

 

Man braucht tatsächlich nur ein paar Schritte zu tun, schon startet der Körper zahlreiche Aktivitätsprozesse. Er beginnt, Kalorien zu verbrennen und schaltet von Zucker- auf Fettverbrennung um. Der Stoffwechsel kommt auf Touren, die mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe werden jetzt besser verarbeitet. Die Muskeln bauen ihre Kapillaren aus, das sind die feinen Blutgefäße, die Nährstoffe direkt in die Muskelzellen transportieren und damit dafür sorgen, dass diese wachsen und leistungsfähiger werden. Im Gehirn werden bei Bewegung Durchblutung und Sauerstoffversorgung verbessert und das Wachstum der Nerven angeregt, sodass neue Nervenbahnen entstehen und damit die Gedächtnisleistungen und Konzentrationsfähigkeit steigen.

 

Bleibt man einige Wochen lang regelmäßig in Bewegung, hat man schon viel gewonnen: Der Herzmuskel ist besser durchblutet und das gesamte Herz ist gekräftigt, der Ruhepuls liegt deutlich niedriger. Menschen mit zu hohem Blutdruck und Blutzuckerspiegel werden feststellen, dass die Werte zurückgegangen sind. Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben es jetzt schwerer, und wer bereits einen Herzinfarkt erleiden musste, hat das Risiko eines Rückfalls deutlich gesenkt. Auch das Immunsystem ist fitter, da der Organismus durch die Bewegung mehr Abwehrzellen produziert – das macht uns weniger anfällig gegen Infekte und lässt uns sogar Stress besser überstehen. Wir atmen leichter, denn das Lungenvolumen hat sich erhöht, während die Atemfrequenz gesunken ist. Und wir stellen fest, dass wir uns insgesamt leichter bewegen, uns kräftiger und belastbarer fühlen – kein Wunder, denn der gesamte Bewegungsapparat inklusive Knorpel, Sehnen, Bänder und Bindegewebe ist gestärkt.

 

Jeder Schritt macht Laune

 

Wow, was für ein Effekt – und damit noch nicht genug! Denn auch die Psyche profitiert deutlich von sportlicher Aktivität. Jeder, der Sport treibt, kennt das Gefühl, dass man durch die Bewegung besser abschalten kann, dass alle Belastungen des Alltags leichter erscheinen und auch die Laune deutlich besser wird. Für letzteres hat sich allerdings noch keine definitive Erklärung gefunden. Sind es die Endorphine, die seit Jahrzehnten für die Glücksgefühle beim Sport verantwortlich gemacht werden? Einiges spricht dagegen, sagen Wissenschaftler, denn die Aufgabe der Endorphine ist es eigentlich, im Körper Schmerzen zu stillen und nicht, für Hochstimmung zu sorgen. Vieler Forscher vermuten eher, dass die sportbedingten Glücksgefühle im Gehirn entstehen; sie „verdächtigen“ vielfach die sogenannten Endocannabinoide. Diese körpereigenen Substanzen werden womöglich bei Sport vermehrt ausgeschüttet; sie können ähnlich rauschhafte und wohlige Gefühle auslösen wie es z.B. Drogen tun. Eine andere These lautet, dass durch Sport vermehrt Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin produziert werden; all diese Stoffe zusammen, zu einem „Glücks-Cocktail“ gemixt, könnten für das Hochgefühl beim Sport verantwortlich sein. Oder sind es die wiederkehrenden, rhythmischen Bewegungen, die man beim Laufen, Schwimmen oder Radfahren macht? Psychologen wissen, dass durch den steten Rhythmus der sogenannte „Flow“ entsteht, ein rauschähnlicher Zustand, in dem buchstäblich „alles fließt“.

 

Was auch immer es ist: Sport tut gut, und sei es auch nur das Erfolgserlebnis, das man hat,

wenn man z.B. eine Zeitlang regelmäßig gelaufen ist und merkt, dass es immer leichter geworden ist!

