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Long-/Post-COVID-19-Syndrom – Spätfolgen einer Corona-Infektion

Kommentar schreiben Aktualisiert am 13. September 2021

Eine akute COVID-19-Erkrankung kann zu länger anhaltenden oder neu auftretenden Beschwerden führen. Die Spätfolgen werden unter dem Namen Long- bzw. Post-COVID-Syndrom zusammengefasst. Sie betreffen bis zu 15 % der Genesenen, unabhängig von Alter, Vorerkrankungen und oft auch Schwergrad der COVID-Erkrankung. Auch asymptomatisch oder nur mild Erkrankte können über Wochen und Monate Folgeerkrankungen an Haut, Lunge, Herz, Nervensystem, Immunsystem und der Psyche davontragen.

Häufigste Beschwerden sind chronische Erschöpfung (Fatigue), Atemnot, Riech- und Geschmacksstörungen, Kopfschmerzen, Haarausfall, Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme (Brain Fog).Ein Teil der Nacherkrankungen heilt spontan aus. Andere Symptome können langfristig das Alltags- und Berufsleben einschränken und Therapie und Rehabilitation erfordern. Welche Risiken und Ursachen für Long-/Post-COVID gibt es? Welche Organsysteme sind betroffen? Wie sehen Krankheitsbild, Diagnose und Therapie aus? Welche psychischen Krankheiten können auftreten und welche Behandlungen werden empfohlen?

 

Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Long- und Post-COVID-19?

Wie häufig kommen Long-/Post-COVID-19-Syndrome insgesamt vor?

Besteht das Risiko für Long- und Post-COVID-19 auch bei milden Verläufen?

Ist nach COVID-19 auch das Risiko für andere Erkrankungen und die Sterberate erhöht?

Was sind die Ursachen von Long-/Post-COVID-19?

Hilft die Impfung bei Long-/Post-COVID-19?

Was tun bei dem Gefühl, Long-/Post-COVID-19 zu haben?

Wie sieht die hausärztliche Versorgung aus?

Fatigue – totale Erschöpfung auf allen Ebenen

Wenn die Haut nach einer COVID-19-Infektion krank wird

Riech- und Geschmackstörungen – auch nach der akuten COVID-19-Infektion noch oft beklagt

Erkrankungen von Herz und Kreislauf nach einer COVID-19-Infektion

Neurologische Beschwerden nach einer COVID-19-Infektion

Schmerzen als Symptom einem Long-/Post-COVID-Syndrom

Long-/Post-COVID bei Kindern          

Welche Beschwerden im Atmungstrakt Long-/Post-COVID-19 verursachen kann

Psychische Symptome als Folge einer COVID-19-Infektion

Long-/Post-Covid-Erkrankte auch mit natürlichen Methoden unterstützen

Wo finden sich auf Long-/Post-COVID spezialisierte Reha-Kliniken?

 

Was versteht man unter Long- und Post-COVID-19?

Kommt es nach einer akuten SARS-CoV2-Infektion zu anhaltenden, intensivierten oder neu auftretenden Symptomen, die länger als 4 Wochen ab dem Zeitpunkt der Infektion anhalten und nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen sind, spricht man von einem Long-COVID-Syndrom oder post-akuten Folgen von COVID-19. Bestehen die Beschwerden länger als 12 Wochen seit der Infektion fort, werden sie als Post-COVID-Syndrom bezeichnet.1

 

Wie häufig kommen Long-/Post-COVID-19-Syndrome insgesamt vor?

Die Auswertung von 15 Studien mit insgesamt 47 910 Teilnehmern im Alter von 17 und 87 Jahren, die im Zeitraum von 14 bis 110 Tagen nach der Infektion untersucht wurden, ergab, dass 80 % der SARS-CoV-2-Infizierten an einem oder mehreren Langzeitsymptomen litten. Die 5 häufigsten Symptome waren mit 58 % Fatigue (Erschöpfung), mit 44 % Kopfschmerzen, mit 27 % Aufmerksamkeitsdefizite, mit 25 % Haarausfall und mit 24 % Atemnot.

