© animaflora - Fotolia.com

Harndrang: Wie viel "müssen" ist normal?

1 Kommentar Aktualisiert am 11. September 2019

Harndrang entsteht, wenn die Blase voll ist. Doch was, wenn sich gerade kein stilles Örtchen in der Nähe finden lässt? Der Drang wird immer größer und man hat das Gefühl, die Blase platzt gleich. Tut sie nicht, sagen die Experten. Irgendwann bahnt sich der Urin seinen Weg nach draußen, ob man will oder nicht. Ist es gesundheitsschädlich, den Harn so lange zurückzuhalten? Welche Ursachen hat häufiger Harndrang? Was kann man dagegen tun? Was ist normal und was ist krankhaft, wenn der Urin riecht?

Was passiert in der gesunden Blase?

Die Blase speichert den Urin. Er wird durch ein kompliziertes Filtrationsverfahren in den Nieren aus dem Blut gebildet. In der herausgefilterten Flüssigkeit sind auch Giftstoffe und Abbauprodukte des Körpers. Der Urin wird über die beiden Harnleiter aus den Nieren in die Blase abgegeben. Ist ihre Kapazität erschöpft, wird es von den Sensoren in der Blasenwand durch den zunehmenden Druck registriert. Sie melden es an Rückenmark und Gehirn. Darauf wird der Harndrang ausgelöst. Ein gesunder Mensch kann den Drang kontrollieren und zurückhalten. Allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt. Dann setzt sich ein Reflex gegen den bewussten Willen durch. Die Blase entleert sich auch ungewollt. Frauen haben eine kleinere Blase (200-400 ml) als Männer (350-550 ml). Sie müssen öfter aufs Klo. Einfacher Grund: In ihrem Becken wird auch noch Platz für die Gebärmutter gebraucht. Bei ausreichender Flüssigkeitsaufnahme wird die Blase auch häufig genug entleert. Dadurch haben Krankheitserreger weniger Chancen, sich auf der Blasenschleimhaut festzusetzen und zu vermehren.

Ist das Unterdrücken des Harndrangs schädlich?

Ist der Weg zur nächsten Toilette nur ab und zu mal sehr weit, kommt es sicher zu keiner Schädigung. Platzen kann eine Blase auch nur bei einem heftigen Sturz oder Verkehrsunfall. Das ist selten, da sie gut geschützt im Becken untergebracht ist. Was allerdings beim Verhalten des Wasserlassens passiert, ist ein Rückstau des Urins in die Nieren. Der Druck auf das Gewebe kann langfristig zur Schädigung führen. Wenn die Blase übervoll ist, spürt man den Druck an leichten, dumpfen Rückenschmerzen. Am gesündesten ist deshalb ein guter Durchlauf von 1,5 bis 2 Litern Flüssigkeit am Tag und möglichst sofortiges Umsetzen des Harndrangs. So werden Nieren und Blase optimal durchgespült. Die Ausscheidungsprodukte des Körpers werden schnell ausgeschieden. Bakterien, die gerade bei Frauen leicht über die kurze Harnröhre in die Blase eindringen können, werden schnell wieder herausgespült.

Ab wann spricht man von häufigem Harndrang und was sind die Ursachen?

Normalerweise werden täglich ca. 1,5 l Urin ausgeschieden, abhängig von der Art und Menge der aufgenommenen Flüssigkeit. Kaffee, Alkohol, Tee und entwässernde Medikamente (Diuretika) erhöhen die Urinmenge. Bis zu 10 Toilettenbesuche am Tag sind normal. Ein ständiger, besonders starker oder unkontrollierbarer Harndrang spricht dagegen für eine Störung.

Mehr Harndrang mit einer erhöhten Menge an Urin von mehr als 2 Litern täglich wird als Polyurie bezeichnet. Kommt starker Durst dazu, ist die Ursache meist ein Diabetes. Bei einem verstärkten oder ständigen Harndrang ohne Zunahme der Ausscheidungsmenge spricht man von einer Pollakisurie. Beim Mann kann eine Prostataerkrankung dahinter stecken, ab zunehmendem Alter meist eine gutartige Prostatavergrößerung (medizinisch: benigne Prostatahyperplasie), eine Prostatitis oder im schlimmsten Fall ein Prostatakrebs. Bei der Frau sind die Gründe eine Reizblase, Schwangerschaft, Gebärmuttersenkung oder eine schwache Beckenbodenmuskulatur. Plötzlicher Harndrang, der einen sofortigen Toilettengang verlangt und bei dem meist vorher schon etwas Urin abgeht, wird als Dranginkontinenz bezeichnet. Häufige Ursache sind Stress und seelische Belastungen. Sie können auch Grund für einen verstärkten Harndrang sein.

Wer nachts zwei Mal oder mehr raus muss, leidet unter einer Nykturie. Vor allem bei älteren Männern kann auch hier eine Prostatavergrößerung der Grund sein. Weitere Ursachen sind eine Blasenentzündung, eine Einengung der unteren Harnwege oder eine Herzinsuffizienz. Ist die Herzleistung vermindert, lagert sich tagsüber Wasser im Gewebe ein. Es bilden sich Ödeme, die nachts über die Nieren und Harnblase ausgeschwemmt werden.