 

Wer rastet, rostet

 

Was aber passiert, wenn wir unsere grundsätzlich bewegungshungrigen Muskeln, Bänder und Gelenke nicht nutzen? Ganz klar: sie werden unelastisch und versteifen zusehends – je älter ein Mensch ist, desto mehr. Wer sich nur noch unter Mühen bewegen kann, hat es nicht einfach nur mit altersbedingten Verschleißerscheinungen zu tun, die häufig als „gottgegeben“ akzeptiert werden. Vielmehr ist es das fehlende Training. Denn die Beweglichkeit hängt nicht nur vom Gelenk selbst ab, das sich ja tatsächlich mit zunehmendem Alter häufig abnutzt, sondern ganz wesentlich auch vom Zustand der Gelenkkapsel und der umgebenden Bänder, vor allem aber von der Elastizität der Muskeln, die sich über das Gelenk hinwegziehen. Wer sich also wenig bewegt, verstärkt nicht nur die „normalen“ altersbedingten Verschleißerscheinungen, sondern bewirkt auch, dass bestimmte Muskelgruppen erschlaffen oder sich dauerhaft verkürzen. Das wiederum kann den ganzen Bewegungsapparat in Mitleidenschaft ziehen und insbesondere zu Fehlbelastungen und Überbeanspruchung einiger Gelenke führen. Zum Beispiel steckt hinter Rücken- oder Hüftschmerzen oft eine verkürzte Rücken- und Hüftbeugemuskulatur!

 

Es kann also wahre Wunder wirken, wenn Muskeln, die lange Zeit untätig waren, wieder regelmäßig gedehnt und gestärkt werden. Der ganze Körper wird stabiler, ist weniger sturzgefährdet, der Gang wirkt sicherer, mitunter scheint der ganze Mensch um Jahre verjüngt. Und auch erkrankten Gelenken geht es durch Bewegung wieder besser, denn diese werden bei Aktivität besser mit Gelenkflüssigkeit versorgt, und der z.B. bei Arthrose verengte Gelenkspalt weitet sich.

 

Nicht jede Sportart ist für alle geeignet

 

Wer untätig bleibt, landet häufig in einem Teufelskreis: Fehlt das Training, nimmt die Beweglichkeit ab – und damit auch die Lust, sich zu bewegen. Körperliche Aktivität wird mehr und mehr zurückgefahren, sodass der Körper zunehmend steif wird. Kein Wunder also, dass Ärzte gerade bei Erkrankungen wie Arthrose oder Rheuma zu regelmäßigem Sport raten – natürlich immer dem jeweiligen Gesundheitszustand und dem Grad der Fitness entsprechend. Fast jeder Mensch über 60 ist vom unheilbaren Gelenkverschleiß betroffen, auch Rheuma ist unter Älteren weit verbreitet. Am geeignetsten bei diesen Erkrankungen sind schonende Sportarten wie Wandern oder Walking, Aquajogging und Gymnastik oder Radfahren, bei denen längerfristig auch evtl. vorhandenes Übergewicht abtrainiert werden kann. Auch mäßiges Krafttraining wird empfohlen, da dies hilft, die stützende Muskulatur aufzubauen. Nicht geeignet ist dagegen Sport, bei dem einseitige Belastungen, Stöße oder auch extreme Gelenkstellungen an der Tagesordnung ist  und bei dem das Verletzungsrisiko und die Belastung für die Gelenke ganz einfach zu hoch sind, also etwa Tennis, Fußball, Skifahren oder auch bestimmte Yogaformen.

 

Gerade Menschen mit Krankheiten des Bewegungsapparates sollten sich in jedem Fall gut mit ihrem Arzt absprechen, bevor sie mit einer bestimmten Sportart beginnen. Manchmal kann es hilfreich oder auch notwendig sein, dass der Arzt zunächst Schmerzmittel verordnet, damit der Patient überhaupt in der Lage ist, mit der Bewegung zu beginnen. Wer zunächst noch unsicher ist und alleine nicht weiß, wie er den vorher ungewohnten Sport durchführen soll, kann in Gymnastik- und Bewegungskursen oder auch in speziellen Gelenksportgruppen für Arthrose- oder Rheumakranke gut aufgehoben sein. Diese Kurse werden in Volkshochschulen, Sportvereinen oder Seniorenzentren angeboten. Sie bieten meist eine sinnvolle Kombination aus Muskelaufbau, Balance- und Gehtraining sowie Dehnübungen an; man sollte zudem darauf achten, dass sie von einem gut geschulten Trainer geleitet werden. Oft werden diese Kurse auch von den Krankenkassen bezuschusst. Manchmal ist es auch sinnvoll, dass man sich zunächst einem Physiotherapeuten anvertraut, der einen behutsam und fachkundig darauf vorbereitet, wieder regelmäßig eine Sportart auszuüben.