Danach kamen Ausfall von Geschmackssinn (23 %) und Geruchssinn (21 %), Husten (19 %), Schmerzen und/oder Beklemmungen im Brustbereich (16 %), Gedächtnisprobleme (16 %), vermehrte Ängste (13 %) und Depressivität (12 %). Auch eine Studie aus Großbritannien zeigt, das bei ca. einem Fünftel der SARS-CoV-2-Infizierten zwischen 5 und 12 Wochen nach der Infektion noch mindestens ein Symptom und nach über 12 Wochen bei ca. jedem 10. der Patienten noch Beschwerden aufgetreten sind.2

 

Besteht das Risiko für Long- und Post-COVID-19 auch bei milden Verläufen?

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Häufigkeit bei schweren Verläufen größer ist1, zeigen Studien, dass auch leichte Verläufe zu Spätfolgen führen können: In einer Spezialsprechstunde für Genesene, die noch nach der Krankheit unter Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn litten, der Post-COVID-Ambulanz der Uniklinik Köln, wurden 958 Patienten in die Studie aufgenommen.

Die meisten waren nur leicht an COVID-19 erkrankt. Dennoch litt noch 7 Monate nach dem Ende der Erkrankung jeder 8. Patient an Symptomen, die auf COVID zurückzuführen waren. Von den 958 Patienten waren nur 28 während der akuten Phase im Krankenhaus. Nach einer Eingangsuntersuchung wurden alle 958 zu Nachfolgeterminen nach 4 und 7 Monaten eingeladen.

Von den 442, die nach 4 Monaten kamen, litten noch 12,4 % am Verlust von Geruchssinn, 11,1 % Geschmackssinn, 9,7 % an Abgeschlagenheit und 8,6 % an Kurzatmigkeit. Nach 7 Monaten erschienen noch 353 Patienten, von denen 14,7 % über Verlust des Geruchsinns, 13,6 % des Geschmacksinns, 3,7 % über Kopfschmerzen, 2,5 % an Haarausfall und 1,1 % an Durchfall.3

 

Ist nach COVID-19 auch das Risiko für andere Erkrankungen und die Sterberate erhöht?

Es ist gar nicht so selten, dass nach einer überstandenen Viruserkrankung, z.B. einer Influenza (Grippe) oder dem Pfeifferschem Drüsenfieber, Restsymptome bleiben. Das lässt sich durch verhältnismäßig mehr Arztbesuche, Diagnosen und Medikamentenverordnungen nach der Erkrankung aus den elektronischen Krankenakten ablesen.

Allerdings sollen die Ausmaße dieser Spätfolgen bei COVID-19 deutlich ausgeprägter sein: Selbst in einer Studie mit 73 435 US-Veteranen, die nur leicht an COVID-19 erkrankt waren, wurden häufiger behandlungsbedürftigere Erkrankungen im ersten Halbjahr nach der Infektion festgestellt als bei der Vergleichsgruppe von fast 5 Millionen Veteranen, die kein COVID-19 hatten: Der Medikamentenverbrauch war erhöht und die Laborwerte waren verändert, z.B. verringerte sich die Zahl der roten Blutkörperchen (schlechtere Sauerstoffversorgung).

Die Fließfähigkeit des Blutes verschlechterte sich („dickes Blut“). Auch das Sterberisiko ist nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Erkrankung höher als bei der Vergleichsgruppe, die nicht an Corona erkrankt war. Auf 1000 Veteranen kamen in der Gruppe der nur leicht erkrankten COVID-19-Patienten in den ersten 6 Monaten im Schnitt 8,39 zusätzliche Sterbefälle.4  

 

Was sind die Ursachen von Long-/Post-COVID-19?

Laut WHO wirken einzeln oder miteinander die Giftigkeit (Toxizität) und Beständigkeit des Virus, d.h. eine lang anhaltende Virusinfektion, entzündliche Prozesse, Autoimmunprozesse (Immunsystem kämpft gegen eigenes Gewebe), Gerinnungsstörungen, Gefäßerkrankungen, Störungen des Nervensystems und/oder des Stoffwechsels sowie hormonelle Veränderungen.5 

Auch potentielle Nebenwirkungen der COVID-19-Therapie können an der Entstehung neuer Beschwerden, dem Fortbestehen von Symptomen der akuten Infektion wie auch der Verschlechterung einer Grundkrankheit beteiligt sein. Studien zeigen, dass besonders Patienten mit Abwehrschwäche noch 2 und 4 Monate nach der Infektion Viren über den Atmungs- und Verdauungstrakt ausscheiden können, ohne Symptome haben zu müssen.1

 

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Hilft die Impfung bei Long-/Post-COVID-19?

