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Migräne: Gewitter im Kopf

Kommentar schreiben Aktualisiert am 05. Februar 2015

Der Kopf hämmert unerträglich, jede Bewegung schmerzt, Geräusche und Gerüche führen zu Übelkeit und sogar zum Erbrechen – etwa 10 bis 15 Prozent der Deutschen leiden an Migräne. Oftmals wird diese allerdings nicht als ernsthafte Krankheit erkannt und mit „gewöhnlichen“ Kopfschmerzen gleichgesetzt. Dabei ist es eine ernstzunehmende, vermutlich erbliche Erkrankung des Gehirns.

„Heute Abend kann ich nicht – ich bekomme meine Migräne“ oder „Der ist nicht in der Arbeit – hat sich heute seine Migräne genommen“ sind Sprüche, die man mit Migräne verbindet. Häufig wird sie als Ausrede vorgeschoben, Kopfschmerzen werden dramatisiert. Eine wirkliche Migräne wird hingegen nicht immer ernst genommen. Doch wer unter Migräne leidet, hat nichts zu lachen: der Kopf fühlt sich an als würde er zerbersten, jeder Laut, jeder Lichtstrahl intensiviert die Schmerzen, Erschütterung ist unerträglich. Häufig gesellen sich noch Schwindel und Übelkeit bis hin zu Erbrechen zu dem hämmernden Kopf. An Arbeit oder Freizeit ist nicht zu denken. Man möchte sich nur zurückziehen und die Schmerz-Phase überstehen.

Wie entsteht eine Migräne

So oder so ähnlich können Migräne-Attacken aussehen. Dabei geht der Betroffene durch die Hölle. Die Migräne ist eine Erkrankung des Gehirns. Dabei werden scherzvermittelnde Botenstoffe ausgeschüttet und schmerzverarbeitende Zentren aktiviert, erklärt Dr. med. Jan Brand von der Migräne und Kopfschmerzklinik Königstein. Diese Neurotransmitter gelangen an die Blutgefäße der Hirnhäute, hier wird der Schmerz dann tatsächlich wahrnehmbar. Für die Migräne besteht nach aktuellem Wissenstand eine genetische Veranlagung. Das bedeutet, dass das Gehirn von Migräne-Patienten auf bestimmte Auslöser oder bei Überlastung so reagiert.

Häufig tritt eine Migräne einseitig als pochender, pulsierender Schmerz auf – als würde ein Presslufthammer den Schädel bearbeiten. Dieser Schmerz kehrt regelmäßig wieder und kann einige Stunden bis zu drei Tagen andauern. Typische Begleitsymptome sind Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit und Erbrechen.

Bei der Migräne unterscheidet man einen episodischen und einen chronischen Krankheitsverlauf. Kommt es in unterschiedlich großen Abständen zu einzelnen und abgrenzbaren Attacken von einem halben bis zu drei Tagen, handelt es sich um episodische Migräne. Von chronischer Migräne spricht man hingegen, wenn an mehr als 15 Tagen Kopfschmerzen, die in der Mehrzahl migräneähnliche Symptome aufzeigen, auftreten.

Die Aura vor der Migräne

Bei 10 bis 15 Prozent der Patienten treten erste Symptome bereits Stunden vor dem Kopfschmerz auf, es handelt sich um eine Störung des zentralen Nervensystems. Dazu zählen unter anderem neurologische Symptome. Das Sichtfeld des Betroffenen kann eingeschränkt sein, ein Flimmern vor den Augen oder Gefühlsstörungen, Zuckungen und Taubheit in den Gliedern auf einer Körperseite können auftreten. Auch zu einer Sprachstörung, Konzentrationsproblemen oder gar Bewusstlosigkeit kann es kommen. Einzelne oder mehrere dieser Symptome können bis zu eine Stunde lang andauern bevor sie langsam wieder abklingen. Spätestens eine Stunde nach Beginn der Aura bricht der Kopfschmerz aus, beschreibt Prof. Dr. Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel.

Ob es sich bei Kopfschmerzattacken um eine Migräne handelt, muss von einem Arzt diagnostiziert werden. Es gibt etwa 250 verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Genaue Beschreibung der Schmerzen, sowie Lokalisation und Häufigkeit können die Diagnose beschleunigen. Hier gilt es zwischen verschiedenen Arten von Kopfschmerz zu unterscheiden. Beim Kopfschmerz des Spannungstyps handelt es sich etwa um eine Art, die sich von einer halben Stunde bis zu 30 Tagen hinziehen kann. Nicht nur die Dauer, auch der Schmerz äußert sich anders als bei einer Migräne: Wird bei der Migräne eher ein Pochen oder Hämmern beschrieben handelt es sich beim Spannungs-Kopfschmerz eher um ein dumpfes Drücken oder Ziehen. Auch die Begleiterscheinungen können bei der Diagnosestellung helfen.

