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Wie uns Musik unseren Körper und Stimmung beeinflusst

Kommentar schreiben Aktualisiert am 26. September 2016

Musik berührt uns tief. Sie kann von einem Moment auf den anderen die Stimmung und Atmosphäre verändern. Herzschlag, Blutdruck und Sportsgeist steigen an bei dynamischen Tönen. Oder wir wählen eine sanfte Musik und werden entspannt. Musik verringert das Schmerzempfinden, Angst und die Stresshormone im Körper. Dafür steigen die Glückshormone an und das Immunsystem wird gestärkt. Der Bezug zu Musik wird schon im Mutterleib hergestellt. Da sie ohne Worte funktioniert und das Unterbewusstsein anspricht, wird sie in der Psychotherapie, bei Koma- und Demenzkranken eingesetzt. Musik ist nicht nur gute Unterhaltung. Sie kann gezielt zur Motivation, Leistungssteigerung, Entspannung und Balsam für die Seele genutzt werden. Je nach Bedarf.

Warum berührt Musik immer unsere Gefühle?

Das Gehör zählt zu unseren Frühwarnsystemen. Jedes Geräusch wahrzunehmen und sofort darauf reagieren zu können, bedingt, dass die analytische Großhirnrinde, die erst Pro- und Kontra-Listen auswertet, bevor sie sich für eine Reaktion entscheidet, beim ersten Ton noch außen vor bleibt. Deshalb kann Musik zu Anfang ungefiltert unser Wesen erreichen und entsprechend tief wirken. Erst im zweiten Moment hat die Großhirnrinde die Chance, die Töne im Kopf zusammenzubauen, dass wir sie bewusst als Musik wahrnehmen.

Musik wird abgespeichert wie Gerüche, und zwar im limbischen System. So wie bestimmte Düfte sofort an eine Person oder Situation erinnern, tut es auch ein Musikstück. Deshalb ruft Musik, die wir kennen, immer Gefühle hervor. Dabei hat jeder seine eigenen Erinnerungen. Es gibt keine gesicherte Auswahl, die bei allen dasselbe bewirkt. Das ist nur in Bezug auf das Tempo der Fall.

Was bewirkt Musik im Körper?

Aufgenommen wird Musik nicht nur über die Ohren, sondern auch über die Druckrezeptoren der Haut. Die Vibrationen des Schalls bringen außerdem das Wasser im Körper in Bewegung, so dass alles mitschwingt. Immerhin liegt der Wasseranteil beim Neugeborenen bei 75 %, beim Erwachsenen bei 65 % und beim älteren Menschen noch bei 50%.

Musik hat Einfluss auf Herzschlag, Blutdruck und Atemfrequenz. Nach einer Untersuchung der Central Krankenversicherung laufen normale Körperfunktionen des Menschen bei 72 Herzschlägen pro Minute ab. Musik mit mehr als 72 Beats pro Minute (bpm) aktiviert das Körpersystem, puscht auf, bessert die Stimmung und steigert die Leistungsfähigkeit. Langsame Musik mit weniger als 72 bpm, vor allem Klassik, hat eine beruhigende Wirkung. Stresshormone werden abgebaut, die Muskulatur entkrampft sich und der Blutdruck wird gesenkt. Sinkt der Stresspegel, hat das außerdem eine stärkende Wirkung auf das Immunsystem.

Welchen Einfluss hat Musik auf die geistige Leistungsfähigkeit? 

Die bekannteste Studie zur Wirkung von Musik auf die Konzentrationskraft wurde von Frances Rauscher von der Universität Wisconsin veröffentlicht. Ihre Probanden konnten sich nach nur 10 Minuten Mozart besser konzentrieren. Der „Mozart-Effekt“ wurde inzwischen auf andere klassische Meister und Rockmusik ausgeweitet. Wichtigster Punkt ist weniger die Art der Musik, sondern dass sie gefällt. Interessant ist, dass für mehr Konzentrationskraft Klassik und Rock möglich sind. Will man aber unterbewusste Prozesse in Gang bringen, dann ist Mozart & Co. den Vorrang zu geben.

