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Der weibliche "Stimmungszyklus" – oder was Hormone so alles anrichten können

Kommentar schreiben Aktualisiert am 30. November 2016

Monat für Monat geschieht im Inneren des weiblichen Körpers dasselbe kleine Wunder: der Monatszyklus der Frau, der perfekt wie ein Uhrwerk funktioniert, gesteuert von Hormonen, die in einem ausgeklügelten Zusammenspiel dafür sorgen, dass eine Frau fruchtbar und bereit zur Fortpflanzung wird. Im Laufe des Monatszyklus´ sorgen die Hormone nicht nur für Ereignisse wie Eisprung, Menstruation und gegebenenfalls die Empfängnis, sondern auch dafür, dass Frauen oft ein wahres Wechselbad der Gefühle und Launen erleben – und dass sie geheimnisvolle Wandlungen durchmachen, die auch die Menschen um sie herum unbewusst, aber deutlich wahrnehmen.

Wie der weibliche Zyklus verläuft

Der Menstruationszyklus beginnt am ersten Tag der Menstruation und dauert durchschnittlich 28 Tage, wobei auch eine Dauer von 21 und 35 Tagen noch als normal gilt. Die erste Menstruation (in der Fachsprache Menarche genannt) bekommt ein Mädchen meist ab dem 11. oder 12. Lebensjahr, Schluss ist dann erst Jahrzehnte später mit der Menopause, der letzten Regelblutung der Frau, die im Durchschnitt um das 52. Lebensjahr herum auftritt.

Und das passiert in einem Monatszyklus: In der ersten Hälfte reift im Eierstock eine Eizelle heran, die während des Eisprungs in den Eileiter wandert. Mit dem Eisprung beginnt die zweite Zyklushälfte. Im Eileiter hält sich die Eizelle etwa 12 bis 24 Stunden bereit, um durch eine männliche Samenzelle befruchtet zu werden. Wenn dies geschieht, nistet sich die Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut ein. Bemerkbar macht sich das dadurch, dass die Blutung ausbleibt. Ist es allerdings zu keiner Befruchtung gekommen, wird die Gebärmutterschleimhaut mit der Menstruationsblutung ausgestoßen. Sobald die Blutung vorüber ist, baut sich die Gebärmutterschleimhaut wieder neu auf, die nächsten Eizellen machen sich bereit … und das Wunder des Zyklus beginnt wieder von vorn.

Verantwortlich für diesen Prozess sind Hormone. Sie sind es, die das Reifen der Eizelle, den Eisprung und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut steuern. Schwankt der Hormonspiegel einer Frau, merkt sie das meist an unangenehmen Zyklusstörungen: Krämpfe bei der Menstruation, ein verlängerter oder verkürzter Zyklus, das prämenstruelle Syndrom (PMS) mit Stimmungstiefs, Kopfschmerzen und Völlegefühl oder auch das Ausbleiben der Blutung gehören dazu.

Hormone: echte Stimmungsmacher

Selbst Frauen, denen es ansonsten gut geht, die mit ihrem Leben zufrieden und glücklich und außerdem völlig gesund sind, erleben im Zyklusverlauf zum Teil schwere Krisen mit Stimmungsschwankungen, Unruhezuständen, Schlafstörungen und Ähnlichem. Tatsächlich stecken sehr oft die Hormone dahinter. Im Wesentlichen sind es vier unterschiedliche Hormone, die das Leben und Erleben einer Frau ganz schön durcheinanderwirbeln können.

Für Stimmungsschwankungen vor der Menstruation (PMS) wird vor allem  das Hormon Progesteron, auch als Gelbkörperhormon bezeichnet, verantwortlich gemacht. Wenn Progesteron im Stoffwechsel gut verarbeitet wird, wirkt es beruhigend auf den Organismus. Ist aber diese Verarbeitung beeinträchtigt, sorgt es dafür, dass Frauen in seelischen Aufruhr bis hin zu schweren Störungen wie Panikattacken und Phobien geraten können.

Das wichtigste weibliche Geschlechtshormon, das Östrogen, wirkt wie ein Stimmungsmacher, nämlich stark stimulierend auf die Laune und den Geist. Mangelt es an Östrogenen, wie es z.B. während der Wechseljahre der Fall ist, kann es zu einem Stimmungsabfall kommen. Depressive Verstimmungen lassen sich oft darauf zurückführen.

