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Pilates: Positive Veränderungen für Körper und Seele

Kommentar schreiben Aktualisiert am 08. Januar 2018

Das neue Jahr hat begonnen - und viele von Ihnen starten sicherlich auch ins Jahr 2018 mit reichlich guten Vorsätzen. "Mehr Bewegung machen", "Fitter werden", "Gesünder leben" - solche und ähnliche Pläne stehen auf der Liste der Vorhaben für die kommenden 12 Monate immer wieder ganz oben. Sie sind wild entschlossen, ab 2018 mehr für sich und Ihren Körper zu tun? Dann probieren Sie es doch mal mit einer Sportart, die tatsächlich viele positive Veränderungen - nicht nur fürs körperliche, sondern auch fürs seelische Wohl - mit sich bringen kann: Pilates. Pilates ist ein systematisches und ganzheitliches, gelenkschonendes und effizientes Training für den gesamten Körper. Dabei werden mit langsamen und präzisen Bewegungen vor allem die tief liegenden Muskeln der Körpermitte gekräftigt. Ziel ist, den Körper aufzurichten, zu stabilisieren und beweglicher zu machen. Bei den Übungen wird auch die Atmung fließender, sodass sich Blockaden leichter auflösen und das körperlich-geistige Wohlbefinden gesteigert werden kann.

Ein Ganzkörper-Konzept, das auch den Geist aktiviert

Beim Konzept Pilates geht es vor allem um die Kräftigung und Stabilisierung des ganzen Körpers von der Körpermitte aus. Einzelne Muskeln oder Muskelgruppen – vor allem die Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskulatur – werden in fließenden Bewegungen aktiviert, gedehnt und entspannt. Die Konzentration liegt dabei auf der Stärkung der Tiefenmuskulatur und der Wirbelsäule; insgesamt sollen Kraft und geschmeidige Beweglichkeit in eine gute Balance gebracht werden. Bei vielen Übungen kommen auch die Gelenke in Schwung, jedoch ohne belastet zu werden. Pilates sollte man dann ausprobieren, wenn man durch Muskeltraining die gesamte Beweglichkeit, Körperhaltung und Koordination verbessern möchte. Wer viel sitzt und zu Rückenbeschwerden neigt, kann durch regelmäßiges Training stärkeren Schmerzen im Wirbelsäulenbereich vorbeugen und Verspannungen lösen. Das kann sich dann auch auf das psychische Wohlbefinden positiv auswirken, denn bei den Übungen wird auch ein bewusstes Loslassen mit der entsprechenden Atemtechnik vermittelt – bewährte Mittel gegen Stress und das berüchtigte „Gedankenkarussell“ im Kopf. Joseph H. Pilates: Vordenker einer ganzheitlichen Fitnessbewegung Benannt wurde das Training nach seinem Erfinder, dem deutsch-amerikanischen Körpertrainer Joseph H. Pilates. 1880 in Mönchengladbach geboren, begann Pilates schon Ende des 19. Jahrhunderts, sein umfassendes Trainingskonzept zu entwickeln, und verfeinerte es bis in die 1930er-Jahre hinein. Als Kind litt er unter einer ziemlich schwächlichen Konstitution, und um sich selbst zu helfen, beschäftigte er sich schon früh intensiv mit fernöstlichen und europäischen Trainingsmethoden, die er im Lauf der Zeit auch anderen Menschen mit Erfolg beibrachte. Mit 46 Jahren wanderte Pilates nach Amerika aus und eröffnete in New York sein erstes Trainingsstudio, das bald großen Zuspruch erfuhr. In den 1930er-Jahren fing Pilates auch an, die Erfolge seiner Methode systematisch zu dokumentieren. Zunächst fotografierte er seine Kunden vor der ersten und nach der dreißigsten Trainingsstunde, woraus sein viel zitierter Satz überliefert ist: „Nach zehn Stunden fühlen Sie den Unterschied, nach 20 Stunden sehen Sie den Unterschied, nach 30 Stunden haben Sie einen neuen Körper.“ Schriftlich formulierte er die Grundlagen seines Trainings und definierte dabei „natürliche Gesundheit“ als Balance geistiger und körperlicher Gesundheit. Weltweit berühmt wurde das Pilates-Konzept erst in den 1990er-Jahren, als Stars wie Madonna, Hugh Grant und Gwyneth Paltrow öffentlich bekannten, dass sie ihre jugendlich-straffen Körper regelmäßigem Pilates-Training verdankten. Dies löste einen internationalen  Pilates-Boom aus, den der Begründer allerdings nicht mehr erleben durfte: Joseph H. Pilates starb 1967 im Alter von 87 Jahren in New York an einem Lungenemphysem.

