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Kinderkrankheiten bei Erwachsenen: unterschätzte Gefahr?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 09. Juli 2018

Egal ob Windpocken, Masern oder Röteln: Die meisten Menschen machen bereits im Kindesalter Bekanntschaft mit diesen Erkrankungen. Dadurch erlangen sie Immunität. Doch bleibt die Immunisierung aus, können die vermeintlichen Kinderkrankheiten bei Erwachsenen zu erheblichen Komplikationen führen. Lesen Sie mehr darüber, wie sich Kinderkrankheiten bei Erwachsenen äußern können.  Die Nase läuft, die Körpertemperatur klettert immer höher auf dem Fieberthermometer und der Hals schmerzt: Was sich zunächst wie eine gewöhnliche Erkältung anfühlt kann sich auch als etwas anderes entpuppen. Kommt zu den Krankheitssymptomen ein Hautausschlag, kann es sich um Masern handeln – auch bei Erwachsenen. Masern gelten als typische Kinderkrankheit. Doch das durchschnittliche Alter der Infizierten ist in den vergangenen zehn Jahren beträchtlich gestiegen. Inzwischen sind etwa 40 Prozent aller Erkrankten älter als 20 Jahre. Und das hat Folgen: Für viele Kinderkrankheiten gilt, je älter der Patient, desto größer ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Komplikationen.

Masern: extrem ansteckend

Masern werden über Tröpfcheninfektion, also über den Speichel beim Sprechen, Husten oder Niesen übertragen, und sind daher sehr ansteckend. Deshalb kommen die meisten Menschen bereits im Kindesalter mit den Viren in Kontakt. Hat man die Infektion einmal überstanden, besteht eine lebenslange Immunität und man kann nicht erneut erkranken. Doch bei Erwachsenen kann die Erkrankung einen schweren Verlauf nehmen: Es können zu den klassischen Symptomen auch Komplikationen wie Gehirnentzündung (Enzephalitis), Gehirnhautentzündung (Meningitis), Lungen- oder Mittelohrentzündung hinzukommen. Das geschieht nicht, wenn Kinder frühzeitig gegen das Virus geimpft werden. Problematisch ist nur, dass viele Erwachsene Impflücken aufweisen und sich daher leicht bei Kindern anstecken können. Das führt zu einer permanent hohen Anzahl an Infizierten.

Mumps: Kinderkrankheit mit Folgen?

Geschwollene Ohrdrüsen, Fieber und allgemeine Krankheitsanzeichen: hierbei kann es sich um Mumps handeln. Stecken sich Erwachsene mit dem Virus an, kann es neben den relativ harmlosen Symptomen zu einer Reihe schwerer Komplikationen kommen. Häufig entzünden sich neben den Ohrspeicheldrüsen bei Männern die Hoden – und das kann Unfruchtbarkeit zur Folge haben. Auch die Bauchspeicheldrüse kann in seltenen Fällen betroffen sein. Auch kann eine Mumps-Infektion eine Hirnhautentzündung verursachen. Wie auch bei Masern gilt: Je älter der Patient, desto höher ist das Risiko für Komplikationen und Folgeschäden. Eine Dreifachimpfung gegen Mumps, Masern und Röteln kann bereits im Kindesalter erfolgen und schützt gut vor einer Ansteckung. Mumps kam vor einigen Jahren ausschließlich in betreuenden Einrichtungen für Kinder vor. Durch die Impflücken bei Erwachsenen sind inzwischen häufig weiterführende Schulen und Universitäten betroffen. Fast drei Viertel der Erkrankten sind inzwischen älter als 20 Jahre.

Röteln: Gefahr in der Schwangerschaft

Spätestens wenn eine Schwangerschaft geplant ist, sollten Frauen ihren Impfstatus überprüfen lassen. Denn eine Infektion mit Röteln während der ersten drei Schwangerschaftsmonate kann zu Fehlbildungen beim Kind führen oder eine Tot-, Früh- oder Fehlgeburt verursachen. Ist das Kind bereits unterwegs, ist es für eine Immunisierung zu spät. Die werdende Mutter sollte den Kontakt zu Erkrankten vermeiden, um eine Ansteckung zu verhindern. Bei nicht schwangeren Erwachsenen verläuft die Röteln-Infektion eher harmlos und ohne große Komplikationen. Doch der behandelnde Arzt muss die Infektion dem Robert-Koch-Institut (RKI) melden. Durch eine flächendeckende Impfung können Röteln-Epidemien vermieden werden, so die Ständige Impfkommission (Stiko).

Windpocken: Immer mehr Erwachsene erkranken

2013 waren 29 Prozent der Windpocken-Patienten älter als 20 Jahre, das berichtet der Spiegel. Auch bei dieser vermeintlichen Kinderkrankheit gibt es bei erwachsenen Patienten ein erhöhtes Risiko für Komplikationen. Dazu gehören Lungenentzündung oder eine Infektion des Zentralen Nervensystems (ZNS). Dies kann zu bleibenden Schäden wie Lähmungen führen. Inzwischen ist auch gegen Windpocken ein Impfstoff verfügbar. Die Stiko empfiehlt eine Immunisierung bis zum 17. Lebensjahr, es sei denn man ist bereits an Windpocken erkrankt. Impfgegner befürchten durch die Spritze eine Verlegung der Erkrankung in das Erwachsenenalter.  Windpocken brechen nur ein einziges Mal im Leben aus. Doch schlummern die Varizella-Viren im Körper, kann es im Erwachsenenalter zu Gürtelrose kommen. Die Stiko empfiehlt dennoch besonderen Risikogruppen eine Impfung gegen Windpocken, dazu gehören Personen, die an Neurodermitis leiden.

Keuchhusten-Impfung alle zehn Jahre auffrischen

Der durchschnittliche Keuchhusten-Patient ist inzwischen 40 Jahre alt. Für die vermeintliche Kinderkrankheit ist das ein enormer Anstieg. Kinder wie Erwachsene leiden nach einer Ansteckung unter sehr starken Hustenanfällen, die mitunter zu gebrochenen Rippen führen können. Eine Impfung gegen Keuchhusten ist mit der nächsten Auffrischung der Tetanus-Impfung möglich. Alle zehn Jahre sollte der Impfschutz erneuert werden. Steht die Familie kurz vor neuem Zuwachs, sollten sich vor allem die Erwachsenen Mitglieder immunisieren lassen. Inzwischen ist es häufig so, dass die Eltern oder Großeltern das Baby anstecken – nicht mehr umgekehrt.

Impfstatus regelmäßig checken lassen

Bei vielen Erwachsenen gerät das Thema Impfung zunehmend in den Hintergrund. Doch da gerade für sie Kinderkrankheiten schwere Komplikationen und Folgeschäden bedeuten können, sollte hin und wieder der Hausarzt den Impfpass überprüfen und gegebenenfalls eine Immunisierung auffrischen. Ist ein Auslandsaufenthalt in einem Risikogebiet oder eine Schwangerschaft geplant, ist der Blick auf den Impfpass Pflicht. Viele Krankheiten konnten nur durch eine nahezu flächendeckende Impfung der Bevölkerung (nahezu) ausgerottet werden. Durch die vermeintliche Sicherheit gehen viele Menschen zu lapidar mit dem Thema Impfung um und riskieren so, dass sich die Erreger wieder ausbreiten können und die Zahlen von Krankheitsfällen kontinuierlich steigen. Einen Überblick über Impfungen im Erwachsenenalter gibt es im apomio Beitrag. Wer sich genauer informieren will, kann dies auf der Seite des Robert-Koch-Instituts oder der Ständigen Impfkommission tun.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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