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Nachgefragt bei Frau Helm: Antibiotika?!

Kommentar schreiben Aktualisiert am 25. Juni 2018

Beate Helm hat als Heilpraktikerin jahrelange Berufserfahrung in den Bereichen Naturheilkunde und Psychotherapie. Heute leitet sie ihr eigenes Ausbildungsinstitut und ist zudem als Autorin tätig. In ihrer apomio-Kolumne „Nachgefragt bei Frau Helm“ berichtet sie regelmäßig und ganz persönlich über eigene Erfahrungen, Meinungen und Wissenswertem zu den Themen Gesundheit, Prävention, natürliches Heilen und Persönlichkeitsentwicklung. Gerade komme ich aus einem Marokko-Urlaub zurück. Dazu gehörte eine Rundreise, die schon Einiges abforderte. Eine Miturlauberin klappte kreidebleich im Bus zusammen und verlor kurz das Bewusstsein. Klarer Fall von Kreislaufschwäche. Flüssigkeit zuführen, Beine hoch, kalte Umschläge und der Kreislauf kommt wieder in Schwung. Das war meine Devise und die einer ebenfalls anwesenden Krankenschwester. Die „Patientin“ sperrte sich jedoch und wollte sitzen bleiben. Dann eben nicht. Sie blieb bleich. Ansonsten war sie okay, kein Magen-Darm-Problem oder eine andere Infektion. Abends, als es ihr schon deutlich besser ging, kam ein Arzt ins Hotel und verabreichte ihr ein Antibiotikum. Ich frage mich: Wozu?

Was ist ein Antibiotikum?

Ein Antibiotikum ist ein Stoffwechselprodukt, das von Mikroorganismen zum eigenen Schutz vor Bakterien gebildet wird. Antibiotika können auch synthetisch hergestellt werden. Sie hemmen das Wachstum von Bakterien oder töten sie ab. Antibiotika bekämpfen nur bakteriell bedingte Infektionskrankheiten!

Wie wirkt ein Antibiotikum?

Häufig stört es den Aufbau der schützenden Zellwand. Penicillin bindet z.B. an ein Enzym, das für die Quervernetzung der Bausteine der Zellwand notwendig ist. Die Zellwand des Bakteriums wird durchlässig und nimmt Wasser auf. Die Bakterienzelle löst sich auf oder platzt regelrecht. Der Zellwandbestandteil ist ein Zucker. Er heißt Murein und es gibt ihn nur bei Bakterien. Deshalb bleibt die Zellwandsynthese bei Mensch und Tier unberührt. Andere Antibiotika stören ebenfalls die schützende Funktion der Zellwand. Wieder andere hemmen die Eiweißsynthese oder die Teilung und damit die Vermehrung der Krankheitserreger.

Antibiotika – Allheilmittel für alles?

Eben nicht. Antibiotika bekämpfen Bakterien. Sie haben keinerlei Einfluss auf Viren, die z.B. für Erkältungen, Grippe, Masern, Herpes und Hepatitis verantwortlich sind. Und schon gar nicht auf andere Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme, hormonelle Störungen usw. Die Vorstellung, Krankheiten jeder Art mit einem Antibiotikum verhindern oder auslöschen zu können, ist falsch! Deshalb macht es gerade bei Virus-Erkrankungen wie Schnupfen und Bronchitis, wenn keine seltene bakterielle Zusatzinfektion vorliegt, keinen Sinn, auf einer Verschreibung eines Antibiotikums zu beharren oder sie als Arzt durchzuführen. Im Gegenteil!

Wann braucht man Antibiotika wirklich?

Bei gefährlichen bakteriellen Erkrankungen, z.B. einer Herz-, Lungen-, Hirn- oder Hirnhautentzündung, schwerer Blasen- und Niereninfektion und drohender Sepsis. Um einen Rundumschlag mit einem Breitbandantibiotikum zu vermeiden, würde ich ein Antibiogramm erstellen lassen. Es zeigt, auf welches Antibiotikum das krankmachende Bakterium reagiert. Und das allein wird auch nur eingenommen. Ein Breitbandantibiotikum gegen diverse Bakterien gleichzeitig ist nur bei plötzlicher, bedrohlicher Infektion gerechtfertigt, wenn sofortiger Handlungsbedarf besteht und keine Zeit ist, ein Antibiogramm zu erstellen. Bei kleineren Entzündungen helfen antibiotische Heilpflanzen und homöopathische Mittel.