Das „Powerhouse“: Kraftzentrum in der Mitte des Körpers

Beim Pilates liegt der Fokus immer auf der Körpermitte, in der Pilates-Terminologie „Powerhouse“ (deutsch „Kraftwerk“) genannt. Dieses besteht aus vier tief liegenden Muskelgruppen: Beckenboden, Zwerchfell, Wirbelsäulenmuskel und dem großen Korsettmuskel, der die Taille umfasst, formt und stabilisiert und damit für Haltung und Figur die größte Rolle spielt. Die Powerhouse-Muskeln sind selbst bei sportlich aktiven Menschen oft nur schwach ausgebildet, weil sie in unserem modernen, überwiegend sitzenden Lebensstil nicht ausreichend beansprucht werden. Somit verändert sich die natürliche Krümmung der Wirbelsäule und die gesamte Körperhaltung erinnert dann oft an den berühmten „Schluck Wasser in der Kurve“: Man sitzt und steht krumm und gebückt, Verspannungen und chronische Schmerzen sind oft die Folge. Regelmäßiges Pilates-Training kann viel zum Besseren verändern: Die Muskeln des Kraftzentrums werden aufgebaut und gekräftigt, indem durch das Training die Nährstoffversorgung und damit die Funktionsfähigkeit von Muskeln, Nerven, Wirbelkörpern und Bandscheiben verbessert werden. So ist es möglich, Haltungsschäden zu verhindern bzw. zu beheben und einseitigen Belastungen entgegenzuwirken. Der ganze Körper wird stabiler und ist durch die gestärkten Muskeln gut gestützt und geschützt. Dementsprechend beginnt jede Pilates-Übung damit, das Powerhouse zu aktivieren. Man atmet dafür leicht aus, zieht dabei den Nabel Richtung Wirbelsäule und spannt den Beckenboden leicht an, bis der „Kraftgürtel“ um die Körpermitte herum spürbar wird. Der Nabel bleibt auch während des Trainings immer in leicht eingezogener Position: damit hält man die Körperhaltung stabil und nutzt die Kraft aus der Mitte. Durch die Konzentration auf die eigene Mitte wird übrigens auch das Körpergefühl immer sensibler, ebenso wird dadurch die Balance gefördert. Nicht zuletzt kann Pilates auch eine hervorragende Unterstützung für die Ausübung anderer Sportarten darstellen, weil kräftige Muskeln besonders effizient eingesetzt werden können und somit – zusammen mit der verbesserten Körperkontrolle und Balance – das Verletzungsrisiko deutlich gemindert werden kann.

Wie kann man Pilates am besten lernen?

Um die Grundlagen zu lernen und sich keine Bewegungs- und Haltungsfehler bei den Übungen anzueignen, sollte man zunächst einen Pilates-Kurs – geleitet von einem qualifizierten Pilates-Trainer – besuchen. Die Kurse werden für unterschiedliche Trainingsbedürfnisse, Alters- und Fitnessstufen angeboten; es gibt sie in jeder größeren Stadt, aber auch vielfach auf dem Land, z.B. bei der Volkshochschule oder in Pilates-Studios. Ein guter Trainer ist wichtig, da er die Ausführung der Übungen kontrollieren und sie ggf. den individuellen Voraussetzungen des Trainierenden anpassen kann. Damit wird das Fehlhaltungs- und (ohnehin recht geringe) Verletzungsrisiko minimiert. Man sollte bei der Auswahl des richtigen Kurses bzw. des Pilates-Studios darauf achten, dass man sich dort wohlfühlt und ausreichend vom Trainer beachtet wird. Meist werden in den Kursen Bodenübungen auf Matten ausgeführt. Zur Unterstützung verwenden Pilates-Trainer oft spezielle Pilates-Kleingeräte, meist Bälle wie Tennis-, Igel-, Sitz- und Balancebälle, spezielle Bänder sowie Balance- und Koordinationsrollen und -wippen. Neben diesen kleinen Hilfsmitteln gibt es auch Großgeräte, die jedoch nur genutzt werden sollten, wenn man schon eine Weile Pilates trainiert und über eine gute körperliche Stabilität verfügt. Auch sollte beim Training mit diesen Großgeräten immer ein Experte dabei sein, der den sachgemäßen Umgang mit dem Gerät überwachen kann. Wer mit der Zeit gut geschult ist, kann natürlich auch zuhause trainieren. Dazu wird dann nur noch eine Gymnastikmatte gebraucht, außerdem sollte der Raum, in dem man trainiert, immer gut gelüftet sein. Zudem gibt es Trainingsprogramme in vielen Büchern und DVDs, die die insgesamt rund 500 Pilates-Übungen anschaulich erklären.

Schönere Figur, weniger Stress, mehr Leistung, besserer Sex – alles möglich durch Pilates?

