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Häufige Fehlbildungen: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte

Kommentar schreiben Aktualisiert am 19. Dezember 2017

Eine der häufigsten Fehlbildungen des Menschen: die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Etwa jedes 500. Kind kommt mit einem Spalt in der Oberlippe, des Kiefers und Gaumens zur Welt. Die Ursache ist nicht ganz klar, genetische und Umweltfaktoren begünstigen die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Erfahren Sie hier, wie der Spalt entsteht und wie er kosmetisch unauffällig behandelt wird.  Unter dem Begriff Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (Cheilognathopalatoschisis) fassen Mediziner mehrere Formen der Fehlbildung im Gesicht zusammen. Bei den Betroffenen sind Oberlippe, Oberkiefer und der harte und oder weiche Gaumen nicht komplett zusammengewachsen und von einem Spalt durchzogen. Es können auch nur Teile der Strukturen betroffen sein. Grundsätzlich unterscheiden Ärzte

  • Lippenspalte (nur die Lippe ist betroffen)
  • Lippen-Kieferspalte (Oberlippe und –kiefer sind betroffen)
  • Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (alle Strukturen sind durchzogen)
  • Gaumenspalte (nur der Gaumen ist betroffen)

Liegt nur eine Spaltung des Gaumens vor, wird diese häufig nicht sofort erkannt. Die Mundschleimhaut kann über dem Spalt normal wachsen und bedeckt die Öffnung zum Nasenraum. Die Gaumenspalte kann sowohl den harten und den weichen, als auch nur den weichen Gaumen betreffen. Der weiche Gaumen befindet sich im hinteren Bereich der Mundhöhle, der harte Gaumen liegt im vorderen Bereich, nahe der Zähne.

Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Verschiedene Ausprägungen

Neben den verschiedenen Formen der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kann die Ausprägung des Spalts stark variieren. Bei einer Lippenspalte können alle Gewebsschichten von der Schleimhaut bis zur Haut betroffen sein. Die Fehlbildung kann auch oberflächlich vorliegen, sodass die tieferen Strukturen intakt sind. Bei dieser unvollständigen Lippenspalte ist die Lippe nicht bis zur Nase durchtrennt – es liegt eine sogenannte Lippenkerbe vor. Auch die Kieferspalte kann in verschiedenen Schweregraden vorliegen. Der Spalt kann schmal oder sehr breit verlaufen. Die Zähne im Bereich der Kieferspalte können fehlgebildet oder gar nicht vorhanden sein. Bei der Gaumenspalte am harten Gaumen sind die Mundschleimhäute und die Gaumenplatte sowie die Schleimhaut der Nase durchbrochen. Der Mundraum und die Nasenhöhle sind nicht voneinander abgegrenzt. Bei der Spaltung des weichen Gaumens sind Mundschleimhaut und Muskeln betroffen. In einigen Sonderfällen ist die Mundschleimhaut intakt und lediglich der Weichgaumen ist gespalten. Diese sogenannte submuköse Form der Gaumenspalte ist schwer zu erkennen, da äußerlich keine Veränderungen vorliegen.

Ursache der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: genetische und Umweltfaktoren möglich

Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kommt weltweit vor. Etwa jedes 500. Kind kommt damit zur Welt. Damit handelt es sich um eine der häufigsten menschlichen Fehlbildungen. Die genaue Ursache für die Entstehung ist nicht klar. Es wird vermutet, dass mehrere Faktoren zusammenspielen. Da in manchen Familien die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vermehrt vorkommt ist von einer genetischen Disposition auszugehen. Eine bestimmte Kombination von Genen kann das Risiko für die Fehlbildung erhöhen. Doch auch äußere Einflüsse während der Schwangerschaft begünstigen die Spaltbildung im Gesicht. Röntgenstrahlung, Nikotin und Alkoholkonsum, bestimmte Chemikalien, Medikamente, Virusinfektionen und Stress stehen im Verdacht die Fehlbildung zu verursachen. Wahrscheinlich ist, dass eine Kombination aus genetischen Anlagen und Umwelteinflüssen die embryonale Entwicklung negativ beeinflussen.

Entwicklung des Gesichts in der frühen Schwangerschaft

Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte entsteht in den ersten Schwangerschaftswochen. Einzelne Teile des Gesichts entwickeln sich getrennt voneinander und verschmelzen zwischen der fünften und der siebten Woche miteinander. Nase, Oberlippe und Oberkiefer bilden nun eine Einheit. Etwa fünf Wochen später – zwischen der zehnten und der zwölften Schwangerschaftswoche – wachsen die Teile des Gaumens zusammen. Wird diese Entwicklung gestört, wachsen die Teile des Gesichts nicht zusammen und eine Spalte entsteht.

