© canva.com

Corona-Pandemie: Tipps gegen Rückenschmerzen durch Homeoffice

Kommentar schreiben Aktualisiert am 25. Februar 2021

Rückenschmerzen zählen in Deutschland zu einem großen gesundheitlichen Problem. Rund 76 Prozent der Bürger leiden zumindest einmal jährlich an Rückenschmerze. Knapp 85 Prozent der Bevölkerung sind einmal im Leben davon betroffen.1

 

Damit einher gehen je nach Schmerzintensität und zeitlichem Umfang erhebliche Begleiterscheinungen: Minimierung der Lebensqualität, ein eingeschränkter Alltag, längere Krankheitsphasen oder sogar Depressionen. Wir haben für Sie recherchiert, auf was sie achten sollten, während Sie in der Coronapandemie im Home Office arbeiten und auf Fitnesscenter verzichten müssen.

 

 

 

 

Wie viele Deutsche leiden unter Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen zählen in Deutschland seit Jahren zur „Volkskrankheit Nr. 1“ und das aus guten Gründen. Im Jahr 2017 ließ sich fast jede 10. Krankschreibung bei der Techniker Krankenkasse auf Rückenprobleme zurückführen. Bei rund 5,1 Prozent wurden explizit Rückenschmerzen als Krankheitsursache angegeben.2

 

Rückenschmerzen zählen jedoch nicht nur zu den Hauptursachen für Fehlzeiten, sondern auch zu den Hauptgründen für längere Arbeitsunfähigkeiten und Frühberentung. Fast jeder 20. Versicherte einer Betriebkasse war im Jahr 2015 ein- bis mehrmalig aufgrund von Rückenschmerzen beim Arzt, das entspricht annähernd 38 Millionen Arztbesuchen pro Jahr.3 Selbst die Global-Burden-Disease-Studie benennt als siebte Ursache für verlorene Jahre mit gesunder Lebensqualität Kreuzschmerzen („Low back pain“).4 Durch Rückenschmerzen entstehen dem deutschen Gesundheitssystem zudem Kosten von bis zu 49 Milliarden Euro pro Jahr.5 Der Schätzwert gibt laut einer Veröffentlichung im Bundesgesundheitsblatt die Summe aus Versorgungsmittel und Opportunitätskosten durch Produktionsausfälle und Krankheitstage an.6

 

 

Was sind die häufigsten Ursachen und Auslöser für Rückenschmerzen?

Als häufigste Ursachen für akute und chronische Rückenschmerzen gelten Fehlbelastungen, Schädigungen und erkrankungsbedingte Faktoren. Etwa können entzündliche oder degenerative Erkrankungen zu Veränderungen in Gelenken, Muskeln, Nerven oder im Bindegewebe führen, zum Beispiel bei Arthrose oder Osteoporose.7

 

Hinzu kommen innere Erkrankungen an Organen (Nieren, Abdomen), bösartige Tumoren oder gynäkologische Erkrankungen etwa durch Beckenbodenschwäche nach einer Entbindung.8

 

Zuletzt leiden viele Menschen auch nach Unfällen oder Stürzen, die sich auf den Rumpf-Halte-Apparat auswirken, an Rückenschmerzen. In über 80 Prozent der Fälle sind keine spezifischen Hinweise auf die Ursache der Rückenschmerzen erhältlich.9 Fest steht jedoch: Eine wichtige Rolle für die Ausbildung von nichtspezifischen Rückenschmerzen – also die überwältigende Mehrheit der Fälle – spielt der Lebensstil etwa aufgrund von Bewegungsmangel, aber auch Arbeitsplatzsituationen und psychosoziale Bedingungen. Offenbar ist die Fähigkeit eines Menschen, kompetent mit seinen Gesundheitsproblemen umzugehen, ein wahrer Schlüssel für ein gesundes Leben. Rund 65 Prozent aller Menschen mit Rückenproblemen trifft es im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (=Kreuzschmerzen).10 Die Schmerzen entstehen, wenn Nerven an der Wirbelsäule „gereizt“ werden.

