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Die Vier-Tage-Woche: Mehr Produktivität dank Reduktion der Arbeitstage?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 15. Mai 2018

Studien zeigen: In einer 4-Tage-Woche steigen Produktivität, Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter. Der Krankenstand sinkt, die Fluktuation auch. Fünf Tage zu arbeiten, heißt nicht zwangsläufig, mehr zu leisten. Man denke an den Freitag, der hoffentlich bald vorbei sein mag, und den Montagsblues, der auch nicht gerade zur Höchstform auflaufen lässt. Der Krankenstand hat Rekordhöhe in Deutschland. Flexible Arbeitszeiten stehen ganz oben auf dem Wunschzettel der Arbeitnehmer. Die 4-Tage-Woche ist ein spannendes Modell, das eine Lösung darstellt. Sie beschert ein langes Wochenende oder zumindest 3 freie Tage am Stück. Der Körper erholt sich. Der Geist bekommt Abstand. Andere Lebensbereiche ihren Raum. Welche Vor- und Nachteile hat die Reduktion auf 4 Arbeitstage? Welches Gesetz macht sie für jeden möglich? Welches spricht dagegen? Welche ersten Erfahrungen gibt es in deutschen Firmen und den USA?

Welche Vorteile hat die 4-Tage-Woche für den Mitarbeiter?

Er hat 3 Tage am Stück frei. Das sind ein verlängertes Wochenende, wenn es die Produktionsform der Firma zulässt, oder drei aufeinanderfolgende freie Tage in der Woche. Die Möglichkeit zu Entspannung und echter Regeneration, zu Abstand und Freiraum begeistern und motivieren die Mitarbeiter. Es ist genügend Zeit für die Beziehung, Familie, Sport, Kreativität, Weiterbildung und Kurzreisen. Die Produktivität soll einer Studie gemäß bis zu 60 Prozent steigen. Eine andere Untersuchung zeigt, dass eine kürzere Arbeitswoche weniger Stress, niedrigereren Blutdruck und nicht so häufige Krankheitsausfälle bedeutet. Arbeit macht mehr Spaß, wenn Sie auf einen kürzeren und intensiveren Zeitraum konzentriert wird. Man kümmert sich ausschließlich um die wichtigen Dinge. Fokus ist es, die Arbeit in diesen 4 Tagen so effektiv und qualitativ hochwertig wie möglich zu erledigen. Für den Arbeitnehmer fallen zudem ein Tag weniger Zeit und Kosten für die Anfahrt an.

Wie profitiert ein Unternehmer davon?

Der Unternehmer erhält durch ein motiviertes Team das bestmögliche Ergebnis. Er profitiert von dem sinkenden Krankheitsstand. Einer dreitägigen Arbeitspause folgt mehr Kreativität und bessere Ideen in kürzerer Zeit. Die 4-Tage-Woche gibt ihm bei der Personalsuche einen Wettbewerbsvorteil, gerade bei gesuchten Spezialisten in der IT- und Kreativbranche. Wird die Arbeitszeit gekürzt, erhöht sich die Effizienz. Müssen all die Meetings sein? Braucht man die Chats für die Mitarbeiter? Wie kann die Kommunikation zu den Projekten, wie können die gesamten Abläufe optimiert werden? Straffere Organisation und gesteigerte Motivation durch eine kürzere Arbeitswoche! Die gut gelaunten Mitarbeiter kündigen seltener, heißt es aus den Betrieben. Es gibt weniger Fluktuation und daher weniger Reibungsverluste durch die ständige Einarbeitung neuer Mitarbeiter.

Welche Nachteile werden ins Feld geführt?

