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Der Versuch zu Vergessen: Posttraumatischen Belastungsstörung

Kommentar schreiben Aktualisiert am 11. Juni 2015

Nach einem belastenden Erlebnis gibt es für viele nur eins: das Vergessen. Doch gerade schlimme körperliche Erfahrungen können auch Jahre später Einfluss auf Gesundheit und Psyche nehmen. Es kommt zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung. In einer Therapie muss das Erlebte Schritt für Schritt aufgearbeitet und in die Biografie integriert werden – verdrängte Erinnerungen kommen zum Vorschein.

Viele Menschen erleben ihn, den traumatischen Einschnitt in ihrem Leben. Dabei kann es sich um einen Unfall, eine Gewalttat, eine Naturkatastrophe, die Diagnose einer schweren Erkrankung oder eine andere Ausnahmesituation handeln. Der Betroffene fühlt dabei Ohnmacht, Hilflosigkeit, Lebensangst, Schmerz und Leid. Sein Körper hat Probleme damit, die erlebten Gedanken, Gefühle und Sinneswahrnehmungen richtig zu verarbeiten und ein Trauma entsteht.

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine verzögerte psychische Reaktion auf eben dieses einschneidende Ereignis. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen langanhaltenden und kurzen Traumata. Zu den langanhaltenden Erlebnissen gehören unter anderem ein Einsatz in einem Kriegsgebiet, jahrelanger körperlicher oder sexueller Missbrauch, eine lange Krankheit oder eine Geiselnahme. Zu den Traumata kürzerer Dauer zählen etwa Unfälle (Verkehr, Sport, Freizeit), Brände, Naturkatastrophen, Vergewaltigung oder ein Raubüberfall.

Nicht auf jedes Trauma folgt eine Posttraumatische Belastungsstörung

Doch nicht jedes traumatische Erlebnis hinterlässt so tiefe Spuren. Dauer des Traumas, soziale Strukturen und Umgebung sowie genetische Disposition haben einen Einfluss auf den Betroffenen und die Art, wie sein Organismus mit dem Erlebten umgeht.

Zu den Symptomen einer PTBS gehören

  • Flashbacks (Wiedererleben der bedrohlichen Situation)
  • Sich aufdrängende Erinnerungen
  • Alpträume
  • Emotionale Abgrenzung
  • Teilnahmslosigkeit
  • Gedächtnislücken an das traumatische Erlebnis
  • Schlafstörungen
  • Reizbarkeit
  • Schreckhaftigkeit
  • Konzentrationsprobleme

Eine Posttraumatische Belastungsstörung kann kurz nach dem Trauma oder auch Wochen, Monate oder Jahre später auftreten. Der Betroffene bringt die zum Teil unspezifischen Symptome dann häufig gar nicht mit dem auslösenden Erlebnis in Verbindung. Auch Augenzeugen oder Einsatzkräfte eines schwerwiegenden Ereignisses können an einer PTBS leiden.

Warum wirken die Ereignisse nach?

Durch die vielen Eindrücke des Erlebten, Geräusche, Gerüche, visuelle Reize, Angstgedanken und –gefühle, ist das Gehirn überfordert und kann das Erlebte in keinen klaren Kontext setzen. So kann die Erinnerung nicht einfach abgespeichert und beiseite geschoben werden. Durch die nicht ausreichende Verarbeitung kommen immer wieder Erinnerungsfetzen zum Vorschein und drängen sich dem Betroffenen auf. Andererseits können auch Gedächtnislücken entstehen und die Erinnerung an das Trauma scheint nicht vollständig zu sein.

Erst wenn alle Eindrücke, Erinnerungen und Gefühle des Ereignisses aufgearbeitet und in eine Reihenfolge gebracht werden, lässt das Unterbewusstsein von diesem Abschnitt der Vergangenheit ab. Flashbacks zwanghafte Gedanken an das Erlebte und die anderen Symptome bleiben dann aus.