 

Zusammengefasst entstehen Kreuzschmerzen durch folgende Faktoren:

 

  • Stress (Mobbing, Unzufriedenheit, seelische Beschwerden, Depressionen)
  • langes Sitzen
  • zu wenig Bewegung
  • verspannte Muskeln
  • Fehlbelastungen
  • Übergewicht
  • falsche „Schonhaltungen“
  • beharrliches „Durchhalten“ und Ignorieren von Schmerzen im Rücken
  • körperliche Schwerarbeit
  • stets gleichförmige Körperhaltungen
  • Rauchen, Alkoholkonsum
  • geringe körperliche Fitness

 

Wichtig ist es, neben körperlichen auch seelische Gründe in den Blick zu nehmen. Schwierige Lebensumstände tragen in den meisten Fällen zur Entstehung und Chronifizierung von Kreuzschmerzen bei. Etwa wenn jemand die Schmerzen als zu bedrohlich ansieht und sich umso mehr verkrampft. Aber auch, wenn jemand die Schmerzen ignoriert und „wegbeißt“ und somit verstärkt.11 Denn wichtig ist bei Rückenschmerzen, das wissen Ärzte und Physiotherapeuten heute: ausgeglichene Bewegung und Lebensfreude sind die beste Medizin für den Rücken.

 

 

Homeoffice-Situation im Corona-Lockdown: Tragende Rolle bei Rückenschmerzen?

Offenbar beeinflusst die Corona-Pandemie die Entwicklung von Rückenschmerzen negativ. Auf Rückfrage des NDR Schleswig-Holstein hatten Ärzte und Physiotherapeuten im September 2020 angegeben, dass es bei ihnen zu rund 10 Prozent mehr Patienten aufgrund der Homeoffice-Situation käme.12 Physiotherapeuten im Raum Lübeck hatten dort über ausgebuchte Rückenschulkurse berichtet. Ein Physiotherapeut berichtete, dass besonders das Sitzen auf der Couch zu den Beschwerden führe.13 Aber auch ungeeignete Arbeitsplätze zuhause oder das Arbeiten am Tisch in der Küche habe bei vielen zu Verspannungen und Schmerzen geführt.14

 

Das sieht auch Arndt Fengler, Physiotherapeut, Osteopath und Faszienexperte mit Praxis in Hannover verstärkt aufkommen: „Als Therapeut zeigt sich derzeit in meiner täglichen Arbeit mit Patienten, dass sich mehr als 30 Stunden wöchentliche Sitz-Zeit kaum durch zusätzliches Training ausgleichen lässt.“15 Es sei absolut wichtig, dem Körper auch während des Arbeitstages kleine Bewegungspausen zu gönnen und die Körperhaltungen so abwechslungsreich wie möglich zu wählen. „Ich empfehle Menschen im Homeoffice, während ihrer Telefonate aufzustehen und den heimischen Arbeitsplatz so gestalten, dass zwischen sitzender und stehender Position gewählt werden kann“, pflichtet Arndt Fengler bei.16 Dies beuge Verspannungen im Hüftbeuger – dem Iliopsoas – vor und schütze vor unangenehmen Kreuzschmerzen.17 Auch Krankenkassen empfehlen inzwischen, den Platz öfter zu wechseln und gezielt Rückentraining in den Homeoffice-Alltag einzubauen. Die Techniker Krankenkasse empfiehlt beispielsweise gezielte Übungen für daheim, die auch Dehnungen der Oberschenkelrückseite mit einschließt.18  

 

 

5 einfache Tipps für Zuhause, die den Rücken stärken und Schmerzen vorbeugen

Folgende fünf einfache Tipps lassen sich Menschen auf den Weg geben, die an Rückenschmerzen leiden. Ausschlusskriterien für diese Empfehlungen sind medizinische Warnhinweise auf Krebs, Wirbelbrüche, Infektionen durch Erreger, Nervenschäden und die Rheuma-Sonderform „axiale Spondyloarthritis“. Diese muss der Arzt betasten und beurteilen.

 

Als erster Tipp gilt, alltägliche körperliche Bewegungen weitestgehend aufrechtzuerhalten oder wieder so rasch wie möglich schrittweise aufzubauen. Die Empfehlung lautet: „Bleiben Sie mobil!“ Auch wenn es unangenehm sein mag – sofern der Arzt oder Physiotherapeut bestimmte Bewegung nicht ausgeschlossen hat – fördert Bewegung die schnellere körperliche Genesung. Auch verhindert Mobilität, dass die Rückenschmerzen zum dauerhaften Begleiter werden. Unternehmen Sie längere Spaziergänge oder suchen Sie sich eine rückenschonende und zugleich rückenstärkende Sportart wie Wandern, Schwimmen oder Radfahren.19 Auch Reinhard Schneiderhahn von der Wirbelsäulenliga gibt den Ratschlag, sich gezielt zu bewegen, etwa im Vierfüßlerstand einen Katzenbuckel zu machen und beim Einatmen wieder leicht ins Hohlkreuz zu gehen.20 Auch Yoga oder Krankengymnastik sind sehr heilsam. Doch nicht nur übertriebener Sport, sondern auch Bettruhe sind bei Kreuzschmerzen eher schädlich. Denn: Studien belegen, dass Ruhe bei Rückenschmerzen den Muskelabbau beschleunigt und so den Heilungsprozess verlangsamt.21

