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"Stroke Angel" Fortschritt in der Schlaganfall-Therapie

Kommentar schreiben Aktualisiert am 06. Dezember 2018

Schlaganfallpatienten schneller erkennen und behandeln. Das Projekt Stroke-Angel soll es möglich machen. Derzeit wird dieses Pilotprojekt in Bad Neustadt erprobt. Die Resonanz ist positiv: die Erstversorgung von Schlaganfallpatienten verläuft beschleunigt. Was steckt hinter Stroke-Angel? Ist eine Umsetzung in ganz Deutschland möglich? Lässt sich dadurch wirklich wertvolle Zeit gewinnen? Mehr dazu im folgenden Beitrag.

 

Was passiert bei einem Schlaganfall?

 

Bei einem Schlaganfall handelt es sich um eine plötzliche Minderdurchblutung des Gehirns aufgrund eines Verschlusses eines Blutgefäßes, welches zuführend und für die arterielle Gefäßversorgung des Gehirns verantwortlich ist. Infolge der arteriellen Durchblutungsstörung zum Beispiel durch Ablagerungen auf den Gefäßwänden wird das Gehirn minderdurchblutet. Je nach Schwere des Schlaganfalls kommt zu plötzlichen oder innerhalb von Stunden einsetzenden zentralnervösen Störungen wie Bewusstlosigkeit, Lähmung entweder einzelner Glieder oder einer ganzen Körperhälfte; manchmal treten gleichzeitig Sprach- sowie Sehstörungen auf. Bei einem ganz ausgedehnten Schlaganfall, der nicht rechtszeitig behandelt wurde, kann der Tod eintreten. Beim Auftreten von Symptomen, die auf einen Schlaganfall hindeuten, sollte man nicht zögern, den Rettungsdienst zu alarmieren. Jeder Schlaganfall und auch eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns, die sogenannte TIA, transitorische ischämische Attacke, auch Mini-Schlaganfall als Vorbote des richtigen Schlaganfalls genannt, stellen einen Notfall dar. Im Sinne von „time is brain“, „Zeit ist Hirn“ entscheidet eine frühzeitige sachgerechte Versorgung über die Prognose des Schlaganfallpatienten.

 

Die Stroke Angel Initiative: Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin

 

„Nur Engel fliegen schneller“ – So lautet die Devise der Stroke Angel Initiative, ein telemedizinisches Projekt, das die Neurologische Klinik zusammen mit ihren Partnern, dem Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes Rhön-Grabfeld, dem Forschungszentrum für Informatik Karlsruhe und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe entwickelt und etabliert haben. Ein interdisziplinäres Team aus Medizinern, Technikern und Ökonomen hat nach mehreren Jahren Projektarbeit, ein Kommunikationssystem schaffen können, das zu einer Verbesserung der Abstimmung und Vernetzung zwischen Rettungsdienst und Klinik führt. Gerade im Hinblick auf die Behandlung eines Schlaganfalls ist jede Minute entscheidend, sodass vor diesem Hintergrund – time is brain – ein telemedizinisches Projekt ins Leben gerufen worden ist, um mittels digitaler Vernetzung von Rettungsdienst, Krankenhaus und Leitstelle schnell richtige medizinische Behandlungen im Sinne des Patienten durchführen zu können.

Der Schlaganfall und der Herzinfarkt stellen zeitkritische Notfälle dar; Notfälle, die eine schnellstmögliche Behandlung in einer Stroke-Unit bzw. einem Herzkatheterlabor erfordern. Nach kardiovaskulären Erkrankungen und Krebserkrankungen ist der Schlaganfall die Todesursache Nummer drei in Deutschland und auf Platz eins, was die Ursachen für eine lebenslange Behinderung angeht. Nur wenn sofort eine richtige Therapie eingeleitet werden kann, können Behinderungen und tödliche Ausgänge auch vermieden werden. Das reibungslose Zusammenspiel von Rettungsleitstelle, Rettungsdienst und der neurologischen Klinik in der Akutversorgung ist von großer Wichtigkeit, um die Prognose für einen Schlaganfallpatienten zu verbessern.

