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Sternenkinder – Ein Geschenk der Erinnerung

Kommentar schreiben Aktualisiert am 30. März 2020

Als Sternenkinder werden gemeinhin all jene Babys bezeichnet, die vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Solch ein immenser Verlust sorgt dafür, dass die Welt betroffener Eltern sprichwörtlich zum Stillstand kommt. Auch wenn sich passende Worte nicht immer leicht finden lassen, muss der Trauer Raum gegeben werden. Ob im privaten Kreis, in Selbsthilfegruppen oder im Rahmen professioneller Trauerbegleitung – es gibt einiges, das Eltern während ihres Trauerprozesses unterstützt.

 

Im folgenden Artikel möchten wir uns dem Thema Sternenkinder besonders intensiv widmen. Wortherkunft und Gesetzeslage sollen näher in den Blick genommen werden. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit der Definition von Früh- sowie Totgeburt und Gründen für solch frühe Verluste. Abschließend soll der Fokus auf den Trauerprozess der Eltern gelenkt werden. Was hilft und unterstützt Eltern, die ein Sternenkind zu beklagen haben?  

 

Inhaltsverzeichnis:

 

Was ist ein Sternenkind?

 

Sternenkinder werden mitunter auch als Schmetterlings- oder Engelskinder bezeichnet. Mittlerweile ist der Begriff universell gebräuchlich – für Babys, die vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Auch aus medizinisch begründeten Schwangerschaftsabbrüchen gehen Sternenkinder hervor.1

 

Die Begriffsbezeichnung hat einen geschichtlichen Hintergrund: Bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 2013, war es von Schwangerschaftsdauer und Geburtsgewicht abhängig, ob ein vor, während oder nach der Geburt verstorbenes Baby den Status einer Person erhielt – und somit Eingang ins Geburten- beziehungsweise Sterberegister fand. Mit einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm zählte ein Kind demnach nicht als „Person“ - eine massive psychische Belastung für trauernde Eltern. Die Bezeichnung „Sternenkind“ sollte dazu beitragen, genau diesen Kindern gerecht zu werden, ihnen eine Identität zu geben. Der Fokus wird dabei bewusst weg vom Sterben („Totgeburt/Fehlgeburt“), hin zum Kind und der zwischenmenschlichen Bindung selbst, gerichtet.2

 

Sternenkinder: Wie ist die Gesetzeslage?

 

Mit einer gesetzlichen Neuregelung im Mai 2013 (Personenstandsrechts-Änderungsgesetzes - PStRÄndG) können Eltern die Geburt von sogenannten Sternenkindern nun beim jeweiligen Standesamt anzeigen und das unabhängig von Schwangerschaftswoche und Gewicht. Diese Neuregelung gilt auch für all diejenigen Sternenkinder, die vor dem Stichtag zur Welt kamen. Ein großer Erfolg im Hinblick auf einen würdigen Umgang mit Menschenleben. Auf diese Weise erhält das geliebte Baby eine Existenz. In der ausgestellten Bescheinigung können Angaben zum Kind aufgeführt werden (etwa vorgesehener Name, Geschlecht, Geburtstag oder Angaben zu den Eltern), eine Registrierung im Personenstandsregister stellt sie jedoch nicht dar. Ebenso besteht keine Pflicht zur Anzeige, diese liegt im Ermessen der Eltern. Das Bestattungsrecht selbst ist allerdings Ländersache. Wobei mittlerweile in allen Bundesländern Bestattungen von Kindern unter 500 Gramm Geburtsgewicht möglich sind.3

 

Ursachen für eine Fehl- oder Totgeburt

 

In Deutschland enden etwa 11-15 % aller festgestellten Schwangerschaften mit einer Fehlgeburt. Häufige Auslöser für Fehlgeburten im ersten Schwangerschaftsdrittel sind abnorme Veränderungen an den Chromosomen, die die Entwicklung des Babys massiv beeinflussen. Weitere Gründe können Schwächen am Muttermund (Zervixinsuffizienz), Infektionen, Stoffwechselerkrankungen, Hormonstörungen, Drogen- sowie Alkoholkonsum der werdenden Mutter sein.4

Von einer späten Fehlgeburt (auch Spätabort) spricht man, wenn diese nach der 12. Schwangerschaftswoche auftritt, das Baby jedoch leichter als 500 Gramm ist. Das Kind ist dann zu groß für eine Ausschabung, eine normale Geburt muss stattfinden. Wiegt der Fötus mindestens 500 Gramm, spricht man von einer Totgeburt. Auf etwa 1000 Geburten kommen im Schnitt circa zwei bis drei Totgeburten. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.5

 

Die häufigsten Gründe für eine späte Fehlgeburt beziehungsweise eine Totgeburt finden Sie nachfolgend:

 

  • Störungen der Plazenta (Durchblutung, Ablösung des Mutterkuchens)
  • Infektionen
  • diverse Erkrankungen der Mutter (Diabetes, HELLP-Syndrom,) Nabelschnurkomplikationen (etwa ein Nabelschnurknoten oder -vorfall)
  • Mangelversorgung mit Sauerstoff, unabhängig von der Plazenta
  • Fehlbildungen des Kindes
  • Chromosomenstörungen
  • Gewalteinwirkung (etwa durch einen Unfall)6

 

Stirbt das Baby während oder kurz nach der Geburt, kann das ebenfalls unterschiedliche Ursachen haben. Etwa eine unreife Lunge, die die Atmung des Säuglings massiv beeinträchtigt. Oder Fehlbildungen, die operativ nicht behoben werden können und sich mit einem Weiterleben nicht vereinbaren lassen. Auch generelle Sauerstoffmängel, Hirnblutungen, Infektionen, Sepsis oder Organversagen können zum Tod des Babys führen. Ebenso wie ein zu geringes Geburtsgewicht, wenn dieses ein Überleben verunmöglicht.7