 

Als zweiten Tipp empfehle ich, kleine alltägliche Veränderungen einzubauen sowie schmerzlindernde Medikamente einzunehmen. Etwa indem man regelmäßig aufsteht und sich bewegt, die Sitz- oder Stehposition öfter wechselt oder den Arbeitgeber auf ergonomische Sitzmöbel anspricht. Auf jeden Fall sollten Sie zunächst so niedrig wie möglich dosierte Schmerzmittel (NSAR) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Metamizol einnehmen, damit Sie die Beschwerden nicht durch falsche Schonhaltungen verstärken.22

 

Ein dritter Tipp ist die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Dies hat sich besonders bei chronischen Rückenschmerzen bewährt. Hierbei werden Muskeln einzelner Körperteile nach und nach zuerst gespannt und anschließend wieder gelockert. Die An- und Entspannung der Muskeln lässt die Schmerzen abklingen und fördert die mentale Entlastung.23

 

Ein wunderbarer vierter Tipp ist derjenige, sich über die genaue Form seiner Rückenschmerzen zu erkundigen und über mögliche Therapieformen bei Ihrem Arzt, im Internet oder bei Ihrem Physiotherapeuten oder Osteopathen. Das Motto „Wissen ist Macht!“ zählt insbesondere auch für die Gesundheit. Je mehr ein Patient über seine Rückenbeschwerden weiß, umso besser wird er mit ihnen umgehen und umso eher werden sich Rückenschmerzen bessern oder weniger rasch verschlimmern.24

 

Als fünften Tipp – wenn ernste Warnhinweise für Nervenschäden, Wirbelbruch, Infektionen, Rheuma und Krebs vom Arzt ausgeschlossen sind – können Sie das Gelenk von einem Therapeuten gezielt mobilisieren oder Muskelverkrampfungen therapeutisch lösen lassen. Der Therapeut achtet darauf, dass die Wirbelsäule nicht über die natürliche Beweglichkeit hinaus strapaziert wird.25

 

Ernsthafte Ursachen ausschließen: Wann doch besser zum Arzt?

In der Regel haben Rückenschmerzen keine ernsthafte Ursache. Dennoch sollte jeder Patient, der erstmalig und besonders intensiv an Schmerzen des Rückens leidet, die Schmerzen zunächst einmal bei seinem Arzt abklären lassen. Nur ein Hausarzt oder Orthopäde kann ausschließen, dass es sich bei akuten oder chronischen Schmerzen nicht um einen Wirbelbruch, eine Krebserkrankung oder eine Entzündungen durch Krankheitserreger handelt. Auch können Rückenschmerzen durch Nervenschäden oder entzündlich-rheumatische Veränderungen entstehen, die ebenfalls ein Arzt behandeln sollte.

 

Folgende Symptome sprechen dafür, dass es sich um einen Wirbelbruch handeln könnte: Sie hatten einen Unfall oder einen Sturz. Der Schmerz entstand nach schwerem Heben – hier könnte es sich um einen Wirbelbruch aufgrund einer Osteoporose handeln. Auch wenn Sie längere Zeit mit Kortison behandelt wurden, kann es zu Wirbelbrüchen kommen.

 

Für eine Entzündung (Infektion) mit Krankheitserregern sprechen Fieber und Schüttelfrost sowie starke nächtliche Schmerzen. Wenn die Schmerzen allerdings in die Beine ausstrahlen, sollten Nervenschäden vom Arzt ausgeschlossen werden. Das Gleiche gilt für Lähmungen und Gefühlsstörungen.

 

Entzündlich-rheumatische Rückenschmerzen (Spondyloarthritis) äußern sich durch Morgensteifigkeit, einen schleichenden Schmerzbeginn, Besserung bei Bewegung und Verschlechterung in Ruhe, mehr als 12-wöchige Kreuzschmerzen, eventuell auch begleitende Schuppenflechte, Darmerkrankung, Gelenk- und Sehnenentzündung und Augenhautentzündung.

 

Auf Krebserkrankungen mit Rückenschmerzen weisen dagegen Krebs in der Vorgeschichte hin, oder auch Appetit- und Gewichtsverlust, zunehmende Schmerz in Rückenlage und starke nächtliche Schmerzen oder Schmerzen in Ruhe.26

Beiträge die Sie auch interessieren könnten

Quellen anzeigen

Maria Köpf
Autor: Maria Köpf

Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.

Schreib einen Kommentar

help
help
help

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Zu unseren Datenschutzbestimmungen.