Was kann man gegen häufigen Harndrang tun?

Sind es nicht die Kanne Kaffee oder die wassertreibenden Medikamente, muss die Ursache ärztlich abgeklärt werden. Grundkrankheiten wie Herzinsuffizienz und Diabetes gehören in eine professionelle Hand. Harndrang mit Schmerzen beim Wasserlassen ist Zeichen einer Blasenentzündung. Sie wird mit Antibiotika und begleitend mit Präparaten aus Goldrute (Solidago), Bärentrauben- und Birkenblättern, Ackerschachtelhalm, Brennnesseln und Cranberry behandelt.

Gutartige Prostatavergrößerungen können mit Alphablockern und naturheilkundlich mit Produkten der Sägepalme und des afrikanischen Zwetschgenbaums behandelt werden. Kürbiskerne zum Knabbern, als Öl oder Fertigpräparat wirken mit ihren Phytosterinen, ungesättigten Fettsäuren, Vitamin E sowie Zink und Magnesium vorbeugend und lindernd bei Blasenbeschwerden wie einer Reizblase und Prostatavergrößerung. Neben pflanzlichen Arzneimitteln werden bei verstärktem Harndrang auch Medikamente zur Entspannung der Blasenmuskulatur eingesetzt (Anticholinergika, Spasmolytika).

Eine akute Prostatitis (Entzündung der Prostata), die neben häufigem Harndrang mit Fieber, Schmerzen im Damm- und Analbereich und beim Wasserlassen einhergeht, wird mit Antibiotika behandelt. Häufiger ist die chronische abakterielle Prostatitis, bei der keine Bakterien im Urin und Ejakulat zu finden sind und deshalb Antibiotika keinen Effekt zeigen. Hier haben sich Präparate mit Quercetin und Pollenextrakt bewährt. Quercetin ist ein gelber Farbstoff in Obst, Gemüse und Heilpflanzen, der antientzündlich und antioxidativ wirkt. Er kommt verstärkt in Zwiebeln und den Schalen von Äpfeln und Trauben vor und zählt zu den Flavonoiden. Bekannt ist er auch für seine antiallergische Wirkung. Gräser-Pollenextrakt wie in dem Präparat Pollstimol lindern bei einer Anwendung von mindestens 2 Monaten bei Prostatitis und Prostatavergrößerung die Beschwerden wie Schmerzen beim Wasserlassen und nächtlicher Harndrang.

Wird bei dem vermehrten Harndrang keine organische Ursache festgestellt, hilft ein Blasentraining: Erster Schritt ist das Notieren aller Toilettengänge. Dann übt man sich darin, nicht jedem Harndrang mit seinen geringen Mengen Urin nachzugeben. Stattdessen wird er in dem Fall durchaus unterdrückt und das Wasserlassen zeitlich immer weiter nach hinten geschoben. Ziel ist, die Blase wieder an größere Füllmengen zu gewöhnen, damit sie sich erst später meldet.

Bei häufigem Harndrang aufgrund einer nervösen Blase bei Stress wirken Entspannungsübungen wie Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Eine Stärkung für die Blase und als Nebenwirkung für eine genussvolle Sexualität bringt ein regelmäßiges Beckenbodentraining. Eine gute Zeit dafür ist täglich morgens nach dem Aufwachen oder abends vorm Einschlafen.

Welche Gründe gibt es, wenn Urin riecht?

Normalerweise ist Urin klar, gelblich und geruchlos. Vorübergehende Veränderungen lassen sich auf eine hohe Konzentration wegen zu geringer Flüssigkeitsaufnahme oder den Verzehr von Lebensmitteln wie Spargel oder Knoblauch zurückführen. Spargel besteht zu 90 % aus Wasser und hat eine stark harntreibende Wirkung. Der unverkennbare Uringeruch entsteht beim Abbau der Asparagusinsäure, einer Schwefelverbindung, die selbst nicht riecht. Interessant ist, dass nicht jeder das Gen erbt, um das Enzym zu bilden, das für diesen Abbauprozess notwendig ist. Das heißt, nicht von jedem muss der Urin nach dem Verzehr von Spargel streng riechen.

Dauerhafte Veränderungen des Geruchs sind meist Folge einer bakteriellen Entzündung von Blase, Harnleiter oder Nierenbecken. Obstartiger Azetongeruch verweist auf Diabetes, ein fauliger Geruch kann Zeichen einer Tumorerkrankung oder von absterbendem Gewebe im Harntrakt sein.

Beiträge die Sie auch interessieren könnten

Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

1 Kommentare

H.Bergmann – Montag, 31. Dezember 2018
immer wenn ich im Auto bin fahre bzw unter Stress -Druck stehe dann 2-4x bei Einkauf usw) bei Ruhe weniger muß aber immer orte mit Toiletten aufsuchen Baumarkt usw habe deßhalb immer Angst sofort Toiletten zu finden bitte um guten Rat bzw Lösung danke und Gruß HB

Schreib einen Kommentar

help
help
help

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Zu unseren Datenschutzbestimmungen.