 

Die Gründe für einen Spätabort beziehungsweise eine Totgeburt können vielseitig sein. Dabei besteht stets die Möglichkeit, dass eine exakte Ursache nicht festgestellt werden kann – auch nicht im Rahmen einer Obduktion.8

 

Sternenkinder: Eltern im Ausnahmezustand

 

Ein Kind zu verlieren, stellt das gesamte Leben auf den Kopf. Nichts ist mehr, wie es war. Den Eltern Zeit und Raum für ihre Trauer zu geben, hat nun oberste Priorität. Dabei gibt es einiges, das das Umfeld tun kann, um zu helfen und zu unterstützen (dazu im nächsten Kapitel mehr).

 

Mit dem Verlust des Kindes sind unzählige Gefühle verbunden, die Eltern nun durchleben. All diese Emotionen zulassen zu dürfen und sie auch auszuhalten, ist keine einfache Aufgabe. Die Wucht unterschiedlicher Gefühle wie Trauer, Verzweiflung, Wut oder Scham macht Eltern schier ohnmächtig. Dabei ist es wichtig, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass Emotion und Trauer sehr individuell gestaltet sind und sämtliche Gefühle Platz finden dürfen! Zudem trauern Mütter und Väter mitunter recht unterschiedlich. Während Frauen häufig mit Schuldgefühlen zu kämpfen haben – etwa darüber grübeln, ob sie sich falsch verhalten haben – neigen Väter vermehrt dazu, die Schuld bei anderen – beispielsweise bei behandelnden Ärzten – zu suchen.9

 

Was hilft durch die größte Trauer?

 

Die Geburt eines Sternenkindes stellt sämtliche Betroffene – von den Eltern über Verwandte und Freunde bis hin zum Klinikpersonal – vor große Herausforderungen. Eltern  haben das Wichtigste verloren. Sie müssen sich nicht nur von ihrem Kind verabschieden, sondern auch von all ihren Hoffnungen und Träumen.10

 

So ist es wichtig, dass Krankenhäuser die Möglichkeit bieten, dass Sternenkinder angemessen verabschiedet werden können. Dazu muss der jungen Familie nicht nur ausreichend Zeit und Raum gegeben werden, unaufdringliche Unterstützung des Personals ist ebenso notwendig. Vielen Eltern wollen ihr Sternenkind noch lange ansehen und halten. Auch Fußabdrücke, Ultraschallbilder oder Fotos als Erinnerungsstücke können helfen, mit der Trauer umzugehen. Von gut gemeinten Aufmunterungen wie „Die Zeit heilt alle Wunden“ oder „Ihr seid noch jung, ihr könnt weitere Kinder haben“, ist unbedingt Abstand zu nehmen.11

Darüber hinaus hilft vielen Eltern ein physischer Ort zum Trauern. Ein Ort, den sie individuell schmücken und immer wieder besuchen können. Friedhofsverwaltungen tragen dem mittlerweile Rechnung und stellen spezielle Areale zur Verfügung, in denen fehl- und totgeborene Kinder beerdigt werden können. Auch Beisetzungen im Familiengrab oder in eigenen Kindergräbern sind vielerorts möglich. Spezielle Trauerfeiern, Namensfeste oder Segnungen können ebenfalls dabei helfen, mit dem Verlust umzugehen.12

 

Viele Eltern nutzen professionelle Unterstützungsangebote, um den Tod ihres Kindes zu bearbeiten. Ob Seelsorge, Trauerbegleitung oder Psychotherapie – Möglichkeiten gibt es einige. Mit anderen Betroffenen in Kontakt zu treten, empfinden viele trauernde Eltern als ungemein hilfreich. Selbsthilfegruppen für verwaiste Eltern, wie sie in den meisten Städten zu finden sind, sind hierzu eine gute Möglichkeit. Auch das Medium Internet hilft dabei, in Austausch mit anderen Betroffenen zu treten.13

 

Verwandte und Freunde sind oftmals unsicher, wie sie mit trauernden Eltern umgehen sollen. Oftmals fehlen die richtigen Worte und man hat Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu tun. Betroffene beschreiben immer wieder, dass es ihnen hilft, wenn Mitmenschen einfach da sind und ihre Unterstützung anbieten. Mit ehrlichen Worten – beispielsweise, dass man selbst fassungslos ist und nicht weiß, was man sagen soll – können trauernde Eltern in der Regel besser umgehen als mit leeren Floskeln.14

 

Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

 

Es ist wichtig, dass trauernde Eltern wählen können, ob sie professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen, oder lieber für sich allein bleiben – beides ist legitim! Sinnvoll ist es, wenn Kontakte von Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen rasch auffindbar sind. Auf zwei wichtige Anlaufstellen möchten wir abschließend verweisen:

 

www.veid.de (Bundesverband verwaiste Eltern und trauernde Geschwister e.V.)

 

www.initiative-regenbogen.de (Elterninitiative)

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Daniela Jarosz
Autor: Daniela Jarosz

Daniela Jarosz ist Sonder- und Heilpädagogin. Während des Studiums hat sie sich intensiv mit Inhalten aus Medizin und Psychologie auseinandergesetzt. Sie arbeitet seit vielen Jahren im psychosozialen Feld und fühlt sich außerdem in der freiberuflichen Tätigkeit als Autorin zuhause. Im redaktionellen Bereich hat sie sich auf die Fachrichtungen Medizin, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Work-Life-Balance sowie Kinder und Familie spezialisiert.

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