 

Der Handheld-PC für die mobile Eingabe der Patientendaten an den Krankenhausarzt

 

Studien belegen, dass eine frühzeitige Reaktion und der direkte Transport in ein Krankenhaus Zeit erspart und Menschenleben retten können. Aus diesem Grund ist die Idee eines technischen Hilfsmittels, ein sogenannter Handheld-PC, entstanden: Der Rettungsassistent trägt dieses Gerät mit sich und kann alle relevanten Patientendaten mobil eingeben. Das Gerät verfügt über ein integriertes Kartenlesegerät, sodass die Krankenversichertenkarte des Patienten direkt eingelesen werden kann. Darüber hinaus ist eine spezielle Software installiert, die auf die schnelle Versorgung von Schlaganfallpatienten ausgerichtet ist – so können bereits am Unfallort wichtige Informationen über den Patienten eingegeben werden. In diesem Sinne fungiert das Gerät auch gleichzeitig als ein Anamneseleitfaden, an dem sich der Rettungsassistent strukturiert entlang arbeiten. Die erhobenen Daten, wie Name, Alter, Symptome, Medikation, Ankunftszeit sowie ggf. das 12-Kanal-EKG inklusive der Versicherungskarte des Patienten werden via Mobilfunk (GPRS/UMTS/HSDPA) an das Zielkrankenhaus versendet. Sobald die versendeten Daten im Zielkrankenhaus eingegangen sind, ertönt ein akustisches Signal und das diensthabende Personal der Notaufnahme wird via Rufsystem, in der Regel einem Piepser oder Bereitschaftstelefon, alarmiert. Der diensthabende Arzt kann an jedem PC in der Klinik die Befunde des Patienten einsehen und noch bevor der Patient eingetroffen ist, analysieren, das weitere Vorgehen und die Vorbereitungen einzuleiten. Bei Eintreffen des Patienten kann dann, ganz ohne Zeitverlust, mit einer sofortigen Diagnostik und Therapie begonnen werden.

 

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

 

Das im Rettungswagen befindliche Gerät, der Handheld-PC oder auch Future.Pad genannt, wird von dem Rettungsassistenten per Touchscreen bedient und erlaubt eine leichte Bedienung, bei welchem die Daten größtenteils direkt angetippt werden können, sodass auch während einer schnellen Fahrt, das Gerät von den Anwendern eine weit verbreitete Akzeptanz erhält. Auch der Datenschutz zwischen Future.Pad und dem GSM-fähigen Mobiltelefon ist gewährleistet. Kein anderes Bluetoothgerät kann die Verbindung zum Future.Pad oder dem Mobiltelefon aufbauen, sodass man keine Sorge haben muss, dass die via Bluetooth übermittelten Daten von Seiten anderer eingesehen werden können.

 

Verbesserte Kommunikation durch digitale Vernetzung

 

Durch mobile Computingsysteme können Prozesse schneller ablaufen. Ein Überblick über die positiven Aspekte:

 

  • systematische Untersuchung des Patienten auf Schlaganfallsymptome bereits im Rettungswagen
  • elektronische Datenverarbeitung über Future.Pad im Rettungswagen
  • Übertragung der Informationen per GPRS an das Krankenhaus
  • Einbindung der Informationen in das Krankenhausinformationssystem
  • frühzeitige Vorbereitung des Krankenhauses auf den Patienten
  • bei Eintreffen des Patienten sofortiger Beginn von Diagnostik und Therapie

 

Die Ergebnisse seit Einführung der Stroke-Unit-Initiative sind, dass die Prozesszeiten in der Schlaganfallversorgung verkürzt und die Therapiequote und somit die Heilungschancen der Patienten gesteigert werden konnten. In sechs deutschen Regionen, Bad Neustadt a. d. Saale, Bad Kissingen, Dachau, Fulda, Uelzen, Kronach, wurden bereits mehrere tausend Patienten mit dem Stroke-Angel-System versorgt. Die positive Resonanz lässt nun auch noch Raum für weitere Ideen: Anwendungsbereiche für die Luftrettung, Indikationen wie Herzinfarkt, Trauma, Krämpfe/Epilepsie. Auch wünscht man sich fortan die Fortsetzung der Stroke-Angel-Initiative und die Ausweitung in andere Regionen.

 

Stroke Angel. Ein Projekt, das Leben rettet.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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