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Ananas, Kaffee, Chili und Co.: Wundermittel für den Stoffwechsel? 

Kommentar schreiben Aktualisiert am 10. August 2017
Wer abnehmen will, kennt das Problem zur Genüge: Man hält sich mehr oder weniger streng an den einen oder anderen Diätplan, verkneift sich so gut wie jede süße Sünde und rafft sich immer wieder mühsam abends von der Couch auf, um vielleicht noch ein wenig Bewegung zu machen … doch das Ergebnis fällt kläglich aus, die Pfunde wollen einfach nicht purzeln. Ein Schuldiger wird oft ausgemacht: der Stoffwechsel, der offensichtlich zu schlapp ist, um genügend Energie zu verbrauchen und eine deutliche Gewichtsreduzierung möglich zu machen. Glaubt man vielen Artikeln in Frauenzeitschriften oder Beiträgen in Diät-Foren und -Blogs, liegt die Rettung ausgerechnet im – Essen! Denn bestimmte Lebensmittel, heißt es dort, regen den Stoffwechsel und damit auch die Fettverbrennung an. Kann das wahr sein? Essen und dabei quasi „automatisch“ Fett verbrennen: Was für eine wundervolle Vorstellung! Natürlich geht es dabei nicht um bekannte „Dickmacher“ wie Currywurst, Pommes und Co., sondern unter anderem um exotische Früchte wie Ananas und Kiwi, Chili und andere scharfe Gewürze, Tee und Kaffee sowie die chemische Verbindung L-Carnithin, die sich in Milchprodukten und Fleisch findet. Bevor wir einmal näher untersuchen, ob diese Lebensmittel wirklich solche „magischen Helfer“ des menschlichen Stoffwechsels sind, zunächst noch ein genauerer Blick auf das, was beim Stoffwechsel eigentlich vor sich geht.

Die Grundlage aller lebenswichtigen Vorgänge im Körper: der Stoffwechsel

Unter dem Stoffwechsel (auch Metabolismus genannt) versteht man alle biochemischen Vorgänge, die innerhalb der Körperzellen ablaufen. Das heißt, die mit der Nahrung zugeführten Nährstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente werden in den Zellen „verstoffwechselt“, also ab- und umgebaut und zu neuen Produkten gemacht. Der Körper sorgt also ständig für sich selbst, um alle lebensnotwendigen Aktionen und Funktionen unseres Körpers gut aufrechtzuerhalten. Das wichtigste Stoffwechselorgan ist die Leber, auch das Hormon- und Nervensystem ist wesentlich am Stoffwechsel beteiligt. Es gibt – jeweils benannt nach der Substanz, die verarbeitet wird – mehrere Stoffwechsel im Körper: den Kohlenhydrat-, Fett-, Eiweiß- und Mineralstoffwechsel. Energie ist das A und O für den Körper: Nur mit ihr kann der Organismus alle seine komplexen Aufgaben erfüllen. Gewonnen wird die Energie aus Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen, den sogenannten Makronährstoffen, die mit der Nahrung aufgenommen werden. Im Magen und Darm werden die Nährstoffe im Rahmen des Verdauungsvorgangs zerlegt: Kohlenhydrate werden zu Zuckern, Eiweiße zu Aminosäuren, Fette zu Fettsäuren und Glyceriden. Diese Zerkleinerung ist wichtig, da der Darm Nährstoffe nur in dieser zerlegten Form aufnehmen und in die Blutbahnen weiterleiten kann. Im Blutkreislauf werden die Nährstoff-Bestandteile dann in alle Zellen des Körpers verteilt. Das, was nach der Verdauung und dem Transport über die Blutbahn in den Zellen passiert, ist die eigentliche „Verstoffwechselung“ der Nahrung. Wenn die Verwertung der Nährstoffe nicht mehr ordnungsgemäß abläuft und die verstoffwechselte Substanz nicht mehr in den Bereichen des Körpers ankommt, wo sie gebraucht wird, dann kommt es zu verschiedenen Krankheiten. Dazu gehört etwa die sogenannte „Zuckerkrankheit“, der Diabetes mellitus. Bei dieser handelt es sich um eine krankhafte Störung des Kohlenhydratstoffwechsels.

Warum ist es wichtig, zum Abnehmen den Stoffwechsel anzukurbeln?

