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Ich will der Allerbeste sein! - Leistungsdruck

Kommentar schreiben Aktualisiert am 13. Mai 2020

Leistungsdruck gehört heute zum Alltag. Wer nicht unter Druck steht und vor Überlastung stöhnt, ist kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Das Tempo steigert sich. Ständig ändert sich alles. Was gestern noch zwei Mitarbeiter gemacht haben, stapelt sich heute auf dem Schreibtisch von nur einer Arbeitskraft. Man ist immer erreichbar und die geschäftlichen Mails können abends noch zu Hause gecheckt werden. Bloß nichts falsch machen oder vergessen! Bloß keine Schwäche zeigen! Wie entsteht Leistungsdruck? Wie wird er heute verstärkt? Wer tendiert zu Leistungsdruck? Welche Strategien helfen aus dem Leistungsdruck?

 

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist Leistungsdruck?

 

Leistungsdruck ist eine psychische Belastung aufgrund des Zwangs, eine zu hohe Leistung erbringen zu müssen.1 Das Ausmaß an Leistungsdruck ist eine Frage der individuellen Wahrnehmung und wie man mit der Situation umgeht. Je nach Selbstbewusstsein, Erfahrung und der Fähigkeit, an der Schmerzgrenze Nein zu sagen, übt eine Aufgabe mehr oder weniger Druck aus.2 Leistungsdruck kann z.B. beim Job, an Schule und Uni, beim Sport, in Bezug auf Aussehen und Anzahl von Likes in sozialen Medien auftreten. Leistungsdruck wird dann schädlich, wenn er dauerhaft ist, chronisch überfordert und aus Sicht des Betroffenen keinen Sinn macht.1

 

Wie entsteht Leistungsdruck bei Erwachsenen?

 

Stress führt zu Leistungsdruck. Und Stress hängt von den eigenen Maßstäben und der Fähigkeit zur Abgrenzung ab. Je höher der Perfektionismus und die Angst, es nicht richtig und gut genug zu machen, umso so größer der Leistungsdruck. Angst vor Ablehnung oder Verantwortung erhöht den Druck. Wenn man es dann noch allen recht machen will, ist der Druck nochmal so hoch. Beim Job ist der Leistungsdruck besonders groß, da die Existenz und in Deutschland auch das Gefühl, zur Leistungsgesellschaft dazuzugehören, von dem Arbeitsplatz abhängt.1 Multitasking schafft Leistungsdruck: Geld verdienen, Mutter/Vater sein, ein attraktiver Partner sein, die Freunde nicht aus den Augen verlieren und dann noch etwas für sich selbst tun. Wie soll das gehen? Der Tag hat nur 24 Stunden!

 

Wie kommt es bei Kindern und Jugendlichen zu Leistungsdruck?

 

Hier stehen Schule und Uni im Vordergrund. Inwieweit das Kind sie als Leistungsdruck erfährt, hängt von dem Verhalten der Eltern ab. Haben sie hohe Erwartungen und machen ihre Zuwendung davon abhängig, ob das Kind in der Schule gut funktioniert und sie stolz sein können, ist der Druck immens. Wenn das Kind mit anderen verglichen wird oder übermäßige Idealvorstellungen der Eltern zu erfüllen hat, fühlt es sich zuerst überfordert und verliert dann irgendwann die Motivation.

Zu frühe, nicht kindgerechte Forderungen schaffen chronischen Druck auf das Kind und lähmen seine Kreativität und Lebensfreude. Neben der Schule gibt es den Freizeitstress mit einem vollen Kalender durch Sport oder andere Aktivitäten. Förderung ist gut und macht dem Kind auch Spaß. Aber Überforderung erdrückt es und stört seine Entwicklung. Daneben die Reizüberflutung durch zu viel Handy und Tablet.