Testosteron wiederum ist ein Sexualhormon, das zwar die meisten im Zusammenhang mit Männlichkeit kennen, das aber durchaus auch im Hormonhaushalt der Frau eine Rolle spielt. Mangelt es an Testosteron, das unter anderem für sexuelle Lust und Antrieb sorgt, kommt es leicht zu schlechter Laune und allgemeiner Schlappheit. Der Testosteronspiegel sinkt im weiblichen Organismus ab einem Alter von etwa 60 Jahren kontinuierlich ab. Das führt dann nicht selten auch dazu, dass eine Frau in höherem Alter keine Libido mehr empfindet – was letztlich wiederum depressive Stimmungen auslösen kann. Besonders Frauen, die die Pille nehmen sind meist von einem Testosteronmangel betroffen.

Ein ganz wichtiges Hormon ist auch das Oxytocin, das auch „Bindungshormon“ oder „Kuschelhormon“ genannt wird. Es wird beim Sex freigesetzt und sorgt mit dafür, dass beide Partner eine enge Verbundenheit entwickeln. Fachleute bestätigen, dass ein Mangel an Oxytocin seelische Tiefs hervorrufen kann.

Hormone und Stimmung bedingen sich gegenseitig

Erstaunlich, aber wahr: Die Stimmung wird nicht nur von den Hormonen, sondern umgekehrt werden auch die Hormone durch die Stimmung beeinflusst. Gefühle und Empfindungen wie Trauer, Stress, Überlastung usw. können den Hormonspiegel deutlich verändern. Das passiert, weil auch die Psyche durch biochemische Abläufe gesteuert wird, bei denen Neurotransmitter wie Serotonin und Adrenalin eine große Rolle spielen. Werden diese Stoffe freigesetzt, wirken sie direkt auf die hormonbildenden Drüsen. Ist also eine Frau beispielsweise anhaltend traurig, etwa weil sie eine Trennung durchleidet, wirken diese Gefühle auf den Eierstock, ein sehr empfindsames Organ. Östrogen, Progesteron, Testosteron, die im Eierstock gebildet werden, fallen aus, in der Folge verändern sich wiederum Stimmung und körperliche Abläufe. Eine echte Wechselwirkung!

Selbst das Gehirn verändert sich im Laufe des Zyklus

Der im Laufe des Monatszyklus´ schwankende Hormonspiegel scheint in verblüffender Regelmäßigkeit auch die Struktur des weiblichen Gehirns immer wieder zu verändern. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig haben höchst Spannendes herausgefunden: Sie konnten beobachten, dass im Rhythmus des Monatszyklus parallel zu den Zyklusabläufen auch die Struktur des Hippocampus variiert, also des Bereichs des Gehirns, der für Gedächtnis, Stimmung und Emotionen zuständig ist.

Wie die Forscher herausfanden, nimmt mit dem bis zum Eisprung ansteigenden Östrogenspiegel gleichzeitig das Volumen des Hippocampus zu. Die Wissenschaftler halten  dies für einen möglichen Beweis dafür, dass damit das Gedächtnis, die Stimmung, die Emotionen und somit auch bestimmte Verhaltensweisen einem regelmäßigen monatlichen Zyklus unterworfen sind. Tests bei Mäusen haben bisher entsprechende Ergebnisse hervorgebracht – ob Menschen hier den Mäusen ähneln, sollen jetzt neue Studien belegen, die derzeit mit einer großen Zahl menschlicher Probanden durchgeführt werden. Die Resultate könnten nützlich u.a. für die Terminierung von Therapien oder Schulungen sein, zum Beispiel wenn sich herausstellen sollte, dass Frauen in bestimmten Zyklusphasen besonders aufnahmefähig sind.

Fruchtbarkeit macht schön und sexy

Dass Frauen im Zyklusverlauf mehrere „geheimnisvolle“ Veränderungen durchlaufen, die von ihrer Umwelt durchaus wahrgenommen werden, haben bereits zahlreiche interessante Studien bewiesen. Meist läuft es auf das Gleiche heraus: Frauen wirken an ihren fruchtbaren Tagen attraktiver auf das andere Geschlecht – so hat es die Natur offenbar eingerichtet, um den Fortbestand der Art zu sichern.