Eine Aktivierung der Abwehrkräfte könnte mit einer Corona-Impfung nach der Infektion erreicht werden. Bei einer Studie wurde ein Teil von Patienten, die wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt wurden und unter Spätfolgen litten, geimpft und ein anderer Teil der Patienten nicht. Ergebnis: 23,2 % der Geimpften und 15,4 % der Nicht-Geimpften ging es nach einem Kontrollzeitraum besser.

5,6 % der Geimpften und 14,2 der Ungeimpften ging es schlechter. Auch wenn der Nutzen der Impfung unverkennbar ist, ist er doch zu unausgeprägt, um sie zur Therapie von Long-/Post-COVID einzusetzen. Sie wird derzeit nur für innerhalb von Studien empfohlen. Routinemäßig wird nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission erst 6 Monate nach der Erkrankung eine einmalige Impfung empfohlen.1

 

Was tun bei dem Gefühl, Long-/Post-COVID-19 zu haben?

Wenn Sie als Genesene*r glauben, dass die Symptome der Erkrankung kein Ende nehmen oder sogar noch neue auftauchen, beobachten Sie Ihre Symptome genau und informieren Sie Ihren Arzt. Wenn nach sechs bis acht Wochen immer noch Atemnot auftritt, sollte das laut Prof. Dr. med. Vogelmeier, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Lungenstiftung e. V., unbedingt untersucht werden.

Das Long-/Post-COVID-19-Syndrom sei immer noch kein festes Krankheitsbild, sagt er. Konkrete Anhaltspunkte für Ärzte gibt nun die erste, am 12. Juli 2021 erschienene Leitlinie zur Diagnose und Therapie der einzelnen Krankheitsbildern, die auch Grundlage dieses Artikels ist.6  

 

Wie sieht die hausärztliche Versorgung aus?

Am Anfang sollte eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung mit einschließlich funktionellem, neurologischem und psychischen Status stehen. Schwerpunkt liegt auf den neu aufgetretenen oder durch die Erkrankung vermehrt symptomatischen Einschränkungen.

Zur Basisdiagnostik zählen die Untersuchung von Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz, Temperatur , Sauerstoffsättigung, bestimmten Laborwerten und Test-Fragen zu Erschöpfungszuständen (Fatigue), Schmerzen, depressiven Verstimmungen, Angststörungen und Einschränkungen in den Bereichen Wahrnehmung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Konzentration.

Bei Bedarf leitet der Hausarzt eine psychosomatische Versorgung, symptomorientierte Therapie, psychosoziale Betreuung oder spezialisierte Behandlung bzw. rehabilitative Maßnahmen ein. Er kann die Behandlung bei Physio-, Ergo-, Logo-, Ernährungstherapeut*innen verschreiben oder zu einer Psychotherapie überweisen. Da es keine spezifische Long-/Post-COVID-19-Therapie gibt, müssen Hausarzt und Fachärzte die Symptome behandeln:

Bei jüngeren Patienten sind dies meist Husten, Atemnot oder Fieber. Ältere Betroffene klagen eher unter Erschöpfung, Verwirrtheit, Gedächtnis- und Konzentrationsschwäche und Sturzgefahr.1

 

 

Fatigue – totale Erschöpfung auf allen Ebenen

Unter Fatigue versteht man eine stark einschränkende Erschöpfung auf körperlicher, geistiger und/oder psychischer Ebene. Sie steht in keinem Verhältnis zu den vorausgegangenen Anstrengungen und wird auch durch Erholung und Schlaf nicht besser. Fatigue ist ein sehr häufiges Symptom von Long-/Post-COVID.

In einer Studie mit 1655 COVID-Patienten litten 6 Monate nach stationärer Behandlung 63 % an Fatigue oder Muskelschwäche. In einer anderen Studie litten von 458 Probanden, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren, aber nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten, nach 4 Monaten 46 % an dem Erschöpfungssyndrom.