Konzentrationsfördernde Musik darf nicht zu schnell sein und sollte möglichst keinen oder wenig Text enthalten. Ein fröhlicher Grundton, in der Klassik Dur statt Moll, aktiviert am besten die maßgeblichen Gehirnregionen. Was sich bei Studien in Schulen herausstellte, ist die mögliche Erhöhung des IQ mit Hilfe von Musik. Auch der Abbau von Gehirnzellen bei älteren Menschen soll durch den Einfluss von Musik verlangsamt werden. Ein großes Plus für die geistige Leistungsfähigkeit ist aktives Musizieren. Mehr noch als beim passiven Zuhören werden beim Erlernen und Spielen eines Musikinstruments neue Verschaltungen im Gehirn gebildet. Musiker haben z.B. eine stärker ausgeprägte Brücke, d.h. Verbindung zwischen rechter und linker Gehirnhälfte als Nichtmusiker.

Wie kann man Musik im Alltag zur Motivation, Konzentration und Selbstbehandlung einsetzen?

Oft wählen wir die passende Musik schon intuitiv für unsere Ziele aus: Peppiger Rock zum Aufwachen beim Frühstück, dynamisch-fröhliche Töne mit viel Tempo zum Joggen, ein unauffälliges Instrumentalstück, wenn wir uns konzentrieren müssen, und meditative Entspannungsmusik, um den Stress des Tages hinter uns zu lassen.

Wenn wir dagegen unausgeglichen sind, setzt sich das in der falschen Musikauswahl fort: Aggressionen werden sicher nicht mit AC/DC abgebaut. Liebeskummer und depressive Phasen bessern sich sicher nicht mit einem melancholischen Klassik-Stück in Moll. Gerade in angespannten, schwierigen Phasen sollten wir ganz bewusst die heilsame Wirkung von Musik einsetzen: Lieblingsstücke vom Tempo her nach dem Ziel blutdrucksteigernd oder blutdrucksenkend auswählen. Konzentration mit Rock mit einfachem Text oder einem instrumentalen Klassikstück stärken. Für die abendliche Beruhigung langsame Klassik, Meditationsmusik oder sanfte Lieblingsmusik einsetzen. Da Körper, Geist und Seele sofort auf Musik anspringen, macht es Sinn, Feierabend, Wochenende, Sport, Yoga, Schlafenszeit mit immer dergleichen Musik einzuläuten. Dann weiß Ihr System sofort, was jetzt dran ist, und stellt sich darauf ein.

Wozu wird Musik medizinisch und therapeutisch genutzt?

Entspannende Musik senkt die Konzentration des Stresshormons Cortisol und erhöht die Bildung von schmerzreduzierenden Endorphinen. Der Patient hat weniger Angst vor einem operativen Eingriff und während der OP sinkt der Bedarf an Narkosemitteln um bis zu 50 %. Musik wird auch in der Rehabilitation nach einem Schlaganfall oder Hirntrauma erfolgreich eingesetzt. Mit Marschmusik oder anderen aktivierenden Stücken wird der Patient motiviert und mobilisiert. Koordinationsübungen fallen leichter. In der Tinnitus-Therapie wird speziell auf den individuellen Ton im Ohr produzierte Musik genutzt.

In der Psychotherapie ist Musik das ideale Medium, um wieder in Kontakt zu verschüttgegangenen Traumata zu gelangen. Bei Koma-Patienten wird durch Musik die Regeneration beschleunigt. Demenzkranke können ohne Worte erreicht werden. Sie finden durch Lieder von früher zu alten Erinnerungen zurück und erhalten dadurch seelischen Halt.

Welche Wirkung hat Musik auf das Kind im Mutterleib?

Natürlich beruhigt sanfte Musik Mutter und das ungeborene Kind. Aber Untersuchungen zufolge geht es dem Kind in erster Linie darum, was es neben dem Herzschlag der Mutter zu hören bekommt. Das kennt es, das verbindet es mit der Geborgenheit im Bauch der Mutter und das bevorzugt es. Man kann das Kind schon im Mutterleib an beruhigende Schlaflieder gewöhnen, die nach der Geburt gleich Wirkung zeigen. Eine Studie zeigte, dass das Baby Musik, die es im Bauch hört und nach der Geburt erst nach einem Jahr wieder zu hören bekommt, sofort wiedererkennt und allen anderen Musikstücken vorzieht.

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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