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Medizintourismus - wenn Medizin zum Geschäft wird!

Kommentar schreiben Aktualisiert am 15. November 2018

Der Begriff Medizintourismus beschreibt die länderübergreifende Inanspruchnahme medizinischer Behandlungen. Gründe hierfür können unter anderem sein: nicht vorhandende Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland des Patienten. Medizintourismus gilt als weltweiter Trend. Denn neben Wissenschaft und Kunst ist auch Medizin ein Geschäft. Wie viele ausländische Patienten kommen im Schnitt nach Deutschland? Handelt es sich um ein „lukratives Zusatzgeschäft“ für die Kliniken? Welche Arten des Medizintourismus gibt es? Mehr dazu im folgenden Beitrag.

 

Medizintourismus in Deutschland

 

250.000 ausländische Patienten aus 177 Ländern werden jedes Jahr in den deutschen Krankenhäusern behandelt; die zusätzlichen Einnahmen betragen mehr als 1,2 Milliarden Euro – es handelt sich um zusätzliches Geld, das dann dem Gesundheitssystem in Deutschland zur Verfügung steht. Mit diesem Geld können deutsche Krankenhäuser mehr Personal anstellen oder beispielsweise neue medizinische Geräte kaufen, was folglich dann auch dem deutschen Patienten Vorteile und Nutzen bringt.

Die meisten ausländischen Patienten kommen aus den Nachbarländern Polen, den Niederlanden oder Frankreich; insbesondere Patienten, die in Grenzregionen leben, nutzen gerne die Behandlungsmöglichkeiten im nahen Ausland. Aber auch viele Patienten aus weit entfernteren Ländern kommen seit Jahren nach Deutschland: 10 Prozent sind Bürger aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, vorwiegend Russland und 12 Prozent der ausländischen Patienten kommt aus arabischsprachigen Staaten und vor allem aus den Golfstaaten. Nur ein kleiner Teil der Medizintouristen sind Bürger aus den USA.

Bei den ausländischen Patienten, die in Deutschland ambulant oder stationär behandelt werden, handelt es sich nicht nur um Selbstzahler. Auch Patienten sind vertreten, deren Krankenversicherungen oder staatliche Einrichtungen im Heimatland die Kosten der Behandlung in Deutschland übernehmen.

 

Was sind die Motive des Medizintouristen?

 

„Auslandspatienten“, „Internationale Patienten“ oder „Medizintouristen“ sind Begriffe, die synonym für diejenigen Touristen gebraucht werden, die gezielt eine Reise ins Ausland tätigen, um medizinische Behandlung zu erhalten, auch „Medizinreise“ genannt. In Fachkreisen sind auch die Menschen inbegriffen, die sich unfreiwillig einer ausländischen, medizinischen Behandlung unterziehen, beispielsweise durch einen Unfall in Deutschland bei einer Geschäftsreise oder während des Urlaubs, und zum Patienten in Deutschland werden. Reisende Patienten, die aus dem Ausland kommen, mit dem Ziel sich hier zu behandeln, werden auch als Incoming-Patienten bezeichnet oder der Begriff „Incoming-Medizintourismus“ gewählt.

Patienten aus dem Ausland haben vielfältige Motive, weshalb sie sich in Deutschland einer Therapie unterziehen wollen. Zu diesen Arten des Medizintourismus gehören unter anderem:

 

  • bessere Behandlungsmöglichkeiten im Vergleich zum Heimatland
  • Suche nach der weltweit besten Behandlungsmöglichkeit
  • Bessere medizinischtechnologische Ausstattung
  • Umgehung von Wartezeiten auf die Behandlung im Heimatland
  • Kostenersparnis, wenn Behandlungen im Ausland preiswerter sind als im Heimatland: besseres PreisLeistungsverhältnis als in der Heimat
  • Medizinische Notfälle
  • Patienten in Grenzregionen
  • MedicalWellness-Touristen
  • Patienten, die im Alter ausgewandert sind und medizinische Leistungen im Heimatland nutzen

 

Deutsche Kliniken profitieren

 

Viele deutsche Krankenhäuser werben für die Gewinnung ausländischer Patienten und betreiben einen großen Aufwand, um internationale Patienten behandeln zu können, da diese ein Businessmodell darstellen, bei dem zusätzliche Nebeneinnahmen generiert werden können. Sie sind auf der Suche nach globalen Entwicklungschancen und so betreiben einige Kliniken nicht selten Marketing über eigene Websites in verschiedenen Sprachen. Private Krankenhäuser haben mehr Erfahrung mit internationalen Patienten als öffentliche Krankenhäuser und sind in dieser Hinsicht auch offener.

Der Medizintourismus hilft, Lücken des heimatlichen Gesundheitswesens zu schließen und der nennenswerter Betrag, der im zweistelligen Bereich liegt, welcher neben den Vergütungen über die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen hinzukommt, ist Grund genug, weshalb sich viele Krankenhäuser darauf spezialisiert haben und daher einen vergleichsweise hohen Anteil ausländischer Patienten versorgen.

 

Kritik am Medizintourismus

 

Auch die Medizin ist ein Geschäft. Und nicht selten werden Vorwürfe gemacht, dass lange Wartezeiten herrschen und deutsche Patienten erst einmal behandelt werden sollten, bevor Krankenhäuser ausländische Patienten behandeln.

Die Kritik der Kassen sei aber statistisch gesehen nicht zutreffend, denn einheimischen Patienten werden weder Ressourcen noch Betten weggenommen, weil nämlich der Anteil ausländischer Patienten nicht so hoch ist, dass einheimische Patienten zu kurz kommen könnten.

Gegen den Medizintourismus spricht auch, dass doch Verlust gemacht wird, wenn auch auf eine andere Art und Weise: Denn es stimmt zwar, dass ausländische Patienten außerhalb des Klinikbudgets abgerechnet werden, aber ausländische Patienten führen auch zu einem Mehraufwand: notwendig längere Gespräche durch Sprachbarrieren, Übersetzungen, komplizierte Abwicklungen müssen erfolgen, die nicht bezahlt werden und somit zu Lasten der Allgemeinheit werden.

Weitere Kritikpunkte, die angeführt werden sind die Verbreitung multiresistenter Keime durch Medizintouristen oder Zahlungsausfälle in Kliniken und eine intransparente Abrechnung, da im Hinblick auf den Medizintourismus nach wie vor gesetzliche Regelungen fehlen.

Für die Zukunft bedarf es deshalb qualitative Standards, damit nicht nur lukrativie Deviseeinnahmen, sondern auch Transparenz und medizinische Hochleistung präsentiert werden können.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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