Was passiert, wenn Antibiotika unnötig eingenommen werden?

Die Bakterien werden auf Dauer immun. Es entstehen Resistenzen. Sie erkennen die Taktik des Antibiotikums und finden eine Gegenstrategie. Wird z.B. durch das Antibiotikum ein Enzym zum Bau der Zellwand blockiert, baut das Bakterium dieses Enzym etwas um und schon hat das Medikament keine Wirkung mehr. Diese Mutationen sind umso wahrscheinlicher, je häufiger ein Kontakt zwischen Antibiotikum und Bakterien besteht. Da Bakterien über einen starken Gemeinschaftssinn verfügen, geben sie die Info, wie dem Antibiotikum Paroli geboten werden kann, gleich an ihre Bakterienfreunde und sogar fremde Bakterienstämme weiter. Das Infonetzwerk funktioniert perfekt. Die immunen Bakterien können sich weiterhin ausbreiten und Schaden anrichten. Das Medikament hat ausgedient.

Warum soll man Antibiotika die vorgegebene Dauer einnehmen?

Auch wenn die Beschwerden schon weg sind, sind alle Bakterien erst ausgelöscht, wenn die vorschriftsmäßige Dauer der Einnahme befolgt wird. Sonst bleiben Bakterien, ggf. auch resistente Formen, übrig. Sie breiten sich bei schwachem Immunsystem erneut aus. Die Erkrankung wird verschleppt und flammt immer wieder auf. Das Risiko einer Resistenz wird erhöht. Die Bakterien werden unempfindlich gegen das Medikament. Tritt eine weitere Infektion auf, ist bei dem Patient dieses Antibiotikum wirkungslos. Etwa 25000 Menschen sterben jährlich in Europa, weil sie wegen ihrer Antibiotikaresistenzen nicht mehr behandelt werden können.

Woher kommen die multiresistenten Monsterkeime?

Multiresistente Keime sind gegen die wichtigsten Antibiotika immun und können nur schwer oder gar nicht bekämpft werden. Neben zu kurzer Einnahme des Medikaments und falscher, unnötiger Verschreibung trägt die unbegründete Einnahme von Breitbandantibiotika zur Resistenzbildung bei. Antibiotika werden im Körper nur zum Teil abgebaut und gelangen ins Abwasser. Die Kläranlagen sind für die ihre Filterung noch nicht ausgerichtet und so wandern sie nachweislich in Seen und Flüsse, aus denen auch Trinkwasser gewonnen wird. Na denn Prost!

Antibiotika als Futterzusatz in der Tiermast – Resistenzen garantiert!

Ein weiterer Faktor ist der Einsatz von Antibiotika und auch Reserve-Antibiotika, die für schwere und resistente Krankheitsfälle zurückgehalten werden sollten, in der Tiermast. Hier wird weltweit die Hälfte der Antibiotika verbraucht. Es ist zwar bei uns seit 2005 verboten, Antibiotika zur Leistungssteigerung des Tiers einzusetzen. Da kräht aber kein Hahn danach. Bestenfalls die Masthähnchen und Puten, die am meisten mit dem Bakterienkiller behandelt werden. Vorsorglich werden alle, gesunde und kranke Tiere, meist über das Trinkwasser mit Antibiotikagaben versorgt. Das verhindert Infektionen, die sich auf den ganzen Bestand ausbreiten und das Wachstum, d.h. den schnellen Profit, verzögern oder gar zum Tod der Tiere führen könnten. Es gibt keine individuelle Behandlung im industriellen Mastbetrieb! Antibiotika für alle, ohne Beachtung der Karenzzeit vor der Schlachtung, d.h. frisch auf unseren Tisch. Sie ähneln im Aufbau unseren Antibiotika. Konsum von Billigfleisch garantiert deshalb die ständige Aufnahme von Antibiotika und eine schnellere Resistenzbildung. Guten Appetit!

Die achtlose Produktion im Fernen Osten – Antibiotika ungefiltert ab in die Natur!