Diagnose: Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bleibt oft unbemerkt

Während der Schwangerschaft sind drei Ultraschalluntersuchungen des ungeborenen Kindes vorgesehen. Eine Aufnahme des Gesichts ist dabei meist nicht inbegriffen. Lediglich in speziellen Zentren und wenn eine familiäre Häufung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten besteht, wird das Gesicht des Embryos genauer untersucht. In wenigen Fällen ist die Spalte bereits vor der Geburt zu erkennen. Die meisten Eltern werden nach der Geburt mit der Diagnose konfrontiert. Die Symptome sind meist eindeutig und auf einen Blick zu erkennen. Lediglich die submuköse Gaumenspalte ist nicht sofort sichtbar und wird erst beim Beginn der Sprachentwicklung bemerkt. Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte tritt zudem als Symptom verschiedener Krankheitsbilder auf. Dazu gehört beispielsweise Trisomie 13.

Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte beginnt früh

In der heutigen Zeit kann die Fehlbildung im Gesicht gut behandelt werden. Die Therapie richtet sich dabei immer an die individuelle Ausprägung des Patienten: kein Therapieplan sieht aus wie der andere. Spezielle Zentren und Kliniken haben sich auf die Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte spezialisiert. Hier arbeiten Chirurgen, HNO-Ärzte, Kieferorthopäden, Logopäden und Kinderärzte Hand in Hand für ein optimales Ergebnis. Die Behandlung beginnt bereits in den ersten Lebensmonaten. Bis zum Abschluss der Therapie müssen sich Betroffene mehreren operativen Eingriffen unterziehen, etwa zur Volljährigkeit ist die Behandlung meist abgeschlossen. Vorrangiges Ziel ist es, den Spalt zu schließen und die Funktionalität der Gesichtsstrukturen herzustellen. Damit das Baby ungehindert Nahrung aufnehmen kann, wird eine Gaumenplatte angefertigt und beim Stillen in den Mund eingelegt. Da durch die Spalte im Gaumen die Zunge nicht genug Widerlager hat, wäre das Trinken ohne die Gaumenplatte nur schwer möglich. Zwischen dem vierten und dem sechsten Lebensmonat findet der erste operative Verschluss der Lippenspalte statt. Auch die Spalte im weichen Gaumen sollte früh (bestenfalls vor dem ersten Geburtstag) geschlossen werden. Bleibt der Gaumenspalt länger bestehen, können Komplikationen auftreten. Das Mittelohr wird nicht ausreichend belüftet und Infekte treten vermehrt auf. Der harte Gaumen wird erst später geschlossen. Damit mögliche Narben der Operation das Knochenwachstum nicht beeinträchtigen, findet diese Operation um den zweiten Geburtstag des Kindes statt. Die Kieferspalte kann (wenn sie schmal ist) im selben Eingriff wie die Gaumenspalte geschlossen werden. Liegt allerdings eine ausgeprägte Kieferspalte vor, muss gegebenenfalls ein Stück Knochen transplantiert werden (Osteoplastik). Dazu eignen sich Knochenfragmente aus dem Hüftknochen oder dem Schienbein. Das Material wird in den Spalt im Kiefer eingesetzt und verwächst nach und nach mit den Spalträndern.

Langwierige Therapie für ein optimales Ergebnis

Auch nach dem Spaltverschluss kann es zu funktionalen und optischen Problemen kommen. Weitere Operationen schließen sich bis ins junge Erwachsenenalter an. Doch durch die modernen Operationstechniken ist ein gutes Ergebnis möglich: Von der Spalte im Lippen-Kiefer-Gaumen-Bereich bleibt meist nur eine kleine Narbe zwischen der Lippe und der Nase. Zahnfehlstellungen durch die Anomalie können durch kieferorthopädische Eingriffe und Implantate ausgeglichen werden. Neben den operativen Maßnahmen kann wird der Mundraum regelmäßig von Kieferorthopäden überwacht. Gegebenenfalls auftretende Probleme bei der Lautbildung und der Sprache können mit einem Logopäden therapiert werden. Zwar zieht sich die Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte über viele Jahre hin, doch die Prognose ist gut. Durch die Eingriffe entstehen kaum Einschränkungen und Komplikationen. Unbehandelt kann die Fehlbildung etliche Folgeerkrankungen nach sich ziehen.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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