Damit alles im Körper gut funktioniert, braucht jeder Mensch ganz unterschiedlich viel Energie – das ist der sogenannte „Grundumsatz“, der wahrscheinlich „angeboren“, also genetisch bedingt ist. Er kann zwischen 800 und fast 5000 Kilokalorien pro Tag schwanken. Klar ist: Je höher der Grundumsatz, desto besser wird die aufgenommene Nahrung verstoffwechselt – und desto geringer ist die Gefahr, dass sich ungeliebte Fettpolster am Körper bilden können. Der Energieverbrauch, also der Energiestoffwechsel, kann durch die richtigen Maßnahmen und entsprechende Ernährungsgewohnheiten gesteigert werden – wodurch der Körper zum Gewichtsverlust, also zum Abnehmen, „ermuntert“ werden kann. Denn wer am Ende mehr Energie verbraucht, als er mit der Nahrung in Form von Kalorien aufnimmt, verliert an Gewicht.

Können nun bestimmte Lebensmittel tatsächlich den Stoffwechsel auf Touren bringen?

Immer wieder wird behauptet, dass beispielsweise Enzyme, die in exotischen Früchten wie Kiwi, Papaya und Ananas vorkommen, den Fettabbau ankurbeln sollen. Doch streiten viele Mediziner und Ernährungsexperten – unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Ernährung – einen Fett verbrennenden Effekt der Enzyme ab. Da es sich bei Enzymen um Eiweiße handele, die im Magen gespalten werden, könnten sie gar nicht in die Fettverbrennung eingreifen, da sie bereits vorher inaktiviert würden, so das Gegenargument. Und damit nicht genug: Ernährungswissenschaftler weisen sogar darauf hin, dass ein Zuviel dieser Obstsorten das Abnehmen eher verhindere, da diese Früchte reichlich schnell verdauliche Kohlenhydrate enthalten. Regelmäßig und in Maßen genossen sind die fruchtigen Exoten allerdings durchaus sehr gesund. Auch während einer Diät, wenn mal der Magen knurrt, sind sie als schneller Snack zwischendurch gut geeignet. Wie sieht es mit scharfen Gewürzen wie Chili aus? Wer ein richtig scharfes Gericht genießt und dabei mit Schweißausbrüchen, brennendem Mund und tränenden Augen zu kämpfen hat, kann durchaus den Eindruck bekommen, dass sich dieser hitzige Effekt auch auf den Energieverbrauch auswirkt. Und genau das wird auch behauptet: Durch die wärmende Wirkung der Scharfstoffe, vor allem des im Chili enthaltenen Capsaicin, soll mehr Energie verbraucht und der Fettabbau gefördert werden. Doch auch diese Hoffnung machen Wissenschaftler klar zunichte: Es sei lediglich die Verdauung, die durch scharfe Gewürze auf Touren komme, nicht aber die Fettverbrennung. Auch Tee und Kaffee wird nachgesagt, dass sie beim Abnehmen Wunder wirken könnten. Bestimmte Teesorten – beispielsweise Matetee, grüner Tee oder Pu-Erh-Tee – und Kaffee sollen den Energieverbrauch erhöhen, den Fettabbau beschleunigen und die Verdauung anregen – sprich, den Stoffwechsel gehörig auf Trab bringen. Ernährungsexperten äußern sich hier zögerlich: Zwar gebe es Studien, deren Ergebnisse vermuten ließen, dass Gerbstoffe aus bestimmten Teesorten und Koffein sich günstig auf die Fettverbrennung auswirkten. Doch fehle dafür bisher jeglicher Beweis. Anerkannte Wissenschaftler gehen bis heute eher davon aus, dass die vermutete Wirkung nur sehr gering sei und man schon sehr viel dieser Getränke zu sich nehmen müsste, um entsprechende Effekte zu erzielen – was bekanntlich vor allem im Fall von Kaffee ja alles andere als gesund ist. Auch eine weitere immer wieder beschworene Abnehm-„Wunderwaffe“ findet wenig Gnade vor den Augen vieler Ernährungsexperten und Ärzte: Das L-Carnitin. Der menschliche Körper produziert selbst L-Carnithin und speichert es z.B. im Muskelgewebe; außerdem ist der Stoff in Fleisch- und Milchprodukten enthalten. Die Annahme, dass reichlich L-Carnitin die Fettverbrennung anregt, beruht wohl auf der Tatsache, dass die Substanz unter anderem beim Fettabbau eine Rolle spielt. Doch wissenschaftliche Beweise gibt es laut der meisten Experten dafür ebenfalls keine. Vielmehr hätten Untersuchungen gezeigt, dass überschüssiges L-Carnitin vom Körper nicht eingelagert und verwertet, sondern wieder ausgeschieden werde – womit die beschriebene stark Fett verbrennende Wirkung wohl ausbleiben dürfte.

