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Menstruationstassen - seltene Ursache einer Nierenkolik

Kommentar schreiben Aktualisiert am 19. Mai 2020

Die Idee einer Menstruationstasse reicht bis in das Jahr 1867 zurück. Der Erfindung der sogenannten "Katamenialsäcke" lag der Gedanke zugrunde, das Monatsblut in einem Behälter aufzufangen.1 Leona Chalmers, eine amerikanische Künstlerin ließ sich dann in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts die Produktion eines Gummibechers patentieren. Doch erst mit einem gestiegenen Umweltbewusstsein konnte die Menstruationstasse in einer breiten Bevölkerungsschicht Ansehen gewinnen. Moderne Produktionstechniken ermöglichen heute die Herstellung aus medizinischem Silikon oder thermoplastischem Elastomer. Verschiedene Größen und das Vermögen der verwendeten Materialien, sich an die individuellen Formen einer Vagina anzupassen, machen die Menstruationstasse zu einer sicheren Alternative.

Inhaltsverzeichnis

 

Weshalb entscheiden sich viele Frauen für eine Menstruationstasse?

Die Menstruation begleitet die Frauen in monatlich wiederkehrender Regelmäßigkeit. Im Verlaufe einer normalen Regelblutung werden etwa 60 bis 80 Milliliter Blut ausgeschieden. Verständlich, dass Artikel für die sogenannte Monatshygiene eine hohe Wichtigkeit einnehmen. Bis zur industriellen Fertigung von Tampons waren es vor allem Binden und noch vorher Stoffe oder Pflanzenmaterialien, welche das Blut aufnehmen sollten.

Die Möglichkeit das Menstruationsblut noch im Körper selbst aufzusaugen, hat die Tampons zu einem in der Anwendung unauffälligen und hygienischen Artikel gemacht.

Eine Entscheidung für die Natur

Die Entscheidung für eine Menstruationstasse hingegen spiegelt ein in den letzten Jahren gestiegenes Umweltbewusstsein wider. Tampons sind im Gegensatz zu Menstruationstassen Einmalartikel, welche bei der Entsorgung mehrfach zu Problemen führen. Bei der Herstellung von Binden und Tampons wird auf sogenannte Superabsorber Viskose, Bleichmittel und andere Kunststoffe zurückgegriffen. Deren Ökobilanz ist somit bei der Herstellung und Entsorgung als ungünstig zu bezeichnen.2,3

Darüber hinaus zieht die Vermeidung von Hygiene-Einwegartikeln eine nicht unerhebliche Kostenersparnis nach sich. Während Tampons mit einem Stückpreis von durchschnittlich 10 Cent den Geldbeutel belasten, bewegt sich der Preis üblicher Menstruationstassen im Bereich von 10 bis 25 Euro. Bei einer angegebenen Lebensdauer der Cups von bis zu zehn Jahren hat sich der Anschaffungspreis rasch gelohnt.

 

Sind Menstruationstassen medizinisch sinnvoll?

Die Scheidenflora setzt sich aus einer komplexen Vielfalt von Bakterien zusammen. Vor allem die Milchsäurebakterien spielen bei der Abwehr von Infektionen und Pilzen eine entscheidende Rolle. Die aufquellenden Materialien der Tampons werden verschiedentlich mit einer trockenen Vagina in Verbindung gebracht. Wissenschaftlich ist diese Aussage jedoch umstritten.4 Aus medizinischer Sicht besitzt die Menstruationstasse jedoch den Vorteil, dass die wichtigen Bakterien nicht aufgesogen werden. Frauen mit Menstruationstassen aus Gummi oder Silikon können sich auf der sicheren Seite wähnen.

Die neue Weiblichkeit

Die Anwendung der Menstruationstasse bringt es mit sich, dass die Frauen mit dem Menstruationsblut direkt in Kontakt kommen. Über die eigene Menstruation offen zu reden, war lange Zeit ein Tabuthema. Es galt als schmutzig und unsexy. Doch nun soll das eigene Blut aus der Tasse entsorgt werden. Bei ungeübten Anwenderinnen wird ein „Beschmutzen“ der Finger nicht unterbleiben. Doch kann diese Berührung auch als intensiver und sehr intimer Kontakt mit der eigenen Weiblichkeit verstanden werden.

