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PTA-Reformgesetz: eine Reform light?

Kommentar schreiben Dienstag, 26. November 2019

Pharmazeutisch-technische Assistenten sind aus dem heutigen Apothekenalltag nicht mehr wegzudenken. Im letzten Jahr feierte die größte1 und jüngste Berufsgruppe in deutschen Apotheken ihren 50. Geburtstag. Zeit, das Berufsbild mit einer Reform an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Doch gehen die bisher geplanten Neuregelungen weit genug, um mit der Zustimmung des Bundesrates rechnen zu können?

 

Es ist heute kaum vorstellbar, dass die Einführung des Berufs des Pharmazeutisch-technischen Assistenten (im folgenden vereinfacht PTA  genannt) vor über 50 Jahren so hohe Wellen schlug. Bereits 1954 wünschten sich Befürworter eine zusätzliche pharmazeutische Berufsgruppe um sich »von untergeordneten Aufgaben zu befreien«. Mit der Neustrukturierung der Ausbildungsordnung für Apotheker fiel der bisherige Assistenzberuf Apothekerassistent weg und ein Ersatz musste her. Doch nicht alle Apotheker waren von dieser Idee überzeugt. Grund waren nicht unbedingt fachliche Einwände, sondern eher standespolitische Bedenken: die Approbierten fürchteten eine Abwertung ihres Berufes und bangten um ihre Existenz. Nach langen kontroversen Diskussionen trat am 24. März 1968 dann endlich das Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten in Kraft und eine neue pharmazeutische Berufsgruppe war geboren.2

 

Heute stagniert die Berufswahl zur PTA

 

Obwohl PTA die größte pharmazeutische Berufsgruppe darstellen, sind die Ausbildungszahlen rückläufig.1 Immer weniger Schulabgänger entscheiden sich für die 2,5-jährige Ausbildung, PTA- Schulen müssen Klassen zusammenlegen3 oder gar ganz schließen4. Der Beruf der PTA hat an Attraktivität verloren und die Gründe sind vielfältig. Vielleicht liegt es dran, dass die wenigsten Influencer, die heute einen nicht unerheblichen Einfluss auf Jugendliche ausüben, im Hauptberuf PTA sind. Die Arbeitswelt der Apotheke mag von außen als eher spießig, konservativ und überkorrekt wahrgenommen werden - Eigenschaften die zwar überspitz formuliert sind, die aber Grundanforderungen für verantwortungsvolles Arbeiten mit teils hochpotenten Arzneistoffen und einer fachlich kompetenten Patientenberatung darstellen.

 

Es mag aber auch an der Ausbildungsstruktur liegen. Die Ausbildung zur PTA umfasst zwei Jahre Unterricht auf einer staatlich anerkannten Berufsfachschule und im Anschluss ein sechsmonatiges Praktikum in einer Apotheke. PTA-Schüler verdienen in den ersten beiden Ausbildungsjahren an den Berufsschulen kein Geld. Ist die Schule nicht staatlich gefördert, muss ein teilweise nicht unerhebliches monatliches Schulgeld aufgebracht werden. Der Verdienst während des Praktikums fällt mit 708 Euro brutto eher dürftig aus.5

Des Weiteren machen lange Öffnungszeiten und Wochenendarbeit die Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke oft unattraktiv.

 

Fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen sind weitere Gründe, die gegen die Berufswahl sprechen. Die Bayerische Landesapothekerkammer bietet beispielsweise Weiterbildungsmöglichkeiten zur „Fach-PTA“ in verschiedensten Fachbereichen an.6 Diese Zusatzqualifikationen sind allerdings mit beachtlichen Kursgebühren verbunden und machen sich in der Praxis dann selten beim Gehalt der weitergebildeten PTA bemerkbar.

In einem Online-Forum für PTA wurde auf die Frage, ob sich die Weiterbildung lohnen würde, unter anderem folgende Antwort gegeben: "Ich bin ehrlich gesagt, ein wenig frustriert, dass es immer noch so viele von Euch gibt, die sich mit sowas abspeisen lassen!“ Ein bisschen mehr ‚Kompetenz‘ da, ein kleines Zuckerl dort, man darf sich Fach-PTA auf den Kittel schreiben UND?“ Und weiter „…als PTA hat man null Möglichkeiten für einen WIRKLICHEN beruflichen Aufstieg. Zumindest nicht in der Pharmaziebranche. Soweit mein nüchternes Fazit“.7

 

PTA-Beruf soll dank PTA-Reform attraktiver werden

 

Um dem Negativtrend entgegenzuwirken, sollen das Berufsbild und die PTA-Ausbildung an die geänderten Anforderungen im Apothekenalltag angepasst werden. Laut Bundesgesundheitsministerium beschloss der Bundestag am 14.11.2019 das "Gesetz zur Weiterentwicklung des Berufsbildes und der Ausbildung der pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und pharmazeutisch-technischen Assistenten" (PTA-Reformgesetz).8 Die geplante Neuregelung soll zum 01.01.2021 in Kraft treten. Der Bundesrat muss der Reform allerdings noch zustimmen.

