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Torschlusspanik – Die Angst davor, allein zu bleiben

Kommentar schreiben Aktualisiert am 04. November 2015

Torschlusspanik – umgangssprachlich: die Angst davor, etwas womöglich zu verpassen. Früher war diese Bezeichnung eher mit der Sorge, keinen Partner für das Leben zu finden zusammengehörig. Inzwischen ist auch der Kinderwunsch mehr in den Vordergrund gerückt. Und irgendwann ist es zu spät, um dem Richtigen zu begegnen und eine Familie zu gründen. Wie gehen insbesondere Frauen damit um, wenn die biologische Uhr tickt.

Was genau bedeutet Torschlusspanik?

Der Begriff „Torschlusspanik“ stammt aus dem Mittelalter und geht auf das Schließen der Tore der früheren Stadtmauern zurück: Aus Sicherheitsgründen wurden bei Einbruch der Dunkelheit die Tore zur Stadt geschlossen, sodass niemand mehr hinein kommen konnte, selbst dann nicht, wenn er in der Stadt wohnhaft gewesen ist. Wer die Stadt nicht rechtzeitig erreichte, wurde demnach von der sogenannten Torschlusspanik befallen.

Im Laufe der Zeit wurde diese Redewendung in einen anderen Zusammenhang gebracht: Heute bezeichnet man als Torschlusspanik das Gefühl, kaum noch Zeit bis zur Erreichung eines sich selbst gesetzten oder sogar von der Gesellschaft erwarteten Ziels zu haben. Zu diesen Zielen gehören die Eheschließung sowie eine Mutterschaft. Besonders Frauen ereilt die Torschlusspanik, wenn sie Mitte 30 sind und noch keinen geeigneten, dauerhaften Partner gefunden haben bzw. noch kinderlos sind. Sie werden von Panik erfüllt, dass ihre eigene Schönheit verblasst und die Zeit wie in einer Sanduhr entrinnt, noch bevor sie Ehe und Familienplanung umsetzen können. War früher die Torschlusspanik auf eine Möglichkeit bezogen, eine feste Beziehung zu führen, betrifft sie heute mehr den Kinderwunsch und die Möglichkeit, noch auf natürlichem Wege Mutter zu werden. Laut einer Umfrage heiratet jede dritte Frau wissentlich den falschen Mann – sie weiß bereits schon vor der Hochzeit, dass es nicht der Richtige ist. Ist es besser, mit einem sogenannten nicht idealen Mann eine Familie zu gründen als für immer alleine zu sein? Hauptgründe hierfür: die Torschlusspanik und das laute Ticken der biologischen Uhr.

Single-Dasein: Nehmen, was kommt?!

Muss man im Single-Zeitalter nehmen, was kommt? Bevor es zu spät ist? Ist eine Hochzeit mit dem Frosch demnach gar nicht so unüberlegt, als womöglich ewig auf den Prinzen zu warten? Die US-Paartherapeutin Jennifer Gauvain ist da zumindest anderer Meinung und sieht darin einen großen Fehler. Ihre Empfehlung: "Lassen Sie sich nicht von der Angst vor dem Alleinsein diktieren, mit jemandem zusammen zu sein, mit dem Sie kaum etwas gemeinsam haben. Sagen Sie nicht „Ja“ vor dem Altar, nur weil es der nächste logische Schritt ist oder Sie schon viel Geld und Zeit in die Hochzeits-Vorbereitungen gesteckt haben.“ Besonders sollte eine Scheidung nicht als mögliche Option in Erwägung gezogen werden, noch bevor man verheiratet ist, so die Ansicht der US-Paartherapeutin.

Ein möglicher Schritt, das Single-Dasein zu beenden, ist zunächst, selbst zu reflektieren, weshalb der richtige Partner bisher auf sich warten ließ. Denn diese Gründe können ganz individuell sein. Der Psychotherapeut Dr. Rolf Merkle baut auf Selbstreflexion und Ehrlichkeit und hält diese Ansätze für notwendig, um die Torschlusspanik zu verstehen und zu überwinden. Warum ist man allein? Stand bisher die Karriere im Vordergrund? Boten sich möglicherweise nicht so viele Möglichkeiten, das Single-Dasein zu beenden? Oder ist bei der Partnerwahl eventuell immerzu das gleiche Muster zu erkennen, weshalb ein Scheitern schon vorprogrammiert ist? Auch Beziehungen, in denen sich die Beziehungspartner im Hinblick auf die Familiengründung nicht einer Meinung sind, sind häufig kein Grundstein für eine dauerhafte Partnerschaft.