Vermeidung ähnlicher Situationen

Häufig versuchen Personen, die etwas traumatisches erlebt haben ähnliche Situationen zu vermeiden. Die Frau, die vor dem Supermarkt überfallen wurde geht wo anders einkaufen, der Mann, der in einen Autounfall verwickelt war, benutzt lieber das Fahrrad oder geht zu Fuß. Sie überschätzen die tatsächliche Gefahr, die von diesen Orten ausgeht. Sie versuchen die, in ihren Augen gefährliche Situation zu vermeiden.

Doch auch ein Geruch, ein Geräusch oder ein Detail des Traumas kann an ein erlebtes Trauma erinnern und zu Vermeidungsverhalten führen. Man versucht sich vor den wiederkehrenden Erinnerungen zu schützen, indem man diese Faktoren meidet. Das ist allerdings nicht immer vollständig möglich – daher nur eine kurzfristige Lösung des Problems.

Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung

Vermuten Sie bei sich oder einer Person ihrer Umgebung eine Posttraumatische Belastungsstörung sollten sie einen Arzt aufsuchen. Bei einer allgemeinen Untersuchung werden zunächst andere Erkrankungen ausgeschlossen. Der Hausarzt überweist Sie dann an einen Psychiater. Suchen Sie am besten einen Arzt auf, der Erfahrung in der Behandlung von Traumata hat. Eine falsche psychiatrische Behandlung kann das Posttraumatische Belastungssyndrom im schlechtesten Fall verstärken und festigen.

Die Therapie erfolgt meistens ambulant. Wenn eine akute psychotische Störung, eine Depression oder Selbstmordgedanken vorkommen, kann eine stationäre Behandlung sinnvoll sein.

Dem Psychiater stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Als erstes sollten Patient und Familie gründlich über die Krankheit informiert werden. Familiärer Rückhalt ist ein wichtiger Indikator um später eventuelle Rückfälle zu verhindern. Damit das Umfeld des Betroffenen richtig helfen kann, ist eine gründliche Aufklärung wichtig.

Auseinandersetzen mit dem Erlebten

Meist steht die sogenannte Exposition im Mittelpunkt der Therapie. Dabei handelt es sich um ein gezieltes Auseinandersetzen mit der traumatischen Situation. Das kann im Gespräch mit dem Therapueten erfolgen und später auf Tonband immer wieder angehört werden. So klingen die starken Emotionen in Bezug auf das Erlebnis langsam ab. Die Auseinandersetzung mit dem Trauma kann auch schriftlich oder in Gedanken erfolgen.

Bei der Cognitive Processing Therapy (CPT) geht es neben der Konfrontation mit dem Trauma auch um die neue Bewertung von den damaligen Gedanken und Gefühlen. Häufig leiden Überlebende eines Anschlages oder eines Unfalls an Schuldgefühlen oder unter Scham. Diese Gefühle werden während der Therapie angebaut.

Alternative Behandlung und familiärer Rückhalt

Auch alternative Behandlungsmöglichkeiten oder Entspannungstechniken können die Therapie positiv unterstützen und die Rückfallgefahr minimieren. Viele Betroffene sind anfällig für Alkohol oder andere Drogen, die das Erlebte verblassen lassen oder den Körper endlich wieder mit Gefühlen erschüttern. Auch gegen diesen Drang kann etwa mittels Muskelentspannung, Yoga oder Klangtherapie vorgegangen werden.

Eine wichtige Komponente in der Therapie ist auch der familiäre und soziale Rückhalt. Als Partner eines Erkrankten sollte man immer ein offenes Ohr für sämtliche Ängste und Sorgen haben. Diese Ängste sollte man keinesfalls leicht abtun sondern ernst nehmen. Mit gut gemeinten Ratschlägen sollte man vorsichtig sein. Die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie bietet zahlreiche Informationsangebote für Betroffene und deren Angehörige.

Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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