Bei der Produktion von Antibiotika in Europa gibt es höchste Sicherheitsauflagen. Es darf kein Wirkstoff in die Umwelt gelangen. Das ist teuer. Also ab nach China und Indien zur Billigproduktion. Eigentlich können auch Sie im hauseigenen Labor Medikamente nach Gutdünken herstellen und vertreiben. Die Vorlagen für die Originalverpackung finden sich kostenlos im Internet. Bei der Produktion im Fernen Osten gibt es keine nennenswerten Umweltschutzauflagen. Die Flüsse um die Produktionsstätten schäumen vor Antibiotika-Abwässer wie bei uns früher die Flüsse mit Waschpulver. Es entwickeln sich Bakterien, die gegen alle relevanten Keime resistent sind. Aus den Flüssen wird fröhlich gefischt und geangelt. Über die Nahrungskette und den Tourismus gelangen die Monsterkeime, die kein Antibiotikum mehr beherrschen kann, zu uns.

Was richten Antibiotika noch in unserem Körper an?

Antibiotika haben eine ganze Reihe nicht unerheblicher Nebenwirkungen. Besonders im ersten Lebensjahr, wenn das Immunsystem noch in der Entwicklung ist, sollten sie nur bei dringender Indikation angewendet werden. Antibiotika unterscheiden nicht zwischen Gut und Böse. Sie merzen auch die nützlichen Bakterien im Darm aus. Das schlägt massiv auf unser Immunsystem. Ein Teufelskreis entsteht: Weniger Abwehrkraft lädt krankmachende Bakterien und Infektionen ein. Eine erneute Gabe an Antibiotika schwächt noch mehr das Immunsystem und erhöht die Resistenz gegen das Medikament. Die schädlichen Bakterien werden gestärkt, die nützlichen platt gemacht. Unsere Abwehrkräfte gehen immer mehr in die Knie. Deshalb noch einmal: Augen auf bei der Wahl der Medikamente! Antibiotika nur bei der richtigen Indikation!

Wie kann man es anders machen, z.B. in Holland?

Holland liegt gleich um die Ecke, aber in medizinischen Dingen sind uns die Niederländer oft weit voraus. Das betrifft auch den Umgang mit Antibiotika. Sie wirken dem Druck der Patienten, auch bei Husten, Schnupfen, Heiserkeit ein Antibiotikum verordnet zu bekommen durch einen Schnelltest entgegen. Er zeigt, ob es sich um eine virale oder bakterielle Infektion handelt. Der Patient sieht schwarz auf weiß, dass er nur einen Schnupfenvirus hat und ein Antibiotikum nicht braucht. In den seltenen Fällen einer bakteriell bedingten Erkältung erhält er das gewünschte Medikament. Auch der Arzt wird so von den überflüssigen Verschreibungen von Antibiotika bewahrt. In Holland herrscht außerdem eine äußerst penible Hygiene bei Operationen. Infektionen werden vermieden, der Einsatz des Notfallmedikaments verhindert. Durch all diese Maßnahmen wurde die Anwendung von Antibiotika um 40 % gesenkt! Auch in der Tiermast wurde der Einsatz von Antibiotika um die Hälfte reduziert. Geht doch! Müssen sich nur noch Ärzte, Tierärzte und Politiker aus dem Würgegriff der Pharmaindustrie befreien. Und schon geht es mit der Gesundheit bergauf.

Was kann man selbst besser machen?

Genau hinsehen! Ich habe bisher nur selten Antibiotika eingenommen. Da waren eine Nierenbeckenentzündung in meinen 20ern und später noch ein Zahnherd mit Kieferknochenbeteiligung. Da habe ich auch als Heilpraktikerin mit der Chemiekeule zugeschlagen. Aber sonst arbeite ich mit natürlichen Mitteln, Geduld und der Überlegung, was mir mein Körper  sagen will. Was sollte ich im Leben ändern statt es über den Körper auszuagieren? Jede Entzündung ist ein Zeichen für unterdrückte Aggression. Wo sollte ich Zähne zeigen statt mir einen Zahn zu ruinieren? Wo sollte ich mich durchsetzen, statt einen fieberhaften Infekt zu kreieren? Das sind die eigentlichen Fragen und ihre Antwort ist die beste Prophylaxe vor Entzündungen, dem Hauptanwendungsbereich von Antibiotika. Nicht zu vergessen die richtige Einnahme in den wenigen Fällen, in denen ein Antibiotikum tatsächlich notwendig ist, und der Verzicht auf mit Antibiotika angereichertes Billigfleisch. Die Bio-Variante befindet sich im Supermarkt meist gleich daneben. Das hilft den Tieren, schmeckt besser und bewahrt wie auch die anderen Maßnahmen die Möglichkeit, mit Antibiotika Leben zu retten.

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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