 

Rundum-Training, das auch noch glücklich macht

 

Viele Sport- und Bewegungsarten werden inzwischen auch ganz gezielt für ältere Menschen angeboten. Ein ganzheitliches Training wie Yoga steht bei vielen Senioren besonders hoch im Kurs, da es den gesamten Organismus beleben, Verspannungen abbauen und die Beweglichkeit und Körperkoordination verbessern kann. Gleichzeitig wird durch Yoga die Muskulatur gezielt gestärkt und darüber hinaus auch noch die innere Achtsamkeit und die Selbstheilungskräfte trainiert. Letzteres passiert oft quasi von selbst, indem man sich bei den Übungen regelmäßig ganz auf sich konzentriert, bewusst atmet und die Bewegungen mit dem Atem in Einklang bringt. Auch die abschließende Entspannungsphase wird in der Regel als sehr heilsam und wohltuend empfunden. Da es viele verschiedene und unterschiedlich fordernde Formen von Yoga gibt, sollten Anfänger in fortgeschrittenem Alter zunächst mit ihrem Arzt oder auch mit den Yoga-Trainern selbst abklären, welche Übungen für sie in Frage kommen.

 

Wer sich bewegen und gleichzeitig ganz einfach viel Spaß haben will, der könnte es mal mit Tanzen versuchen – vor allem kommunikative Menschen mit Liebe zur Musik können hier glücklich werden, nette Menschen kennenlernen und zudem viel für ihre Gesundheit tun. Im Tanzen ist praktisch alles vereint, was Lebensfreude schenken kann. Es gibt einige Studien, die belegen, dass Tanzen das Selbstwertgefühl steigert, stressresistenter macht und sogar Depressionen abmildern kann. Auf der rein physischen Ebene schult Tanzen Körpergefühl und -koordination und trainiert ganz nebenbei auch noch das Gehirn, da beim Tanz Konzentration gefordert ist. Erwiesen ist, dass Tanzfreudige ein besseres Kurzzeitgedächtnis und eine schnellere Reaktion aufweisen als Tanzmuffel – und offenbar sogar das Risiko, an Demenz zu erkranken, senken. Eine weitere Studie aus den USA, bei der Parkinson-Patienten Tangotanzen lernten, hat ergeben, dass sich die Teilnehmer bereits nach 20 Kursstunden sicherer auf den Beinen fühlten als Vergleichspatienten, die ein reines Gymnastikprogramm absolviert hatten. Also: Dürfen wir bitten?

 

Sanft einsteigen, nicht übertreiben – und vorher erst mal zum Arzt!

 

Wer sich jetzt begeistert auf eine neue Sportart stürzen möchte, dem sei nur geraten, es nicht zu übertreiben! Denn wer zu viel auf einmal trainiert, überfordert sich schnell, der Körper reagiert mit Schmerzen, und schon ist es wieder vorbei mit der Motivation. Sanft einsteigen und sich langsam steigern ist daher die Devise, egal bei welchem Sport. Speziell Senioren wird zudem geraten, beim Sport idealerweise immer gleichzeitig Ausdauer (für Herz und Kreislauf), Kraft und Beweglichkeit (für die Beweglichkeit und zur Vorbeugung von Stürzen) zu trainieren. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin spricht sich für ein Training aus, das zu 70 Prozent die Ausdauer, zu 20 Prozent den Muskelaufbau und zu zehn Prozent die Beweglichkeit fördert. Entsprechend könnte das Sportprogramm aus Laufen, Schwimmen oder Radfahren plus Muskeltraining im Fitnessstudio plus Koordinationsübungen bestehen.

 

Wem das zu aufwändig erscheint, der sei beruhigt: Nicht die Perfektion macht es, eine Sportart allein ist auch schon viel wert. Und was man keinesfalls vergessen sollte: Es bringt schon viel, „ganz normale“ Bewegungen zunehmend in den Alltag einzubauen, also Treppensteigen, Spaziergänge, Gartenarbeit, zu Fuß gehen statt das Auto zu nehmen usw.

 

Jetzt sind Sie hochmotiviert? Prima! Doch bevor es losgeht, bitte eines nicht vergessen: Wer über 35 Jahre alt ist und längere Zeit oder noch nie Sport gemacht hat, sollte erst einmal zum Arzt gehen und dort abklären lassen, wie es um die allgemeine Gesundheit und Fitness steht und welche Sportarten ggf. nicht geeignet sind. Vor allem ältere Menschen haben oft Vorerkrankungen, die durch das falsche Training unter Umständen verschlimmert werden können. Daneben ist es natürlich wichtig, eine Sportart zu finden, die man mag und die zu einem passt, damit man auch langfristig dabei bleibt.

 

Viel Spaß bei der Bewegung!

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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