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Neue Therapiemethode bei Gelenkerkrankungen: Die Radiosynoviorthese

Kommentar schreiben Aktualisiert am 02. Dezember 2016

Chronisch entzündliche Gelenkerkrankungen basieren auf eine dauerhafte Entzündung der Gelenkinnenhaut, auch Synovia genannt, welche sich verdickt und zottenartige Wucherungen ausbildet. Mit einem nuklearmedizinischen Verfahren sollen diese entzündlichen Gelenkerkrankungen lokal behandelt und die Gelenkschleimhaut wieder hergestellt werden. Wissenswertes zur Therapiemethode „Radiosynoviorthese“ im folgenden Beitrag.

Was bedeutet Radiosynoviorthese?

Die Radiosynoviorthese, abgekürzt RSO, bedeutet wörtlich die Wiederherstellung der Gelenkschleimhaut, mittels radioaktiver Strahlung: „radio“ steht für „radioaktives Isoptop“, Synovialis ist die Gelenkschleimhaut und Orthese heißt Wiederherstellung. Die Radiosynoviorthese ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, mit welchem chronisch-entzündliche Gelenkerkrankungen, wie zum Beispiel die rheumatoide Arthritis, behandelt werden. Rechtzeitig angewendet ist es sogar möglich, dass Zerstörungen der Gelenkschleimhaut verhindert werden und die Behandlung gelenkerhaltend wirkt. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen darf dieses medizinische Verfahren nur von einem Arzt für Nuklearmedizin durchgeführt werden; ebenfalls ist dieser auch verpflichtet, die Indikation für diese Therapie zu prüfen.

Wann ist es angebracht und welche Gelenke können behandelt werden

Manchmal können wirksame Methoden, wie physikalische Therapie, Bewegungstraining und Gelenkschutz sowie die Einnahme von Medikamenten eine Gelenkzerstörung bei einer rheumatischen Arthritis nicht vorbeugen, sodass die Radiosynoviorthese – frühestens nach Ablauf von sechs Monaten Basistherapie – zum Einsatz kommen kann, um in den Gelenken selbst die Entzündung zu bekämpfen. Ein Beispiel: Das Krankheitsbild der rheumatischen Arthritis, auch als chronische Polyarthritis bezeichnet, wird durch sogenannte Antikörper gegen das eigene Gewebe hervorgerufen, was zu einem Entzündungsreiz führt und folglich Wucherungen der Gelenkschleimhaut im Gelenk entstehen, die schmerzhaft sind und beim ständigen Fortschreiten die Konsequenz einer Knorpel- und Gelenkzerstörung ist. Sofern eine medikamentöse entzündungshemmende Therapie nicht mehr das Mittel der Wahl ist, ist es erforderlich, die Gelenkschleimhaut gezielt zu behandeln und in einem chirurgischen operativen Eingriff zu entfernen. Die Alternative zur Operation ist die Bestrahlung der Gelenkschleimhaut, wodurch das krankhafte Wachstum und der zerstörerische Übergang zu Knorpel und Knochen aufgehalten werden kann.

Wie wird die Therapie durchgeführt

Mit Hilfe einer einfachen Punktion kann in das betroffene Gelenk ein radioaktiver Stoff – es handelt sich um sogenannte Beta-Strahlen – injiziert werden. Der Eingriff ist somit relativ klein. Dieser Stoff dringt nur wenige Millimeter in das Gewebe ein und hat trotz allem eine sehr große Wirksamkeit: es kommt zu einer gleichmäßigen Verteilung in der Gelenkflüssigkeit und zur Aufnahme des radioaktiven Stoffs von den oberflächlichen Zellen, die sich auf der Gelenkschleimhaut befinden. Der positive Effekt dabei: die erwünschte Wirkung stellt sich nur lokal in dem krankhaften Bereich ein, ohne dabei im gesamten Organismus verteilt zu werden. Im weiteren Verlauf der Therapie kommt es zur Verödung der Schleimhautoberfläche, sodass kleinste Kanälchen, aus denen Ergussflüssigkeit in das Gelenk dringen konnten, verschlossen werden. Auch Nervenendigungen werden ausgeschaltet: die Schmerzen werden gelindert oder lassen komplett nach. Der radioaktive Stoff hat eine sehr kurze Halbwertszeit (wenige Tage) und auch die Reichweite wird sehr gering gehalten, weshalb man von einer äußerst niedrigen Strahlenbelastung für den eigenen Organismus als auch für das Umfeld spricht. Schon nach wenigen Tagen kann die Wirkung eintreten; in einigen Fällen kann aber auch erst nach einigen Wochen bis Monaten die Wirksamkeit beobachtet werden. Die Strahlenbelastung beschränkt sich nämlich ausschließlich auf die Gelenkschleimhaut, welche auch behandelt werden soll; es kommt zu keinerlei Schädigung des angrenzenden Gewebes. Erfolgsbringend ist die Radiosynoviorthese in jedem Fall: bis zu 80 Prozent aller behandelten Patienten können nur drei Monate nach der Strahlenbehandlung über einen spürbaren Rückgang ihrer körperlichen Beschwerden, wie das Auftreten von Schmerzen oder einer Gelenkschwellung, berichten.

Die Radiosynoviorthese kann für folgende rheumatische Erkrankungen zur Anwendung gebracht werden:

  • rheumatoide Arthritis
  • Psoriasisarthritis
  • villonoduläre Synovialitis
  • entzündungsaktivierte Arthrosen
  • Daumensattelgelenkarthrose
  • Fingerpolyarthrose
  • Großzehengrundgelenkarthrose

Welche Nebenwirkungen können bei der Radiosynoviorthese auftreten?

Von einer Therapie mit radioaktiver Strahlung ist bei Schwangeren und Frauen in der Stillzeit abzuraten, ebenfalls bei Kindern und Jugendlichen. In sehr wenigen Fällen ist in den ersten Tagen eine Strahlensynovitis festgestellt worden und sich in einem Reizerguss äußert: Ein Kribbeln oder Stechen sowie die Schwellung und Überwärmung des Gelenks können zustande kommen. Man spricht allerdings hierbei von einer nur vorübergehenden Erscheinung. Um einen Reizerguss zu vermeiden wird auch eine Ruhigstellung des Gelenks nach dem Eingriff empfohlen. Eine weitere Nebenwirkung bzw. Komplikation ist wie bei jeder Gelenkpunktion die Entstehung von Infektionen: Bakterien können durch den Stichkanal in das Gelenk eindringen. Aus diesem Grund hat die sorgfältige Hygiene wie bei jedem Eingriff einen besonders hohen Stellenwert. Aus diesem Grund ist auch eine lokale Infektionen und Hauterkrankung in der Umgebung der Injektionsstelle eine Kontraindikation für diese Therapie. Glücklicherweise treten diese Nebenwirkungen aber selten auf.

Fazit: Insgesamt kann man von einer hohen Erfolgsquote durch einen minimalen Eingriff sprechen, wodurch Linderung der Beschwerden und/oder völlige Beschwerdefreiheit erzielt werden können.

J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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