Wer regelmäßig Pilates trainiert, kann sich und sein Leben durchaus sehr verändern – vorausgesetzt, die Methode gefällt, kann gut in den Alltag integriert werden und wird fachgerecht ausgeführt. Wer allerdings mit Pilates loslegen will, um vor allem möglichst schnell viel Gewicht zu verlieren, könnte enttäuscht werden, denn Abnehmen ist kein vorrangiges Ziel dieser Trainingsmethode. Es gibt hier kein Work-out, bei dem der Schweiß in Strömen fließt (auch wenn man bei den Übungen durchaus ins Schwitzen kommen kann), und um die Fettverbrennung so richtig auf Touren zu bringen, sind andere Sportarten (z.B. Jogging oder Spinning) besser geeignet. Dennoch: Die Figur wird sich durch den gezielten Aufbau der tief liegenden Muskulatur sichtbar verbessern. Viele, die über einen längeren Zeitraum regelmäßig Pilates machen, berichten, dass sie – auch ohne Gewichtsverlust – schlanker aussehen. Das liegt daran, dass die trainierten Stabilisierungs- und Korsettmuskeln die Wirbelsäule aufrichten und damit wie ein „natürliches Mieder“ auf Taille und Hüften wirken. Die gesamte Körperhaltung wird besser, man reckt sich sozusagen in die Höhe und wirkt dadurch insgesamt größer, schlanker – und damit auch attraktiver. Ganz sicher kann Pilates helfen, körperlich-seelischen Stress abzubauen. Dadurch, dass die Übungen Fehlhaltungen korrigieren können, die zu Muskelverkürzungen und Verspannungen führen, werden Belastungen vermieden, für die der Bewegungsapparat nicht angelegt ist, und auf die der Körper automatisch mit Stresssymptomen reagiert. Ein Beispiel ist das ständige unbewusste Hochziehen der Schultern, das bei den meisten Menschen Verspannungen im Nacken-Schulter-Bereich verursacht. Dadurch verkrampft oft auch die Brustmuskulatur, ebenso werden de Atmung und der gesamte Stoffwechsel beeinträchtigt. Durch Pilates kann man lernen, wieder richtig zu atmen und damit auch die muskuläre Balance wieder herzustellen. Dies und das durch Pilates gestärkte Körperzentrum führt nicht zuletzt auch eine mental-psychische Entspannung herbei. Zudem macht Pilates den Kopf frei und verbessert die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit: Die Übungen erfordern eine aktive Fokussierung auf das Hier und Jetzt und verbessern dadurch das Zusammenspiel von Körper und Gehirn. Und sogar besserer Sex durch Pilates ist durchaus drin! Denn Pilates stärkt die Beckenbodenmuskulatur. Das steigert bei Männern die Ausdauer – was wiederum auch die Sexpartner/-innen erfreut. Und Frauen, die über eine kräftige Beckenbodenmuskulatur verfügen, berichten vielfach über eine deutlich spürbare gesteigerte Erlebnisfähigkeit beim Sex.

Kann Pilates auch ungeeignet sein?

Weil es eine sanfte, gelenkschonende und gleichzeitig hocheffiziente Sportart ist, eignet sich Pilates für sehr viele Menschen, auch für Personen, die mit Einschränkungen im Bewegungsapparat zu kämpfen haben, übergewichtig sind oder erst im höheren Alter mit sportlicher Aktivität beginnen wollen. Besonders empfohlen wird Pilates als Ergänzung zu einer medizinischen, physiotherapeutischen oder osteopathischen Behandlung, etwa bei Nackenverspannungen, Rücken- und Schulterverletzungen, Bandscheibenvorfall, Gebärmuttersenkung, Inkontinenz und verschiedenen Sportverletzungen. Allerdings sollte jeder, der sich nicht 100-prozentig fit fühlt oder Vorerkrankungen mitbringt, den Arzt befragen, bevor er ein Pilates-Training beginnt. Auch wenn man älter als 35 Jahre alt ist und länger keinen Sport getrieben hat, sollte man zur Sicherheit beim Arzt klarstellen lassen, ob Pilates ein geeignetes Training darstellt. Für alle anderen gilt: einfach ausprobieren! Wer Lust auf ein nicht allzu hartes und ausgewogenes Ganzkörpertraining hat, etwas für die eigene Wellness tun will und sich in gute Trainerhände begibt, kann mit Pilates eigentlich nichts falsch machen. Viel Spaß!

Hier ein Anfänger Workout zum Mitmachen:

https://www.youtube.com/watch?v=CKL4aCtGfn0 Achtung: Workouts aus dem Internet sollten nur nachgemacht werden, wenn die Übungen richtig ausgeführt werden und keine körperlichen Beschwerden vorliegen. Bei Symptomen sollte man sich direkt an einen Physiotherapeuten wenden und die Beschwerden professionell behandeln lassen.

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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