… und was hilft nun wirklich bei der Fettverbrennung?

Abnehmwillige kommen nun mal nicht drum herum: Das beste Mittel, um Fett zu verbrennen, ist und bleibt der Sport. Empfohlen zum Abnehmen werden vor allem maßvolle Ausdauersportarten wie Joggen, Walken, Schwimmen oder Radfahren. Dabei sollte man sich durchaus anstrengen, jedoch nicht völlig außer Atem geraten – am besten ist es, wenn man sich während der Bewegung noch unterhalten kann. Gleichzeitig ist Sport auch ideal für den Muskelaufbau, der ebenfalls wesentlich für eine Diäterfolg ist: Je mehr Muskelmasse vorhanden ist, desto mehr Energie verbraucht der Körper auch im Ruhezustand. Es muss übrigens nicht immer gleich der Vertrag im Fitnessstudio sein. Wer Bewegung dauerhaft in seinen Alltag integriert, etwa Treppen steigt statt den Lift zu nehmen oder die Kollegin im Büro besucht statt sie anzurufen, der kann schon viel bewirken und – kombiniert mit der richtigen Ernährung – sich schon bald über purzelnde Pfunde freuen!

Zu guter Letzt ganz wichtig: dem „Jo-Jo-Effekt“ vorbeugen ...

Diät- und Ernährungsexperten werden nicht müde, es zu betonen: Wer abnehmen und das geringere Gewicht auch auf Dauer halten will, muss seine Ernährung auch dauerhaft umstellen. Eine relativ kalorienarme, nährstoffreiche und möglichst naturbelassene Kost ist die beste Basis, um schlank zu bleiben – und lässt durchaus auch mal die eine oder andere „Sünde“ zu. So sieht ein idealer Diät-Speiseplan aus:
  • Leichte, abwechslungsreiche Mahlzeiten mit eher wenig tierischen - dafür umso mehr pflanzlichen Produkten
  • Kaum „leere“ Kalorien aus Weißmehl oder raffiniertem Zucker
  • Viel Frisches statt Fertigprodukten und Fast Food
  • Reichlich Wasser und ungesüßte Kräutertees

... und bloß nicht zu wenig essen!

Der gefürchtete Jo-Jo-Effekt, also das schnelle Wieder-Zunehmen nach einer erfolgten Diät, tritt immer dann auf, wenn man während einer Diät dem Körper zu wenig Nähr- und Vitalstoffe zuführt - also wenn man zu wenig und/oder zu einseitig isst. Vor allem diejenigen, die einen sowieso eher trägen Stoffwechsel haben, sorgen damit dafür, dass die Körperzellen komplett auf „Sparflamme“ schalten und alles andere tun, als fleißig Fett zu verbrennen.  Sobald man nach der Diät wieder normal isst und dem Körper endlich wieder ausreichend Fett und Kohlenhydrate gönnt, speichert er diese Nährstoffe erst recht ein, um Vorräte für die nächste „Hungerphase“ zu horten. Deshalb ist es so wichtig, sich statt einer Crash-Diät lieber reichlich Zeit zum Abnehmen zu lassen und das Gewicht zwar langsam, dafür aber nachhaltig zu reduzieren. Probieren Sie´s aus – so klappt´s bestimmt!

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Helga Boschitz
Autor: Helga Boschitz

Helga Boschitz, Jahrgang 1966, ist freie Journalistin und Texterin, lebt in Nürnberg und gehört seit Januar 2016 zum apomio.de-Team. Nach Studium und Ausbildung arbeitete sie seit Anfang der 1990er-Jahre als Magazinredakteurin und Moderatorin in Hörfunk- und Fernsehredaktionen u.a. beim Südwestrundfunk, Hessischen Rundfunk und Westdeutschen Rundfunk. Medizin- und Verbraucherthemen sind ihr aus ihrer Arbeit für das Magazin „Schrot und Korn“ sowie aus verschiedenen Tätigkeiten als Texterin vertraut.

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