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Nervennahrung: Richtig essen trotz und gegen Stress

Kommentar schreiben Aktualisiert am 14. Januar 2017

Stress, Stress, Stress! Die wenigsten können sich den Anforderungen und Spannungen im Alltagsleben entziehen. Ob bei der Arbeit, in der Familie oder in speziellen belastenden Situationen: Stress ist heutzutage allgegenwärtig und wirkt sich sehr häufig auch negativ auf die Gesundheit aus – vor allem, wenn die Stressbelastung zum Dauerzustand wird. Dabei bleibt bei vielen auch ein gesundes Essverhalten auf der Strecke. Süßigkeiten, Fast Food und reichlich Kaffee sind dann gefragter als Gesundes wie Gemüse, Obst und selbstgekochte Mahlzeiten. Und zur schnellen Entspannung am Abend kommen ein, zwei Gläschen Bier oder Wein gerade recht. Wer akut unter Druck steht, nimmt sich nur selten die Zeit, um sich über eine ausgewogene Ernährung Gedanken zu machen. Wir greifen zu süßen und fettreichen Snacks, weil wir glauben, dass Schokolade und Currywurst trösten und beruhigen. Oft schlingen wir das Essen direkt am Arbeitsplatz herunter oder lassen ganze Mahlzeiten ausfallen. Der stressbedingt erhöhte Cortisolspiegel sorgt für Heißhungerattacken, die sich, wenn wir ihnen nachgeben, direkt auf der Waage niederschlagen. Manche Menschen bringen dagegen unter Stress keinen Bissen mehr herunter, essen insgesamt viel zu wenig und greifen allenfalls mal zu irgendeinem schnellen (und meist ungesunden) Snack, um das akute Hungergefühl zu dämpfen. Bleibt die Ernährung auf Dauer auf diesem ungesunden Niveau, wird der Körper noch zusätzlich gestresst: Stark verarbeitete Nahrungsmittel wie Fertiggerichte und Schokoriegel enthalten jede Menge ungesunde Kohlenhydrate und chemische Zusätze. Die schädliche Wirkung von regelmäßigem Alkoholgenuss ist bekannt. Und auch zu viel Kaffee tut nicht gut: Er kurbelt die Produktion von Adrenalinproduktion an, was nicht nur die Körperspannung, sondern auch den Blutzuckerspiegel und den Blutdruck erhöht. Wer zu wenig isst, senkt drastisch die Nährstoffzufuhr und damit auch die körperliche Leistungsfähigkeit. Der von außen kommende Stress wird somit von innen her potenziert.

Sind Schoki und Co. wirklich gut gegen Stress?

Die Schokolade zwischendurch oder die heißgeliebten Gummibärchen geben uns in Stresssituationen zwar das Gefühl, dass es uns besser geht und die Anspannung nachlässt. Das aber scheint nur so, und das Gefühl der Entspannung hält auch nur kurzfristig an. Solche „Nervennahrung" ist also in Wirklichkeit eher Stress-Food – wobei natürlich gegen einen maßvollen Genuss solcher Snacks nichts einzuwenden ist: Gönnen Sie sich ruhig ab und zu ein Stückchen Schokolade, ein paar Gummibärchen und auch ein, zwei Tassen Kaffee am Tag. Hauptsache, insgesamt stimmt die Mischung! Denn eine insgesamt ausgewogene, nährstoffreiche und naturbelassene Ernährung gleicht die stressbedingten Defizite an Mineralstoffen und Vitaminen aus. Sie stärkt die Stressresistenz und kann die Stimmung verbessern. Ernährungswissenschaftler und Mediziner sind sich weitgehend einig: Der Gesundheit von Menschen, die sich ausgewogen ernähren, können selbst chronische Belastungen weniger anhaben. Dass einige als „Anti-Stress-Food“ angepriesene Lebensmittel unmittelbar erleichternd in akuten Stresssituationen wirken, halten Experten für zumindest fragwürdig. Wissenschaftlich ist in dieser Hinsicht jedenfalls noch nichts belegt. Was aber zweifellos etwas bringt, ist eine dauerhaft gute und gesunde Ernährung – und das richtige Essverhalten in stressigen Phasen.

Was richtet Stress eigentlich im Körper an?