Auch Kinder und Jugendliche leiden an einer Fatigue in Kombination mit Kopfschmerzen, Atemnot und Geruchsverlust. Die Long-/Post-COVID-Fatigue trifft alle Altersgruppen und überwiegt in geringem Maße bei Frauen. Fatigue-Zustände mit Belastungsintoleranz nach durchgemachten Infektionen durch Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen (Malaria, Amöbenruhr u.a.) oder Autoimmunerkrankungen sind seit mehr als 100 Jahren bekannt und treten leider auch nach einer Corona-Infektion oft und stark auf. Die Ursachen werden noch diskutiert. Die Diagnose wird durch Ausschluss anderer Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen und durch Fragebögen7, 8 gestellt.1 

Ziele einer Therapie der Fatigue sind die Linderung der Symptome und das Verhindern einer Chronifizierung. Empfohlen werden Förderung des Schlafs, Stärkung des Kreislaufs, körperliche Aktivität, Schmerztherapie, Entspannung, Stressreduktion, Stärkung persönlicher Ressourcen (Kraftquellen) und allgemeine Förderung der Gesundheit. Wenn das nicht genügt, helfen auch Psychopharmaka oder eine Psychotherapie.1

 

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Wenn die Haut nach einer COVID-19-Infektion krank wird

Ein Long-/Post-COVID-19-Syndrom führt bei etwa 25 % der Patienten zu unterschiedlichsten Formen der Hauterscheinungen, wie Quaddeln, Bläschen, große Blasen, Knoten, masernähnlicher Ausschlag spwie bläuliche streifen- oder netzartige Verfärbungen. Vor allem bei jüngeren Patienten mit nur wenigen Symptomen kann ein COVID-Zeh, d.h. eine bläuliche, kissenartige Verdickung über dem kleinen Zeh, aber auch über den Fingergelenken auftreten.

Ein Viertel der Patienten leidet über Wochen bis Monate an Haarausfall. Auch Rhagaden (Hauteinrisse), Handekzeme oder eine Hyperästhesie, d.h. eine Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen, sind beobachtet worden. Als Ursachen kommen Thrombosen in kleinen Hautgefäßen, Ödeme, bindegewebige Umwandlungen von Hautgewebe und entzündliche Prozesse in Frage.

Zur Diagnose sollten Nebenwirkungen durch Medikamente ausgeschlossen und Verschlimmerungen von Schuppenflechte und Lupus erythematodes, die bei COVID-19 ausgelöst werden können, beachtet werden. Bei Juckreiz können Antihistaminika und kühlende Auflagen helfen. Bei entstellenden Hautstörungen können kurzfristig Kortikosteroide („Kortison“) angewendet werden. Bei seelischer Belastung kann eine psychosomatische Betreuung hilfreich sein.

In den meisten Fällen jedoch heilen die COVID-19-bedingten Hauterscheinungen spontan und ohne Behandlung innerhalb weniger Wochen ab.1

 

 

Riech- und Geschmackstörungen – auch nach der akuten COVID-19-Infektion noch oft beklagt

40 % der COVID-19-Erkrankten leiden an einer Störung oder dem Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns. Die Störungen sollten mit einem Fragebogen und einem Dufterkennungs-Test, ggf. auch einem MRT des Riechkolbens objektiv festgestellt werden. Der Verlauf der Riech- und Geschmackstörungen wird als günstig eingestuft: In 90 % der Fälle können die Patienten nach 6 Monaten wieder riechen und schmecken, bei 5 bis 20 % bleiben spürbare Einschränkungen zurück.

Als Therapie wird ein Riechtraining vorgeschlagen, um die Geruchs-Nervenzellen in der Riechschleimhaut wieder anzuregen. Dazu wird an 4 Düften, wie Rose, Zitrone, Eukalyptus und Gewürznelke morgens und abends je 30 Sekunden gerochen. Wenn sich die Riechstörung nach 4 bis 12 Wochen nicht zurückgebildet hat, sollte ein HNO-Arzt oder Neurologe aufgesucht werden.1 

 

Erkrankungen von Herz und Kreislauf nach einer COVID-19-Infektion

Komplikationen im Herz-Kreislauf-System sind in den ersten 6 Monaten nach der COVID-19-Infektion deutlich erhöht. Dazu zählen venöse Thrombosen, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Lungenembolien oder eine Herzinsuffizienz. Die Häufigkeit steht in direktem Bezug zum Schweregrad der Infektion: Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, sind fast doppelt so stark gefährdet als Patienten mit einer ambulanten Behandlung während der COVID-19-Infektion.

Im Vergleich zu Patienten, die eine Pneumonie (Lungenentzündung) während einer Influenza durchgemacht haben, ist das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle nach COVID-19 um 30 bis 50 % erhöht. Häufige Symptome sind Atemnot, besonders unter Belastung, Schmerzen in der Brust, seltener starkes Herzklopfen und Herzrasen. 

