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Hype um CBD Hanföle: Rezeptfrei erhältlich und häufig nachgefragt

Kommentar schreiben Freitag, 19. Oktober 2018

CBD Hanföle liegen auf den ersten Plätzen bei Google Analytics und werden bei Amazon und Ebay vermehrt nachgefragt. Für Käufer von CBD Hanfölen gilt bislang: Cannabisprodukte mit maximal 0,2 Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) werden nicht strafrechtlich verfolgt und gelten in Deutschland als legal. Was Käufer oft nicht wissen: einen medizinischen Nutzen bieten hauptsächlich die rezeptpflichtigen Cannabisformen.

 

Medizinisches Cannabis auf Rezept

 

Seit dem 10. März 2017 darf Cannabis für medizinische Zwecke von deutschen Ärzten erweitert verordnet werden. „Cannabisblüten“ oder „Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität“ sind nun auf BtM-Rezept erhältlich – und Cannabisblüten können als Reinform inhaliert oder als Tee eingenommen werden. Zuvor durften nur die Fertigarzneimittel Sativex® und Canemes® und das Rezepturarzneimittel Dronabinol mit Cannabisbestandteilen verordnet werden. Damit sind in Deutschland inzwischen bereits fünf Cannabisformen auf Rezept erhältlich.

 

Für medizinische Zwecke werden prinzipiell die Cannabinoide und Terpene beziehungsweise Terpenoide genutzt. Zu den wichtigsten Cannabinoiden gehören Delta-9-Tetrahydrogencannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Bei der Nutzung von Cannabis wird das gewonnene Harz der Hanfpflanze vorzugsweise aus weiblichen Blüten – diese enthalten mehr THC – oder aber die getrockneten Blüten und Pflanzenspitzen vearbeitet.

 

Hohe Nachfrage im Netz nach CBD Hanföl

 

Anders verhält es sich jedoch mit CBD Hanfölen oder CBD Hanfextrakten. Im Internet werden diese Cannabidiole (CBD) seit einiger Zeit vermehrt beworben und vertrieben. Welche Mythen und Hoffnungen sich ums Thema Cannabisöl und Cannabisextrakt ranken, veranschaulicht ein Leserkommentar auf der Plattform CBD360.de.

 

Ein Patient fragt hier im April 2017 eindringlich: „Ich habe Lungenkrebs. Ich brauche Cannabis-Öl mit THC. Kann mir jemand helfen, wo ich das Öl mit THC kaufen kann?“ Die Betreiber der Plattform antworten korrekt: „Cannabisöl mit THC ist in Deutschland nicht legal erhältlich. Wir können dir nur das pure CBD an`s Herz legen. In Deutschland die einzige Möglichkeit. In den Niederlanden gibt es möglicherweise solches Öl zu kaufen - jedoch ist die Einfuhr nach Deutschland nicht erlaubt.“

 

Beworben wird CBD im Netz als Mittel gegen diverse Erkrankungen. Darunter fallen Schmerz, Übelkeit, Krämpfe, Hautprobleme wie Akne, Alzheimer, chronischer Stress und Depressionen. Auch gegen Tumore, psychische Erkrankungen, soziale Phobie und Erschöpfung soll es laut seinen Befürwortern ein probates Mittel sein.

 

Hype ums Hanföl – Käufer wähnen oft falsche Inhaltsstoffe

 

Für den Hype um das Hanföl im Internet hat Prof. Glaeske, Apotheker und anerkannter Experte zum Thema Arzneimittelrisiken, eine plausible Erklärung: „Die Aufmerksamkeit für solche Produkte kommt meines Erachtens daher, dass die Wirkstoffe in Cannabis nicht ausreichen unterschieden werden“, vermutet er. „CBD-Öle ohne THC haben keine euphorisierende Wirkung, sie lindern lediglich Schmerzen. Aber vielleicht lockt die Cannabisherkunft die Käufer.“

 

Bald OTC? Cannabis mit CBD-Extrakt

 

Rechtlich ist die Situation für Cannabis, das für „Freizeitzwecke“ und ohne ärztliches Rezept genutzt wird, zwar legal, doch ambivalent.

 

Ob es in Deutschland in Bezug auf CBD-Produkte eine Grauzone gibt, wollte apomio vom Cannabisexperten Dr. Franjo Grotenhermen wissen. Dies sei nicht der Fall, erklärt Grotenhermen in seiner Antwort: „Es gibt keine Grauzone mehr, denn der Verkauf und Kauf von CBD-Extrakten ist nach wie vor legal.“

 

Zwar seien Cannabidiol-Extrakte seit Oktober 2016 apotheken- und verschreibungspflichtig. Doch akzeptiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte laut Grotenhermen weiterhin, dass CBD als Nahrungsergänzungsmittel verkauft wird.

