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Das E-Rezept – rückt der Endspurt näher?

Kommentar schreiben Montag, 24. September 2018

 

Das Bundesgesundheitsministerium möchte das Thema E-Rezept 2019 umsetzen. Damit steht auch Deutschland endlich in den Startlöchern“ sagt Christian Buse, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) in einer kürzlichen Presseerklärung. Nun setzt auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zum Spurt an: sie erprobt aktuell ein „eigenes“ Modell zur E-Verordnung.

 

Medi to Go“ – bald Realität?

 

Dreimal im Jahr geht Peter Mischke zum Hausarzt. Danach läuft alles wie gewohnt: Die nette Sprechstundenhilfe gibt ihm seinen Medikationsplan mit, er öffnet unterwegs die App „Medi to Go“ und tippt den Code aus seinem Medikationsplan ein. Dann hat er die Wahl: manchmal nutzt er lieber seine Versandapotheke, manchmal lieber seine Apotheke vor Ort. Schön öfters haben ihn seine beiden Lieblingsapotheken per Anruf darüber informiert, dass sich aktuelle Bestellungen nicht mit seinen vorherigen Medi-Plänen vertragen. Zum Glück konnte er sein geändertes E-Rezept einfach per QR-Code vom Arzt aufs Handy bestellen – so war auch dieses Problem stressfrei gelöst!

 

Medi-Apps und Gematik lassen noch warten

 

Noch bleibt der stressfreie Patientenalltag für Peter Mischke allerdings ein Gedankenkarussell – denn Deutschland hinkt hinterher. Der Startschuss zum E-Rezept ist dabei längst gefallen: in 17 europäischen Ländern wurde das E-Rezept laut „Euro Health Consumer Index 2017“ bereits eingeführt. Darunter sind Länder wie Dänemark, Schweden, Spanien, Schweiz und das Vereinigte Königreich vertreten. Gesundheitsminister Jens Spahn tritt zudem offenkundig als Verfechter der digitalen Gesundheitspolitik auf und begrüßte den Beschluss der Ärzte, dass das Fernbehandlungsverbot gelockert werden solle. Just zwei Monate danach treibt die ABDA, gemeinsam mit Softwarehäusern und Rechenzentren, ein eigenes Modell zum E-Rezept voran.

 

BVDVA – Einen Schritt voraus?

 

Christian Buse, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) klingt demgegenüber jedoch optimistisch. So betonte der Vorstand in einer fast zeitgleichen Erklärung: „Das Know-how aus über 14 Jahren digitalen Arzneimittelversandhandels steht bei den Versandapotheken zum Abruf bereit. Wir beteiligen uns gerne an Konzepten, Kooperationen, Pilotprojekten und der konkreten Umsetzung.“ Dabei erklärte der BVDVA, bereits vor rund 10 Jahren ein gemeinsames Projekt mit dem Fraunhofer Institut vorangetrieben zu haben. Ziel des Projektes war es, die sichere Übertragung von Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Das Modell beinhaltete den Versuch, E-Rezept der Ärzte auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu speichern. Unter Vorlage der E-Gesundheitskarte sollte der Apotheker die Verordnung einsehen und das Medikament beliefern können.

 

Das Modell der ABDA

 

Ein anderes Modell als die Speicherung der Rezepte auf der elektronischen Gesundheitskarte stellte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung im August vor. Das Pilotprojekt der ABDA soll im Gegensatz zur eGK über eine e-Plattform erfolgen. Dazu erläuterte Schmidt: „Der Arzt erzeugt ein E-Rezept und lädt die Verordnungsdaten auf einen geschützten Server hoch, allerdings ganz ohne personenbezogene Angaben.“ Vom Arzt erhalte der Patient einen verschlüsselten, einmaligen Identifikationscode, etwa mittels eines QR-Codes. Alternativ könne der Patient auch ein Papier mit der Verordnung erhalten. Der Patient gebe den Schlüssel dann an seine Apotheke weiter, welche die Datei mittels des Schlüssels vom Server herunterlade. Auch Veränderungen der Verordnungsdaten kann der Apotheker laut diesem Modell direkt vornehmen, etwa beim Austausch von Rabattarzneimitteln. Hierfür solle ein zweiter Datensatz im Server gespeichert werden.

 

ABDA will der Projektführer sein

 

Bei der Umsetzung ihres gewünschten Pilotprojekts geht die ABDA offenkundig günstig vor. Kern des ABDA-Konzepts ist laut Apotheke Adhoc die Plattform „E-Verordnung“. Hierbei vermutet der Nachrichtendienst, dass die e-Plattform nicht umsonst von den Apothekenrechenzentren betrieben werde. Schließlich würden damit alle Datensätze im Geltungsbereich der ABDA verbleiben. Ein weiterer Hintergrund der Plattform dürfte sein, dass die Ärzte ihre Rezepte direkt an die Apotheken senden können, sobald der Patient zustimmt.

 

Wer kann die Modelle nutzen?

 

Laut der gemeinsamen Erklärung der ABDA mit ADAS (Bundesverband Deutscher Apotheken-Softwarehäuser) und VDARZ (Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren) sollen alle Marktteilnehmer die Möglichkeit haben, über standardisierte Übertragungswege und Schnittstellen das E-Rezeptmodell der ABDA zu nutzen. Ähnlich dürfte auch der BVDVA vorgehen. Die propagierten Modelle müssen allerdings mit der gesetzlich vorgegebene Datenautobahn der Telematikinfrastruktur (TI) kompatibel sein: Denn bei fehlendem Anschluss der Apotheken an diese bundeseinheitliche Datenstruktur drohen Sanktionen. Wahrscheinlich werden die Projektakteure sich hierfür bestehende Strukturen zu Nutze machen: Etwa indem Software, die in allen Apotheken genutzt wird, an die TI angepasst wird.

 

Was fehlt noch auf dem Weg zum E-Rezept?

 

Steine, die von den Apothekerverbänden bis zur Einführung des E-Rezepts noch aus dem Weg geräumt werden müssen, sind zahlreich: die eGK (elektronische Gesundheitskarte) braucht erweiterte Funktionen auf ihrem Chip, Apotheken und Arztpraxen benötigen Lesegeräte, die die e-Card lesen können. Und es fehlen gesetzliche Beschlüsse, wie genau die Datensätze übermittelt werden sollen: ob über QR-Codes, e-GK oder andere Optionen. Auch ist noch nicht sicher, ob das E-Rezept über eine e-Plattform vertrieben werden darf und wenn ja, ob sie einem nicht-staatlichen Betreiber (wie der ABDA) obliegen darf. Den zeitlichen Ablauf für die Einführung des e-Rezepts sieht die ABDA nicht vor Ende 2019 abgeschlossen. Zudem benötigen beide Verbände noch den Segen des Bundesgesundheitsministeriums.

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Maria Köpf
Autor: Maria Köpf

Frau Maria Köpf ist seit 2018 als freie Autorin für apomio tätig. Sie ist ausgebildete Pharmazeutisch-technische Assistentin und absolvierte ein Germanistik- und Judaistik-Studium an der FU Berlin. Inzwischen arbeitet Maria Köpf seit mehreren Jahren als freie Journalistin in den Bereichen Gesundheit, Medizin, Naturheilkunde und Ernährung. Mehr von ihr zu lesen: www.mariakoepf.com.

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