Wenn ein Unternehmen freitags nicht arbeitet, fehlen ihm die Kunden und Einnahmen an diesem Tag, ist ein häufiges Argument. Das „Problem“ kann ganz leicht durch die Aufteilung der 4 Tage in 2 Schichten von Montag bis Donnerstag und Dienstag bis Freitag gelöst werden. Schon braucht es keine Neueinstellungen und Einarbeitungen mehr. Da Motivation, Kreativität und Produktivität in der 4-Tage-Woche steigen, muss das Personal nicht aufgestockt werden. Arbeitspsychologen wenden ein, dass nach 5-6 Stunden die Konzentrationskraft und Leistung sinken. Was passiert dann erst, wenn an den 4 Tagen auf 9-10 Arbeitsstunden aufgestockt wird. Die Erfahrung zeigt: Bei 4 Arbeitstagen und 3 Tagen Freizeit passiert nur Positives. Ein weiteres Gegenargument ist, dass der Mensch produktiv sein will und sich bei zu viel Freizeit gerne einen zweiten Job sucht. Es ist davon auszugehen, dass die Produktivität in den 4 Tagen vollkommen ausgelebt wird und die 3 Tage eher zum Relaxen und andere Freizeitbeschäftigungen anregen als zu einem 2. Job. Wird mit dem 5. Arbeitstag auch ein Fünftel des Gehalts gestrichen, kann das für den allein verdienenden Familienvater bzw. die Familienmutter, Berufseinsteiger und Wenigverdiener eng werden. Da ist dann die Frage, ob dem Mitarbeiter die viel gerühmte Work-Life-Balance so wichtig ist, dass er auf einen Teil des Gehalts verzichten kann oder will.

Wie ist die gesetzliche Lage in Bezug auf eine 4-Tage-Woche in Deutschland?

Das deutsche Arbeitszeitgesetz schreibt vor, dass nur 8 Stunden am Tag an 6 Tagen in der Woche gearbeitet werden darf. Diese Höchstarbeitszeit darf um 2 Stunden bis auf 10 Stunden überschritten werden, aber nur ausnahmsweise, nicht als Regelarbeitszeit. Auch die Europa-Richtlinien schreiben höchstens 48 Stunden in der Woche vor, aber ohne Festlegung der Höchstarbeitszeit am Tag. Daher wäre eine gesetzliche Änderung in Deutschland mit einer Arbeitszeit von 4-mal 9 oder 10 Stunden am Tag möglich. Möchte ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit auf 4 Tage mit 32 Stunden kürzen, steht ihm das nach dem Teilzeitgesetz zu. Er hat aber nicht das Recht, zu bestimmen, an welchen Tagen er arbeitet.

Welche Erfahrungen haben Firmen in Deutschland mit der 4-Tage-Woche gesammelt?

Durchweg gute. Die experimentierfreudigen Firmen erleben ihre Mitarbeiter motiviert, begeistert, zufrieden und kreativ. Die interne Kommunikation hat sich seit Einführung der 4-Tage-Woche gebessert, die Fluktuation ist zurückgegangen. Auch bei 10 Stunden Arbeit am Stück treten nicht mehr Fehler auf. Es wird mehr Selbstverantwortung übernommen. Körperliche Beschwerden durch den langen Tag werden nicht vermeldet. Die Angestellten sollen so oft wie möglich aufstehen und sich bewegen. Für steht Pausen eine Liege zur Verfügung. Den Kunden gefällt das Modell und manch einer überlegt, es auch bei sich einzuführen.

Wie sehen die Erfahrungen in den USA aus?

Das Sillicon Valley ist Vorreiter, auch Google und Amazon bieten die 4-Tage-Woche an. Ein Beispiel für die langfristige Umsetzung ist der Staat Utah in den USA. Er hat 2008 für all seine Behörden die 4-Tage-Woche eingeführt. Bei einer Untersuchung bewerteten 79 % der Mitarbeiter die kurze Woche positiv, 63 % fanden sich produktiver und zufriedener. Auch spannend ist, dass die Angestellten wegen einer Hin- und Heimfahrt weniger in der Woche jährlich 6 Millionen US-Dollar Benzinkosten sparen und sich die CO2-Emissionen um 12 000 Tonnen reduzieren. Fazit: Die 4-Tage-Woche hat sich in den bisherigen Versuchsreihen für alle Beteiligten äußerst positiv präsentiert. Wenn sich das deutsche Arbeitszeitrecht an die europäischen Vorgaben ausrichtet, sind auch bei uns problemlos 4-mal 9 oder 10 Stunden möglich. Wichtig ist auch hier die Flexibilität. Es gibt kein Nonplusultra für jede Firma. Auch in einem Unternehmen mit 4-Tage-Woche kann z.B. für die Mutter, die ihre Kinder von der Kita abholt, eine 5 Tage-Ausnahmeregelung mit 8 Stunden notwendig sein, wobei der 5. Arbeitstag im Home-Office stattfindet.  

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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