 

Die EU-Kommission will sich laut Joscha Krauss, Geschäftsführer der MH medical hamp GmbH, bis Ende 2018 festlegen, wann CBD als Nahrungsergänzungsmittel, OTC oder verschreibungspflichtige Mittel gilt. „Interessanterweise wird 'ndustriehanf' in der BtMVV bislang von den Betäubungsmitteln ausgenommen. Auch Produkte, die aus Industriehanf gewonnen werden, unterliegen nicht der BtMVV. Dies gelte, solange sie im gewerblichen Bereich einen THC-Wert von unter 0.2 % aufweisen und für Endkundenprodukte die Richtwerte des BfR einhalten“, sagt Krauss als Mitglied des Europäischen Industriehandelsverband (EIHA).

 

Bedenklichkeit von CBD-Hanfprodukten?

 

Gegenüber apomio.de erklärt der Arzneimittelexperte Glaeske genauer, was CBD Hanfprodukte ausmacht: „Cannabidiol in Hanföl, kurz CBD, ist ein Wirkstoff, der aus den weiblichen Hanfpflanzen gewonnen wird und bei einer Vielzahl verschiedenster Krankheiten hilfreich wirken kann. Durch die Verwendung von selektiven Anbautechniken enthält das Öl einen hohen CBD Anteil, aber einen sehr geringen Anteil THC (Tetrahydrocannabinol).“ THC sei der eigentliche psychoaktive Inhaltsstoff, der hauptsächlich für die medizinische und psychotrope Wirkung von Cannabis verantwortlich ist.

 

Daher sind Cannabisöle tatsächlich in einer bestimmten Zusammensetzung frei nutzbar. So differenziert der Leiter des Länger-besser-Leben-Instituts: „Durch eine EU-Richtlinie wurde festgelegt, dass Cannabis-Produkte bis zu 0,2% THC enthalten dürfen, somit haben sie keine euphorisierende Wirkung und dürfen in Deutschland legal angewendet werden.“ Freigestellt ist auch, wie ein CBD-Produkt mit weniger als 0,2 Prozent THC angewendet wird. Es darf geraucht oder als Öl, Tee oder Keks zu sich genommen werden.

 

„Abseits von medizinischen genutzten Produkten ist THC in Deutschland illegal, da es zu einem Rausch führen kann oder 'high' macht“, erklärt Glaeske weiter. „Keine Wirksamkeit für Cannabis liegt laut Studien bei den Indikationen Depressionen, Psychosen, Demenz, Glaukom und Darmerkrankungen vor“, meint der Experte. Doch wirke Cannabis auf Grundlage der bisherigen evidenzbasierten Medizin gegen chronische Schmerzen, Spastizität bei MS, Epilepsie, cheomotherapie-bedingte Übelkeit und zur Appetitsteigerung bei AIDS

 

Großer medizinischer Bedarf an Cannabis

 

Der Bedarf an medizinischem Cannabis ist in Deutschland grundsätzlich groß. Laut Angaben der DAZ zu Zahlen des DAPI (Deutsches Arzneiprüfungsinstitut e.V.) haben deutsche Apotheken zwischen März 2017 und März 2018 insgesamt 70.553 Cannabis-haltige Zubereitungen oder unverarbeitete Cannabisblüten abgegeben. Insgesamt seien 43.516 Rezepte beliefert worden. Dies ging aus Verordnungszahlen der gesetzlichen Krankenkassen hervor. Privatrezepte waren bei den Berechnungen laut DAZ nicht inbegriffen.

 

Das Gesetz sieht vor, dass Cannabis in Deutschland voraussichtlich ab 2020 „zu medizinischen Zwecken“ angebaut werden soll. Bis dahin müssen Firmen, die Cannabisblüten oder andere Teile des Hanfs für Cannabiserzeugnisse herstellen, auf Importe aus Ländern zurückgreifen. Die Auschreibung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht 10,4 Tonnen Anbaumenge für Cannabis gerechnet auf 4 Jahre vor. Der Pharmanachrichtendienst Apotheke Adhoc geht aber davon aus, dass dies knapp bemessen sein dürfte. In Deutschland würden schätzungsweise 15.000 Patienten die Pflanze regelmäßig zu medizinischen Zwecken nutzen. 

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Maria Köpf
Autor: Maria Köpf

Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.

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