Als Ursachen geht man neben der direkten und fortbestehenden Virusinfektion des Herzens von den Folgen der ganzkörperlichen Entzündung und Mechanismen des Immunsystems aus: Es kann zu einer Schädigung der Herzmuskelzellen und einem bindegewebig-fettigen Umbau des Herzens mit einer verringerten Pumpfunktion, Herzrhythmusstörungen, Störungen des vegetativen Nervensystems, z.B. Herzrasen, kommen.

Bei etwa 10 % der Patienten findet sich 4-6 Monate nach der COVID-19-Infektion eine Einschränkung der Pumpfunktion der linken Herzkammer. Alle Patienten, die in der akuten Erkrankung Komplikationen mit dem Herz-Kreislauf-System hatten, sollten sich nach etwa 6-12 Wochen nachuntersuchen lassen. Das trifft umso dringender bei anhaltenden Symptomen wie Atemnot und Herzrasen bei Belastung, Schmerzen im Brustraum und Abgeschlagenheit zu. 

Hochleistungssportler mit Herz-Kreislauf-Komplikationen während der akuten Erkrankung sollten auf jeden Fall eine MRT-Untersuchung des Herzes mit dem Nachweis, dass der entzündliche Prozess im Herzmuskel vollständig aufgelöst ist, durchführen lassen, bevor sie wieder intensiv Sport treiben. – Als Therapie werden je nach Symptomen Antikoagulantien („Blutverdünner“), Beta-Blocker oder ein langsam gesteigertes Ausdauertraining empfohlen.1

 

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Neurologische Beschwerden nach einer COVID-19-Infektion

Neben der Fatigue und den anhaltenden Geruchs- und Geschmacksstörungen zählen Konzentrations-, Gedächtnis-, Sprachstörungen sowie Kopf- und Muskelschmerzen zu den häufigsten neurologischen Beschwerden. Gerade die kognitiven Defizite in Bezug auf Konzentration, Gedächtnis, planerisches Denken, Wortfindung und Sprache sind bei ¾ der Fälle zu finden, für die eine Rehabilitation notwendig ist, sowohl bei leichten wie auch schweren Verläufen der akuten Erkrankung.

Möglich sind außerdem Schlaganfälle, Hirnnervenausfälle, Muskelentzündungen, das Guillain-Barré-Syndrom mit Missempfindungen und Lähmungen oder eine autoimmun bedingte Gehirn-Rückenmarks-Entzündung (Enzephalomyelitis). Nach Diagnose und Akutbehandlung werden Physio- und Ergotherapie, neuropsychologische und sozialpädagogische Unterstützung und bei Bedarf eine Neurorehabilitation, Thromboseprophylaxe oder Kortikoidtherapie durchgeführt werden.1

 

Schmerzen als Symptom einem Long-/Post-COVID-Syndrom

Neu aufgetretene, chronische Schmerzen zeigen sich häufig nach einer durchgemachten COVID-19-Infektion. Studien berichten von anhaltenden Kopfschmerzen mit einer Häufigkeit von 44 % und Gliederschmerzen bei 19 % der Betroffenen. Auch Muskel- und Nervenschmerzen können auftreten. Die meisten dieser Symptome verringern sich innerhalb von 2 bis 6 Monaten. Neben der medikamentösen Therapie sollten eine physikalische Medizin und psychosomatische Behandlung in Betracht gezogen werden.

 

Long-/Post-COVID bei Kindern

Die meisten mit COVID-19-erkrankten Kinder haben keine oder nur wenig Symptome. Ein kleiner Teil der akut infizierten Kleinen leidet jedoch unter schweren Verläufen oder entwickelt 2 bis 6 Wochen nach der Infektion ein entzündliches Multisystem-Syndrom, d.h. eine postvirale Entzündungsreaktion. Sie wird MIS-C, PIMS-TS oder Kawasaki-like-Syndrom genannt. Systematische klinische Studien stehen jedoch noch aus.

Außerdem gilt es als schwierig, Long-/Post-Covid von anderen seltenen, schweren Erkrankungen abzugrenzen, an denen Kinder leiden können, z.B. Zöliakie. Die Symptome bei Kindern mit Long-/Post-COVID sind ähnlich wie bei Erwachsenen.