So haben etwa Wissenschaftler der Uni Bern herausgefunden, dass Männer die Gesichter von Frauen, die gerade fruchtbar sind, schöner finden als die Gesichter von Frauen an ihren weniger fruchtbaren Tagen. Die Forscher untersuchten mit einem speziellen Computerprogramm Fotos von 25 Frauen in der fruchtbaren Zeit einerseits und dieselbe Anzahl von Frauengesichtern, die während der unfruchtbaren Tage aufgenommen worden waren. Sie entdeckten bei den Fotos der gerade fruchtbaren Frauen feinste Formverschiebungen an mehr als 170 verschiedenen Punkten im Gesicht. Mit diesen Verschiebungen veränderten die Forscher dann die Fotos von den nicht fruchtbaren Frauen, sodass auch diese damit ein „fruchtbares“ Aussehen erhielten. Zwar waren diese Veränderungen mit dem bloßen Auge nicht erkennbar – dennoch bewerteten 36 Männer beim Vergleich der Fotos die „fruchtbaren Gesichter“ als eindeutig attraktiver. Außerdem schätzten sie diese Frauen als zugänglicher und fürsorglicher ein.

Dass die fruchtbare Phase um den Eisprung herum auch das Verhalten von Frauen verändert, haben weitere Studien im In- und Ausland gezeigt. Die Untersuchung eines französischen Sozialwissenschaftlers belegte, dass fruchtbare Frauen einen langsameren Gang haben, der von Männer als „sexier“ bewertet wird als der Gang nicht fruchtbarer Frauen. Das Ergebnis wurde als „unbewusster weiblicher Wunsch“ interpretiert, in der Eisprungphase die Attraktivität zu stärken, um mehr männliche Sexualpartner anzulocken und die Wahl eines Partners zu erhöhen. Forscher der Universität Göttingen wiederum fanden heraus, dass sich die fruchtbaren Tage der Frau in ihrem Tanzstil widerspiegeln. In ihrer Studie wurden 48 Studentinnen je einmal in ihrer fruchtbaren und in ihrer unfruchtbaren Phase beim Tanzen gefilmt. In den Videos waren nur noch die Umrisse ihrer Körper zu erkennen. 200 Männer, die die Videos dann ansahen, bewerteten durchgehend die Silhouetten der fruchtbaren Tänzerinnen als attraktiver. Die Forscher erklären dieses Ergebnis mit der Vermutung, dass das weibliche Sexualhormon Östrogen das Muskelspiel und damit die Körperbewegungen beeinflusst.

Fruchtbarkeit hat sogar finanzielle Auswirkungen …

In einer noch ungewöhnlicheren Studie US-amerikanischer Wissenschaftler zeigte sich vor einigen Jahren, dass Frauen in ihrer fruchtbaren Zeit anscheinend so attraktiv auf Männer wirken, dass sich dies sogar in finanzieller Hinsicht auswirken kann. Die Forscher von der University of New Mexico ließen über die Dauern von rund zwei Monaten 18 Stripperinnen täglich die aktuellen Daten ihres Monatszyklus´ und gleichzeitig die Höhe ihres täglichen Trinkgelds aufzeichnen. Das Ergebnis ist erstaunlich: Das durchschnittliche, von den Männern zugesteckte Trinkgeld lag während der fruchtbaren Tage um bis zu 150 Euro höher als an den restlichen Tagen!

Finanzielle Folgen ihrer Eisprungphase, allerdings in der anderen Richtung, stellen auch Frauen selbst während ihres Zyklus´ fest. So suchen sie an den fruchtbaren Tagen offenbar besonders gerne Boutiquen und Parfümerien auf, während sie an den weniger fruchtbaren Tagen eher kulinarische Genüsse bevorzugen. Das hat jedenfalls die Befragung von rund 60 Frauen ergeben, die kanadische Marketing-Experten vor einiger Zeit durchführten. Demnach kauften die Frauen an ihren nicht fruchtbaren Tagen Kleidung und Parfümerie-/Drogerieartikel für durchschnittlich knapp vier Euro täglich ein, gaben jedoch in der Zeit um den Eisprung fast zwei Euro mehr pro Tag für dieselben Produkte aus. Gleichzeitig gaben die Befragten an, sich in der fruchtbaren Zeit aufreizender anzuziehen, sich sorgfältiger zurechtzumachen und stärker zu schminken. Für Essen gaben die Teilnehmerinnen an den weniger fruchtbaren Tagen rund 6 Euro, rund um den Eisprung dagegen über 7 Euro täglich aus.

Beweisen können die Forscher ihre Vermutungen bisher noch nicht. Doch herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Signale, die eine Frau während ihres Zyklus aussendet, tief im Unbewussten verwurzelt und ganz auf Fortpflanzung und Erhaltung der Art ausgerichtet sind. Die Evolution hat uns also weiterhin fest im Griff. Und so lange die Natur so gut funktioniert, müssen wir uns um unser Aussterben wohl keine Sorgen machen …

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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