 

Das bisherige "Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten“ wird dann durch das PTA-Reformgesetz ersetzt. Das Berufsbild, die Zugangsvoraussetzungen und die Ausbildungsstruktur sollen demnach entsprechend an die heutigen Anforderungen angepasst und die Begrifflichkeiten zeitgemäß formuliert werden.

 

Durch eine Anpassung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung soll ein Schwerpunkt auf die Stärkung der Beratungskompetenz gelegt werden. Die Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten und die fachgemäße Beratung der Patienten stellen heutzutage eine der Hauptaufgaben von PTA dar. Die Vermittlung der pharmazeutisch technologischen Kompetenz müsse unabhängig davon weiterhin gewährleistet bleiben.

 

Die Ausbildungsdauer von 2,5 Jahren bleibt zunächst bestehen. Die Auszubildenden sollen während der praktischen Ausbildung in einer Apotheke eine angemessene Vergütung erhalten, die im Ausbildungsvertrag explizit festgelegt wird. Die Schulgeld-Frage werde in ein Gesamtkonzept zur Reform der Gesundheitsfachberufe einbezogen.

 

In der Apothekenbetriebsordnung werde geregelt, dass erfahrenen PTA unter bestimmten Voraussetzungen erweiterte Kompetenzen übertragen werden können. Hierzu gehören zum Beispiel das Abzeichnen von Prüfprotokollen. Eine Vertretung der Apothekenleitung sei weiterhin nicht vorgesehen.9

 

Nun ist der Bundesrat am Zug

 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schlägt bei der PTA-Reform einen strammen Schritt ein. Die Bundesregierung beschloss im Oktober ihre Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats ohne Aussprache. Die Vorschläge und Änderungswünsche der Länder finden beim Bundeskabinett nicht viel Anklang – die Mehrheit wurde abgelehnt. Die Länder sprechen sich unter anderem für eine Verlängerung der Ausbildungssdauer auf drei Jahre aus.10

 

Pharmazeut Burkhard Pölzing ist seit 2016 Schulleiter der PTA-Schule Osnabrück. In einem Interview mit Apotheke-adhoc warnt er vor einem Fachkräftemangel. Er sieht die von den Ländern, Adexa und BVpta geforderte Verlängerung der PTA-Ausbildung von zweieinhalb auf drei Jahre kritisch: „Die Verlängerung kurbelt den Fachkräftemangel deutlich an“. Die Zahl der Schulabgänger werde in der gleichen Zeit um 20 Prozent abnehmen. Schon jetzt herrscht in vielen Apotheken aber PTA-Mangel und es sei fraglich ist, ob diese Lücke gefüllt werden kann. Es müssten „20 Prozent mehr Schüler in einer Klasse unterrichtet“ werden, um dies auszugleichen. Außerdem muss die Zahl der PTA-Schulen erhöht und dadurch auch die Zahl der Lehrkräfte aufgestockt werden. Zur Finanzierung benötigen die Schulen dann aber auch mehr Geld.

 

Seiner Meinung nach erhöht eine Verlängerung der Ausbildungszeit nicht zwangsläufig die Attraktivität der Ausbildung. „Seit 1993 die Apothekerhelfer-Ausbildung in die dreijährige PKA-Ausbildung umgewandelt wurde, ist die Zahl der Azubis rückläufig.“ Für die PTA-Schüler kämen weitere Kosten beispielsweise für Miete und Verkehrsmittel hinzu und sie kämen sechs Monate später in die Vollbezahlung.11

 

Als Kompromiss für die bestehende Ausbildungsdauer von 2,5 Jahren soll nun frühestens im Jahr 2028 die PTA-Ausbildung erneut unter die Lupe genommen werden.12

Es bleibt nun die Reaktion der Länder abzuwarten, denn das PTA-Reformgesetz ist zustimmungspflichtig. Der Bundesrat muss also die Gesetzesänderung befürworten; wird kein gemeinsamer Konsens erreicht kann dieser das Gesetzt in letzter Konsequenz sogar gänzlich stoppen.

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Linda Künzig
Autor: Linda Künzig

Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.

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