Immer, wenn wir uns in belastenden, angespannten oder gefährlichen Situationen befinden, reagiert der Körper mit ganz spezifischen Reaktionen. Das sind dieselben Reaktionen, die schon unsere Vorfahren vor Tausenden von Jahren zeigten, als sie sich gegen Gefahren wehren mussten: In Sekundenschnelle werden alle Kräfte des Organismus mobilisiert, um Angriff oder Flucht zu ermöglichen. Dabei schüttet die Nebennierenrinde die so genannten „Stresshormone“ Cortisol und Adrenalin aus, mehr Zuckerreserven werden aktiviert, um das Hirn zu unterstützen. Herzschlag und Blutdruck gehen nach oben, die Durchblutung von Lunge, Muskeln und des gesamten Immunsystems verbessert sich. Der Körper arbeitet also unter Stress auf Hochtouren. Bleibt der Stress nun zu lange bestehen oder zeigt er sich zu oft, wird es brenzlig. Schließlich muss sich der Organismus auch regelmäßig regenerieren, das heißt, Körper und Geist brauchen immer wieder Erholung. Tritt diese nicht ein, bleibt der Körper ständig in Alarmbereitschaft, es entwickelt sich chronischer Stress. Der dauerhaft erhöhte Spiegel der Stresshormone schwächt letztlich das Immunsystem. Gleichzeitig bildet sich dadurch mehr gefährliches Bauchfett. So kann es unter Dauerstress zu zahlreichen Beschwerden und Erkrankungen kommen: Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt, Tinnitus und Depressionen bis hin zum Burnout sind nur einige von ihnen.

Welche Nährstoffe brauchen wir bei Stress ganz besonders?

Dankbar ist der gestresste Organismus vor allem über reichlich Vitamin B, E und C sowie Zink. Im Verbund sorgen diese Stoffe für starke Nerven, eine gesunde Immunabwehr und Kraft gegen freie Radikale, die besonders in stressreichen Zeiten die gesunden Zellen angreifen können. Vitamin C ist wichtig für die Herstellung des Stresshormons Adrenalin und wird daher bei Stress besonders benötigt. Die Mineralstoffe Magnesium und Kalium sind wichtig für eine gesunde Nerven- und Gehirnfunktion. Magnesium ist bekannt für seine entspannende und entkrampfende Wirkung und wird nicht umsonst auch „Stresskiller“ genannt. Wer sich gut mit Magnesium versorgt, hat weniger mit  Nervosität und Schlafstörungen zu kämpfen und entspannt den gesamten Körper. Ausreichend Kalium sorgt ebenfalls für entspannte und gut funktionierende Nervenzellen. Ein prima „Nerven- und Konzentrationsfutter“ sind die B-Vitamine B 1, B 2, B 3 und B 6, die vor allem in Nüssen zusammen mit Rosinen, also z.B. in Studentenfutter, stecken. Super für eine wache Konzentration und ein leistungsfähiges Gehirn sind auch mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren und das wertvolle Vitamin B 12, wie wir sie kombiniert vor allem in fettreichem Seefisch, also Hering, Makrele und Lachs, finden. Um die Zellen gut mit Sauerstoff zu versorgen und gegen Erschöpfung und Schlafstörungen anzugehen, sollten viele besonders eisenhaltige Nahrungsmittel gegessen werden. Denn Eisen fördert die Blutbildung und verbessert den Sauerstofftransport zu den Zellen.