Bei der Befragung von 510 Kindern als Patient*innen leiden 88% an Schwäche und Müdigkeit, 80% an Fatigue, 80 % an Kopfschmerzen, 76 % an Bauchschmerzen, 68 % an Muskelschmerzen, 57 %  an verringerter Belastbarkeit und 52 % an einem Hautausschlag. Auch bei Kindern ist bisher keine kausale Therapie bekannt.

Es werden individuell die Symptome behandelt.

 

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Welche Beschwerden im Atmungstrakt Long-/Post-COVID-19 verursachen kann

Atemnot (Dyspnoe) und unspezifische Beschwerden im Brustraum sind häufige Symptome, die 3 bis 6 Monate nach der Erkrankung auftreten. Auch unter Husten leiden häufig Patienten 6-12 Wochen nach der Erkrankung. Die Beschwerden müssen mit Lungenfunktionstests, Röntgen, bei Bedarf anderen bildgebenden Verfahren und ggf. einer Diagnose von Herz und Kreislauf unter Berücksichtigung der Vorerkrankungen abgeklärt werden.

Als Therapie werden die Behandlung der Symptome, Atem- und Physiotherapie empfohlen. Falls sich die Symptome nicht bessern und bei starker Symptomatik, können Corticosteroide (Kortison) inhaliert oder Medikamente zur Entspannung der Bronchialmuskulatur eingesetzt werden. Nach bisheriger Erfahrung nehmen die krankhaften Veränderungen nach 60 bis 100 Tagen ab. Ob und wie es zu einer bindegewebigen Umwandlung des Lungengewebes kommt, ist bisher unklar.

 

Psychische Symptome als Folge einer COVID-19-Infektion

Die Zahl der Häufigkeit psychischer Beschwerden schwanken je nach Studie. Bei einer Untersuchung auf verschiedenen Kontinenten (Amerika, Asien, Europa) wurden im Zeitraum von drei Wochen und drei Monaten nach der Erkrankung bei 60% der Patienten Fatigue, bei 42 % Depressionen, bei 42 % Angststörungen, bei 34 % ein Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS), bei 20 % Stresssymptome und bei 20 % Zwangsstörungen festgestellt.

Ein erhöhtes Risiko für psychische Beschwerden bei Long-/Post-Covid besteht bei psychischen und psychosomatischen Vorerkrankungen und Stress. Stress trägt grundsätzlich dazu bei, dass Infektionskrankheiten sich verschlechtern und chronisch werden. Bei Depression und Schlafstörungen geht man zusätzlich von krankhaften Prozessen im Immunsystem (Überreaktion) als begünstigende Faktoren aus.

Als Therapie werden genügend Zeit zur Erholung und Regeneration, Psychotherapie und/oder eine medikamentöse Behandlung, Ergo- und Entspannungstherapie, bei Schlafstörungen zudem das Führen eines Schlaftagebuchs und bei starker Symptomatik eine psychosomatische Rehabilitation empfohlen.1

 

Long-/Post-Covid-Erkrankte auch mit natürlichen Methoden unterstützen

In der anthroposophisch orientierten Klinik Arlesheim in der Schweiz werden Patient*innen mit COVID-19 wie auch mit Long-/Post-Covid kombiniert schulmedizinisch und ganzheitlich behandelt.

Nach der Erfahrung von Dr. med. univ. Severin Pöchtranger profitieren gerade die Long-/Post-COVID-Patient*innen von der Komplementärmedizin: Schlehe, Brutblätter, Christrose und pflanzensaure Eisenpräparate sind aus seiner Sicht genauso hilfreich zur Unterstützung der Genesung wie Rhythmische Massagen, Musik-, Kunst- und Sprachtherapie, Physiotherapie sowie Heileurythmie.9

Auch andere ganzheitlich arbeitende Kliniken und Reha-Zentren integrieren in ihre Behandlung natürliche Methoden, um die Selbstheilungskräfte anzuregen.

 

 

Wo finden sich auf Long-/Post-COVID spezialisierte Reha-Kliniken?

In Deutschland sind z.B. diese Reha-Kliniken10 (https://www.qualitaetskliniken.de/) auf die Therapie der Spätfolgen von COVID-19 spezialisiert. Ansonsten fragen Sie Ihren Haus- oder Facharzt nach Post-COVID-Ambulanzen an Uni- und anderen Kliniken in Ihrer Nähe.

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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