 

Jugendliche stehen unter Druck durch die sozialen Medien, den ständigen Vergleich mit anderen darin und Mobbing.1 War früher noch Zeit zur Selbstfindung, zum Ausprobieren und die Entfaltung von Kreativität, ist heute schon der Kindegarten verschult, die Schulzeit verkürzt und das schulisch aufgebaute Studium in 3 Jahren zu absolvieren. Raum für Experimente und die Entwicklung der Persönlichkeit, die im heutigen Arbeitsleben so wichtig ist, bleibt kaum.3

 

Wer leidet am meisten unter Leistungsdruck?

 

Menschen, die in ihrer Kindheit zu wenig Anerkennung bekamen oder deren Zuwendung von der Leistung und nicht ihrer besonderen Persönlichkeit abhingen, sind anfälliger für Leistungsdruck. Sie sind es gewohnt, zu funktionieren, ohne auf ihre Gefühle und eigenen Wünsche zu achten. Als Kind ging es ums seelische Überleben. Als Erwachsener kann man sich von Profis, sei es ein Psychotherapeut oder Coach, aus diesem Verhaltensmuster helfen lassen. Auch ein schwaches Selbstbewusstsein, wenig Durchsetzungskraft und Angst, sich abzugrenzen und Nein zu sagen, prädestinieren zu hohem Leistungsdruck.1

 

Eigener Druck oder Druck von außen?  

 

Bei großem Druck sollte zwischen realen Erwartungen von außen und der subjektiven Wahrnehmung unterschieden werden. Was erwartet der Chef, der Kunde, der Partner, die Mutter wirklich? Was sind die konkreten Aufgaben und Wünsche?2 Einen Bericht zu schreiben, kann 2 oder 20 Seiten bedeuten. Einen Kuchen für Omas Geburtstag zu backen, kann das Anrühren eines Fertig-Schokokuchens oder das kunstvolle Gestalten einer Torte heißen. Was ist der reale Auftrag? Und was sind die überhöhten Ansprüche an sich selbst? Müssen es 20 Seiten und die dreistöckige Torte sein? Oder ist es nicht ein gesunder Kompromiss mit dem innewohnenden Perfektionismus, 8 Seiten zu schreiben und einen Obstkuchen mit Schokoguss zu backen?

 

Was verstärkt heute den Leistungsdruck?

 

Ein Punkt ist die ständige Erreichbarkeit. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sind fließend geworden. Man ist überall telefonisch erreichbar. Auch der Zugang zum Job von zu Hause aus, so dass abends nochmal kurz die Mails gecheckt werden können, macht eine echte Erholung schwierig. Wer privat und beruflich auf Facebook ist, hat noch weniger Chancen, sich vom Beruflichen abzugrenzen.

Die Technik ist schnelllebig und es muss ständig etwas Neues dazugelernt werden. Das schafft Unruhe und stellt eine Zusatzbelastung dar.1 Die Arbeitswelt profitiert von dem Tempo in der Entwicklung neuer Techniken und Kommunikationsplattformen. Der Arbeitnehmer muss Schritt halten und das setzt ihn unter Druck. Der Arbeitsmarkt ist schwieriger als früher. Deshalb können Fehler, zu wenig Tempo oder der Wunsch nach Abgrenzung Angst bereiten, dass man seinen Arbeitsplatz verliert.2

 

Soziale Medien schaffen zusätzlichen Druck, wenn Firmen erwarten, dass ihre Mitarbeiter sich im Netz profilieren. Bewerbung und Selbstpräsentation läuft zunehmend über Xing & Co. Infos und Zusammenarbeit an einem Projekt laufen nicht mehr über E-Mails, sondern eine gemeinsame digitale Plattform. Gefordert wird vernetztes, selbstorganisiertes und eigenverantwortliches Arbeiten. Manche machen das gern. Andere fühlen sich überfordert.4

 

Stolz auf Erschöpfung?