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Zeit für den ersten Schritt

Vorab, bei jedem Kauf ist eine ausführliche Printanleitung beigelegt und meist ein ausführliches Video auf der Webseite des Herstellers vorhanden.

Bei jedem Einsetzen oder Entnehmen der Menstruationstasse ist es wichtig sich die Hände zu reinigen. Zwar kann ein Desinfektionsmittel benutzt werden, jedoch sollte ein gründliches Waschen mit Wasser und Seife genügen.

Zum Üben kann beispielsweise ein enges Wasser- oder Sektglas verwendet werden. Für den ersten echten Einsatz sollte genügend Zeit zur Verfügung stehen. Zudem ist es wichtig, sich einen Ort zu schaffen, an dem niemand stört. Zum Erfolg kann außerdem eine günstige Körperposition beitragen. Je nach Vorliebe und Körperbau ist eine sitzende, stehende oder hockende Haltung möglich.

Auf die Faltung kommt es an

Da das Material der Menstruationstasse weich ist, kann man diese auf unterschiedliche Weise falten, um sie leichter in die Vagina einführen. Welche Faltung vorteilhaft ist, muss jede Frau für sich ausprobieren. Meist scheint ein zweimaliges Längsfalten für den ersten Versuch am einfachsten zu sein. Damit die Menstruationstasse leichter gleitet, kann man sie mit Wasser oder einem wasserlöslichem (nicht silikonhaltigem) Gleitgel befeuchten.

Die Tasse sollte sich nach dem Platzieren im unteren Vaginalbereich befinden. Die Rückholschlaufe indes muss vollständig in der Scheide verschwunden sein. Wer sich medizinisch auskennt, kann darauf achten, dass die Menstruationstasse über der Höhe des Schambeines sitzt. In ihrer Position wird sie zum einen von der Scheidenmuskulatur als auch durch einen leichten Unterdruck gehalten.

Entscheidend ist sicherzustellen, dass sie sich nach dem Einführen wieder komplett entfaltet. Dies kann sich durch einen leisen Plopp-Ton bemerkbar machen. Um einen perfekten Halt zu gewährleisten, kann man einmal mit dem Finger um die Tasse fahren. Lässt sich die Menstruationstasse in ihrer Position leicht drehen, war das Einsetzen erfolgreich.

 

Muss die Menstruationstasse ausgetauscht werden?

Spätestens nach zwölf Stunden sollte die Menstruationstasse entnommen und gereinigt werden. Je nach Stärke der Monatsblutung kann dies auch schon nach wenigen Stunden der Fall sein.

Zum Herausnehmen muss zuerst der Unterdruck der Tasse entfernt werden. Hierfür wird mit einem Finger der Boden vorsichtig ein wenig zusammengedrückt. Erst dann kann die Menstruationstasse am Stiel herausgezogen werden. Das enthaltene Blut wird in der Toilette entsorgt. Auch wenn es anfangs ungewohnt ist, wird man sich an den Anblick des Blutes allmählich gewöhnen.

Nur eine saubere Menstruationstasse einsetzen

Wie schon erwähnt ist das Einhalten von Sauberkeit das oberste Gebot.

Ist die Tasse entnommen und geleert, kann sie mit warmem Wasser von Blut und Gerinnsel befreit werden. Zur Abtötung möglicher Krankheitserreger wird die Menstruationstasse in einem Topf mit Wasser für etwa 20 Minuten ausgekocht. Damit sie nicht mit dem Boden des Topfes in Berührung kommt, kann man die Tasse in einen Schneebesen legen. Desinfektionsmittel auf alkoholischer Basis sollten nicht verwendet werden, da diese das Material spröde machen könnten.

Gibt es Risiken bei der Anwendung?

Werden die Anleitung und hygienischen Vorgaben der Hersteller beachtet, kann die Menstruationstasse eine, im Vergleich zu Tampons gleichwertige Alternative darstellen. Berichte über ein mögliches Toxisches Schocksyndrom (TSS) betreffen beide Varianten gleichermaßen. Doch das Risiko wird allgemein als sehr niedrig eingeschätzt.5

Nierenkolik, ein seltenes Risiko

Jüngst tauchten vereinzelt Berichte über schwere Schmerzzustände im Zusammenhang mit der Verwendung von Menstruationstassen auf.6 Berichtet wird unter anderem von einer jungen Patientin mit den typischen Zeichen einer Nierenkolik.