Diese Lebensmittel haben den Titel „Anti-Stress-Food“ zu Recht verdient

Ganz oben auf dem täglichen Speiseplan sollte grünes Blattgemüse wie Salat, Grünkohl und Spinat stehen. Sie liefern reichlich B-Vitamine für starke Nerven, dazu Vitamin E sowie Magnesium, Kalium und Eisen. Auch Getreide und Reis aus Vollkorn, Sorten wie Amaranth und Quinoa sowie Haferflocken weisen diese Inhaltsstoffe auf. Besonders viel Kalium ist in Bananen und Aprikosen zu finden, weitere tolle Eisenlieferanten sind z.B. Fleisch, Feldsalat, Fenchel und Linsen. Dazu sollte Vitamin C genommen werden, z.B. mit einer Orange oder einem Glas Orangensaft, denn dann kann der Körper das Eisen gut aufnehmen und verwerten. Reich an Vitaminen ist auch die beliebte Avocado; sie enthält zudem sehr gesunde Fette. Öfter mal Beeren essen! Heidelbeeren, Himbeeren, Brombeeren und ihre exotischen Verwandten Goji und Aronia sind voll von gutem Vitamin C und anderen Radikalfängern. Auch Weintrauben (allerdings vor allem solche mit Kernen) sind in dieser Hinsicht empfehlenswert. Viel Vitamin A und C steckt auch in grünen und gelbroten Gemüse- und Obstsorten. Zitrusfrüchte, Paprikaschoten oder Kohlgemüse sollten also täglich verzehrt werden. Gute Vitamin-E-Lieferanten sind Weizenkeime, Eier und Getreide. Nüsse wie Mandeln, Walnüsse, Paranüsse, Samen (z.B. Sesam- oder Leinsamen) und Sonnenblumen- oder Kürbiskerne enthalten gute Fette, ebenso wie die kaltgepressten Öle Lein-, Walnuss-, Avocado-, Kürbiskern- und Hanfsamenöl. Sie tragen auch viel zu einer guten Versorgung mit Vitamin E bei. Wir haben´s ja schon immer gewusst: Pasta und Co. machen froh! Tatsächlich heben Kohlenhydrate – bevorzugt solche aus Vollkorn-Getreide, Kartoffeln, Gemüse und Hülsenfrüchten – die Stimmung und wirken erholsam nach stressigen Situationen. Am besten kann der Körper sie in Kombination mit ein wenig Eiweiß verwerten. Wenig bekannt, aber sehr wertvoll ist übrigens auch die Schwarzwurzel – viele kennen sie als „arme Schwester des Spargels“. Die dicken weißen Stangen haben nicht nur einen feinen nussigen Geschmack, sondern sind auch ein echtes Anti-Stress-Wunder. Der in ihnen enthaltene milchige Saft wirkt entspannend und schlaffördernd. Zudem steckt viel Insulin in der Schwarzwurzel, das den Fettstoffwechsel anheizt und gleichzeitig hilft, den Darm gesund zu halten. Nicht zu vergessen einige tierische Produkte wie Fleisch und Fisch, Milchprodukte und Eier, sind auch gute Lieferanten für Anti-Stress-Vitalstoffe. Allerdings sollten sie nach Möglichkeit in Bio-Qualität und auch nur in Maßen verzehrt werden. Tierprodukte aus industrieller Herstellung sind bekanntermaßen häufig mit Schadstoffen, z.B. Antibiotika, belastet und erhöhen zudem die Säureproduktion im Körper. Naturbelassener Kakao sorgt für besonders viel Magnesium und Kalium. Er wirkt, als leckere heiße Schokolade frisch zubereitet, gerade in Stressphasen tröstlich und beruhigend. Auch ausreichendes Trinken ist wichtig – aber Kaffee, Cola, Alkohol und gesüßte Fertiggetränke sollten nicht nur in Stressphasen, sondern grundsätzlich nur in Maßen getrunken werden. Wichtiger ist es, das Gehirn mit gesunden Getränken leistungsfähig zu halten. Denn trinken wir zu wenig, werden wir schlapp, konzentrationsschwach und bekommen schnell Kopfschmerzen. Mit 1,5 bis 2 Liter Wasser, Schorle und ungesüßter Früchte- oder Kräutertee bleiben wir dagegen buchstäblich „klar im Kopf“ und halten unseren Kreislauf fit.

Fazit: Stress „einfach wegessen“ – so einfach ist es wohl leider nicht.

Ein Wunder-Food gegen akuten Stress ist noch nicht erfunden. Doch reichlich frische und naturbelassene Lebensmittel Tag für Tag lassen uns den Alltagsstress deutlich besser überstehen – und helfen uns, dauerhaft gesund zu bleiben. Obst und Gemüse, Nüsse und Samen, dazu viel Mineralwasser und ungesüßte Getränke liefern die Vitamine, Mineralien und sonstigen Nährstoffe, die gerade in anstrengenden Zeiten wichtig sind. Der Speiseplan sollte zudem immer schön abwechslungsreich gestaltet werden – nur so kommt der Körper an alle wesentlichen Vitalstoffe heran. Wer dazu noch dafür sorgt, die durch Stress erzeugte überschüssige Energie regelmäßig wieder abzubauen, zum Beispiel durch Bewegung, Sport und Entspannungstechniken, der kann ganz gelassen bleiben, wenn´s mal wieder stressig wird!

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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