 

War man früher noch stolz auf sein Werk, steht heute die Erschöpfung als Zeichen von Leistung an erster Stelle. So jedenfalls meint der Diplom-Psychologe Stephan Grünewald. Je belasteter und erschöpfter der Deutsche ist, umso leistungsfähiger fühlt er sich. Dafür muss das Hamsterrad immer mal einen Gang höher geschaltet werden.

 

Bei all der Hektik und Teamarbeit, sehen und erleben wir unsere Leistung nicht mehr. Deshalb wird das Gefühl, etwas geleistet zu haben, an der Erschöpfung festgemacht. Es gibt keinen entspannten Arbeitsbeginn am Montagmorgen, das souveräne Erledigen der Aufgaben und hinterher noch ein leckeres Eis in der Abendsonne auf dem Balkon. Weit gefehlt! Nur wer am Montag völlig erschöpft vom stressigen Wochenende im Garten und beim Marathonlauf am Arbeitsplatz erscheint, um sich gleich weiter abzuhetzen, weiß und demonstriert, was Leistung bedeutet.3

 

Wie schlägt zu großer Leistungsdruck auf Körper und Seele?

 

Erste Warnsignale sind meist Kopfschmerzen und Schlafstörungen.3 Dazu kommen Nervosität, Magen-Darm-Beschwerden, Bluthochdruck, Zittern, Schweißausbrüche und Atemnot. Seelisch kommt es zu Ängsten, Fluchtgedanken, Frustration und depressiven Verstimmungen. Das Denken ist bis hin zu einem Blackout blockiert. Kreative Lösungen sind nicht mehr möglich.1

 

Strategien – So kommt man raus aus dem Leistungsdruck

 

  • Einfach mal Nein sagen, wenn eine Aufgabe nicht höchste Priorität hat oder wenn sie auch ein Kollege übernehmen kann.
  • Die Erwartungen und Ansprüche an sich auf ein menschliches Maß herabschrauben, um sich nicht länger zu blockieren und zu frustrieren
  • Herausfinden, was stresst, auch Kleinigkeiten, und sie abstellen, z.B. das brummende Vibrieren des Handys bei der Arbeit, den Ton, wenn eine Mail eingeht, die viel zu lange To-do-Liste, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, usw.
  • Ausgleich durch Alltagsbewegung, Sport und Entspannungsmethoden3
  • Selbstbestimmung zurückgewinnen! Was kann man an der Situation ändern? Auch kleine Schritte tun gut.
  • Sich auf eine Aufgabe konzentrieren!
  • Die Pomodoro Technik5: In Intervallen arbeiten - Alle 25 Minuten eine Pause machen, da man sich ohnehin nicht länger konzentrieren kann.
  • Statt blindem Aktionismus langsamer arbeiten! Das erhöht die Effektivität.
  • Den Worst Case planen: Was kann schlimmstenfalls passieren? Wie kann man dem vorbeugen oder was würde man tun, wenn er eintritt?
  • Bei Unsicherheit und Selbstzweifeln: Man erinnert sich an erfolgreiche Erfahrungen mit denselben Aufgaben. Wann hat man die aktuelle Herausforderung schon mal bestanden? Man konzentriert sich darauf, wie der erfolgreiche Ausgang der jetzigen Aufgabe aussieht.3

 

Wie kann man anderen im Umfeld helfen, die unter zu hohem Leistungsdruck stehen?

Eltern können ihre Kinder in ihren individuellen Interessen mehr unterstützen und die digitale Reizüberflutung kontrollieren. Partner können den anderen darin bestärken, bei der Arbeit Grenzen zu setzen und Stopp zu sagen. Er sollte die Beziehung zu einer Insel der Ruhe und mit Spontanaktionen der Abwechslung zu machen. Chefs könnten psychologisch geschulte Personalkräfte einstellen, um Angestellte einen besseren Umgang mit Leistungsdruck nahezubringen. Auch finanzielle Unterstützung von Sport und Wellness zum Ausgleich hilft gegen Leistungsdruck und motiviert die Mitarbeiter.

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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