Faktoren, die Migräne auslösen

Auslösend für eine Migräne wirken sogenannte Triggerfaktoren. Unterschiedliche Reize, Situationen oder Verhaltensweisen können zu Triggerfaktoren werden, das ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Besonders häufig bringen jedoch plötzlicher Stress, Veränderungen des Tages- und Nachtrhythmus, ausgeprägte Emotionen, hormonelle Veränderungen, das Auslassen von Mahlzeiten oder Überanstrengung und Erschöpfung die Migräne ins Rollen, so Prof. Dr. Hartmut Göbel von der Kieler Schmerzklinik. „Das bedeutet, dass zwar die genetische Veranlagung für die Migräne über die Generationen weitergegeben wird, ob eine Migräne im Einzelfall dann aber tatsächlich auftritt und wenn ja, wie stark und wie häufig, ist aber weitestgehend von Umweltfaktoren abhängig“, schreibt der Fachmann.

Die Krankheit tritt meistens ab dem 20. Lebensjahr auf. Vor allem zwischen dem 30. Und 40. Lebensjahr kommen Attacken gehäuft vor. Frauen sind dabei 50 Prozent häufiger betroffen als Männer. Mit zunehmendem Alter flacht die Migräne-Wahrscheinlichkeit wieder ab. Auch Kinder können von dem Leiden bereits betroffen sein.

Behandlung der Erkrankung

Es gibt verschiedene Behandlungsansätze. Die meisten Patienten greifen auf die medikamentöse Schmerztherapie zurück. Mit frei verkäuflichen Schmerzmitteln, wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen, lässt sich das Hämmern aus dem Hirn verbannen. Auch migränespezifische Medikamente, sogenannte Triptane, können nach ärztlicher Verordnung zum Einsatz kommen. Den richtigen Einsatz und die beste Dosierung sollte man in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ermitteln. An die Vorgaben sollte sich dringend gehalten werden, da manche Mittel erst ab der verordneten Dosierung wirken.

Medikamente können auch zur Prophylaxe verschrieben werden. Diese müssen täglich zum Teil über Wochen oder Monate hinweg regelmäßig eingenommen werden, um vorbeugen zu wirken. Bei dieser Therapie wird die Häufigkeit der Kopfschmerzattacken reduziert.

Nichtmedikamentöse Prophylaxe

Doch auch ohne Tabletten und Pillen kann man etwas gegen die Migräne unternehmen. So hat eine Studie am Universitätsklinikum Kiel gezeigt, dass sich sportliche Betätigung deutlich positiv auf Stärke, Häufigkeit und Dauer einer Migräne auswirkt. „Vor allem der Sport im aeroben Herzfrequenzbereich zum Steigerung der Ausdauer soll in besonderem Maße geeignet sein“, sagt Dr. Stefanie Darbaneau, Betreuerin der Studie. Der Anstieg des Fitnesslevels hat sich als maßgeblich für den Erfolg erwiesen. Doch auch das moderate Walken hatte einen positiven Einfluss auf die Anzahl der Migräneattacken.

Auch über die Ernährung können Migräniker den Attacken vorbeugen. Der vorbeugende Effekt von Magnesium wird schon seit Jahren diskutiert. Studien kamen dabei zu widersprüchlichen Ergebnissen. „In der Praxis ist ein Therapieversuch mit 600 mg Magnesium (nur für diese hohe Dosis gibt es Wirksamkeitshinweise) gerechtfertigt. Dieses gilt vor allem für Patientinnen in der Schwangerschaft oder Stillzeit, wo die meisten Prophylaktika nicht eingenommen werden dürfen, für Patienten, die eine andere medikamentöse Prophylaxe ablehnen, für Sportler, die mit Betablockern oder anderen Mitteln nicht zurechtkommen, oder für Patienten mit ausgeprägter Verstopfung, die auch durch Medikamente verursacht/verstärkt werden kann“, schreibt Dr. med. A. Peikert auf der Internetseite der Deutschen Migräne und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG).

Auch sterssreduzierende Übungen können Migräne-Anfälle verhindern. Durch Meditation kann der Trigger Stress reduziert werden. Dies ergab eine amerikanische Studie im Headache Journal. Durch zweimal täglich 45 Minuten mit Entspannungs- und Yogaübungen konnten die Teilnehmern die monatlichen Attacken reduzieren, die Dauer der Schmerzen verkürzen und den Schmerzgrad herunterfahren. Die Studie ist nicht repräsentativ, zeigt aber, dass Meditaion und Entspannungsübungen, wie etwa autogenes Training, einen positiven Einfluss auf Migräne nehmen können.

Einsatz von Botox ist umstritten

Seit 2011 ist Botulinumtoxin zur Behandlung chronischer Migräne zugelassen. Als Mittel gegen Falten hat sich Botox bisher einen Namen gemacht, doch der Einsatz gegen die Kopfschmerz-Krankheit ist umstritten. Bei der Botox-Therapie wird das Gift an bis zu 45 stellen in Kopf und Hals gespritzt. Durch die Muskellähmung soll der Schmerz gelindert werden, so die Theorie. Die Behnaldung ist teuer und hilft laut Stiftung Warentest allenfalls „ein bisschen“, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Die Botox-Behandlung ist risikoreich und noch nicht gänzlich erforscht. In Schottland wurde die Therapie nicht zugelassen, da die Daten nicht ausreichend sind, schreibt die Zeitung.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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