Was tun, wenn der Partner sich nicht mit dem Thema „Kind“ auseinander setzten möchte?

Bei dem Thema Familienplanung mögen viele Männer das ganze Theater der Frauen nicht verstehen und schieben in einer Beziehung jahrelang die Familienplanung in den Hintergrund. Aus Respekt, Rücksicht und Liebe zum Partner verdrängt die Frau ihren eigenen Wunsch vom Muttersein und wartet darauf, bis der Mann sich endlich „dazu bereit fühlt“. Im schlimmsten Fall verlässt der Mann seine Partnerin für eine jüngere Frau und bekommt mit dieser Kinder, weil die „alte“ Partnerin, inzwischen zu alt war, um Kinder zu bekommen. Hierbei handelt es sich leider nicht nur um eine schlimme Befürchtung, denn zu oft bewahrheitet sich diese vorausgesehene ungünstige Situation. Als Frau, die den Wunsch nach einem Kind hegt, sollte man von Anfang an mit offenen Karten spielen und die eigenen Bedürfnisse und Wünschen in den Vordergrund stellen – bei dem Wunsch nach einem Kind gibt es nämlich nicht wirklich Kompromisse.

Karrierefrauen und der späte Kinderwunsch

Für das Ereilen der Torschlusspanik sind nicht nur noch-nicht-für-Kinder-bereite-Männer oder das ewige Single-Dasein verantwortlich, sondern auch die Karriere-und Lebensplanung, die für viele Frauen zunächst im Vordergrund stehen und das Kinderkriegen auf später verschoben wird. Die Devise lautet: Erst Karriere! Dann Kinder! In einer Zeit, in der auch Frauen in Führungspositionen tätig sein können, sind Kinder fehl am Platz – so die Meinung vieler Frauen - denn um die Führungsebene zu erreichen, bedarf es sehr viel Anstrengung, Disziplin und Durchhaltevermögen. Aus diesem Grund verschiebt sich die Familienplanung heutzutage nach hinten. Womöglich denken auch viele Frauen, der Mutterrolle nicht gerecht werden zu können, wenn sie sich zunächst im Beruf entfalten wollen. Mit Ende 30 oder Anfang 40 zum ersten Mal Mutter zu werden ist in der heutigen Zeit nichts Ungewöhnliches mehr und wird von der Gesellschaft durchaus akzeptiert. Allerdings nimmt die Fruchtbarkeit Mitte 30 ab, weshalb es plötzlich ganz schnell gehen muss, um sich den späten Kinderwunsch auch zu erfüllen. Die Chancen schwanger zu werden nehmen mit zunehmendem Lebensalter ab, der Zeitpunkt Mutter zu werden kann aufgrund der Verwirklichung im Beruf verpasst werden. Im Hinblick darauf sollte sich jede Frau folgende Fragen ehrlich beantworten können: Wie wichtig ist mir Karriere? Bin ich bereit, möglicherweise niemals Kinder zu bekommen? Ist mir der Beruf das wert? Im Leben heißt es häufig abwägen zu müssen und manchmal kann man leider nicht alle Wünsche und Ziele erreichen.

Wie gehe ich mit der Torschlusspanik um?

Ob Singlefrau oder Partnerin einer Mannes, der sich bislang nicht mit dem Thema Kind auseinander setzen möchte: ab einem gewissen Alter tickt die biologische Uhr immer lauter und begleitet den Alltag auf Schritt und Tritt. Besonders dann ist es nicht unüblich, dass sich Frauen direkt beim ersten Date nach den Vaterqualitäten erkundigen und den Mann fragen, ob er sich vorstellen könne, Vater zu werden. Genauso wenig unüblich ist es, dass die Männer dann das Weite suchen und sich von der Frau „überrumpelt“ fühlen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, nicht direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern sich zunächst erst einmal kennen zu lernen. Eine Beziehung sollte erst gefestigt sein, um auf den angestrebten Kinderwunsch zuzusteuern. Bewahren Sie Ruhe! Ein Rezept gegen Torschlusspanik gibt es nicht. Aber sich unentwegt mit der Suche nach einem Partner zu beschäftigen, um eine Familie zu gründen, ist belastend und macht unglücklich. Indem Sie Ihre eigene Zufriedenheit stärken, beispielsweise durch das Pflegen Ihrer Freundschaften oder Ausüben Ihres Hobbies, verschwindet die Panik und Sie halten sich vor Augen, dass es besser ist, lieber später den Richtigen zu heiraten als früher den Falschen.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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