Nierenkolik, was ist das?

Doch bevor die Problematik hier näher erläutert wird, ein kleiner Ausflug in die Nierenheilkunde. Die beiden Nieren dienen der Regulierung des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Von ihnen abgehend leitet jeweils ein Harnleiter (Ureter) den Harn in die Blase, wo er gesammelt wird und schließlich durch die Harnröhre (Urethra) ausgeschieden wird.

Verursacher einer Nierenkolik sind in den meisten Fällen kristalline Ablagerungen (Nierensteine) im Bereich der Niere. Gelangen diese in den engen Bereich des Harnleiters können sie dort stecken bleiben und ein Aufstauen des Urins in die Niere verursachen. Wird der Druck dort zu groß, führt dies zu Dehnungsschmerzen und zur Schädigung der Niere.7

Welche Anzeichen sprechen für eine Nierenkolik?

Als Leitsymptom bei einer Nierenkolik treten starke bis übermächtige Schmerzen auf. Diese können, je nach betroffener Seite, vom unteren Rippenrand bis in den Genitalbereich ausstrahlen. Die betroffenen Patienten berichten von wellenförmigen, immer wiederkehrenden Schmerzzuständen. Eine Linderung kann nur durch starke Schmerzmittel erreicht werden. Begleitend kommt es meist zu starker Übelkeit mit Erbrechen.

Zurück zur jungen Patientin. Weder im Ultraschall noch bei der Computertomografie waren Hinweise auf einen Stein gefunden worden. Dagegen konnte der Arzt auf dem Röntgenbild eine Menstruationstasse ausmachen, welche nach rechts gekippt in der Vagina lag.

Die Lösung liegt nahe…

Der Arzt erkannte diese gekippte Menstruationstasse als mögliche Ursache eines bereits bis in die Niere gestauten Harns. Offenbar hat die Menstruationstasse den rechten Harnleiter so sehr eingeengt, dass es zu dieser fatalen jedoch seltenen Reaktion kam.

Die Patientin kam der Empfehlung des Arztes, die Menstruationstasse zu entfernen, unmittelbar nach, wodurch die starken Schmerzen binnen kürzester Zeit deutlich nachließen.8

Notarzt oder Selbsthilfe

Bei Koliken dieser Intensität ist es durchaus angebracht, den Notarzt anzurufen. Sofern die Schmerzen es noch ermöglichen, sollte die Tasse als möglicher Verursacher entfernt werden. Der Gang zum Arzt ist dennoch wichtig, da eine Schädigung der Niere ausgeschlossen werden muss.

Ursächlich für eine Schieflage der Menstruationstasse kann eine fehlerhafte Platzierung in der Vagina sein. Vielleicht war die Faltung nicht korrekt durchgeführt oder die Größe der Tasse war nicht passend.

Um eine Vorstellung von der Tasse in der Scheide zu bekommen, kann das Einführen anhand eines schmalen Glases geübt werden. Eine optimale Entfaltung ist auf diese Weise ebenfalls leicht zu erkennen.

 

Unerwartete Hilfe

Dass Männer nicht zwangsläufig eine Abneigung gegenüber Menstruationsblut haben, zeigt die Hilfe, welcher einer Frau zugutekam, deren Menstruationstasse scheinbar unwiederbringlich in der Scheide feststeckte. Konzentriert und unerschrocken konnte ihr Freund sie aus dieser misslichen Lage befreien.9

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Jürgen Kressel
Autor: Jürgen Kressel

Sein beruflicher Werdegang hat sich in letzter Zeit mit persönlichen Vorlieben verbunden. Als Medizinisch technischer Assistent haben sich die Erfahrung und Ehrgeiz zu einem ganz ordentlichen Wissen auf einigen Gebieten entwickeln können. Fachlich ist er vor allem im Bereich der Allergologie (insbesondere Nahrungsmittelallergien), Endokrinologie (allgemein und Kinderwunsch) und Gastrologie versiert. Seine letzten Berufsjahre als MTA hat er in einem Notfalllabor eines großen Krankenhauses eingebracht.

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