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Was ist das MRKH-Syndrom und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 07. September 2018

Das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom, abgekürzt auch MRKH-Syndrom genannt, ist eine kombinierte und angeborene Fehlbildung von Gebärmutter und Scheide während der Embryonalentwicklung. Eine vollständige Ausbildung von Gebärmutter und Scheide bleibt aus. Was bedeutet das für betroffene Patientinnen? Gibt es Therapiemöglichkeiten? Ist eine Operation unabdingbar? Mehr zu diesem Thema im folgenden Beitrag.

 

Das MRKH-Syndrom

 

Das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom, abgekürzt auch MRKH-Syndrom genannt, ist eine kombinierte und angeborene Fehlbildung von Gebärmutter und Scheide während der Embryonalentwicklung. Im zweiten Embryonalmonat, zwischen dem sechsten und zwölften Schwangerschaftsmonat, kommt es zur Hemmungsfehlbildung der Müller-Gänge, sodass keine oder nur eine unvollständige Gebärmutter und Scheide ausgebildet werden. Das MRKH-Syndrom betrifft nur das weibliche Geschlecht. Frauen, die von der angeborenen Fehlbildung betroffen sind, können keinen Geschlechtsverkehr ausüben, da die Betroffenen keine Scheide haben. Die Scheide, die das äußere Genital darstellt und mit der Gebärmutter, die aus zwei Kanälen – den sogenannten Müller’schen Gängen – in der Embryonalentwicklung durch deren Verschmelzung zu einem muskulären Hohlorgan entsteht, verbunden ist, ist bei Frauen mit MRKH-Syndrom nur ein Gewebestrang oder eine Grube von wenigen Zentimetern am Eingang der Scheide. Auch die Gebärmutter kann nur rudimentär bis gar nicht vorhanden sein, weshalb es neben der Unfähigkeit normalen Geschlechtsverkehr auszuüben, auch nicht möglich ist, Kinder zu empfangen und zu gebären. Die Funktion der Ovarien, der Eierstöcke, ist dagegen normal und eine Östrogen- und Gestagen Synthese ist nicht gestört – die normale Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale ist demnach gegeben. Ein normales weibliches Erscheinungsbild, die vorhandene Libido und die Fähigkeit zum Orgasmus liegen vor.

Die Ätiologie für das MRKH-Syndrom ist nicht bekannt; vermutet wird eine Chromosomenstörung, die eine Fehlbildung der Müllerschen Gänge hervorbringt und für die angeborene Fehlbildung des weiblichen Genitals verantwortlich ist. Eine Hemmung der Entwicklung und Ausdifferenzierung sowie Verschmelzung der Müller’schen Gänge verhindert, dass es zu einer vollständigen Ausbildung von Scheide und Gebärmutter kommen kann. Bestandteil aktueller Forschung und Studien ist es, zu klären, was genau Ursache dieser Hemmungsfehlbildung ist.

Im Allgemeinen sind genitale Fehlbildungen selten und betragen ungefähr 0,1 bis 0,4 % in der weiblichen Gesamtbevölkerung. Die Inzidenz des MRKH-Syndroms beträgt 1:4000 bis 1:5000 aller weiblichen Lebendgeburten. Das MRKH-Syndrom ist zum ersten Mal im Jahre 1829 beschrieben worden.

 

Was bedeutet das MRKH-Syndrom für betroffene Frauen?

 

Betroffene Frauen mit MRKH-Syndrom können aufgrund der fehlenden Gebärmutter keine Monatsblutung entwickeln. Aus diesem Grund werden heranwachsende Frauen mit ausbleibender Periodenblutung erstmals in der Pubertät symptomatisch. Das MRKH-Syndrom wird zwischen dem 14. und dem 17. Lebensjahr entdeckt. Insbesondere in der reproduktiven Phase können dann Fehlbildungen der Gebärmutter festgestellt werden. Pubertierende Mädchen und junge Frauen konsultieren meist den Gynäkologen, wenn die Regelblutung nicht einsetzt oder der Geschlechtsverkehr nicht möglich ist. Übliche Kindervorsorgeuntersuchungen können nämlich üblicherweise in erster Linie nur Fehlbildungen des äußeren Geschlechts diagnostizieren.

Ein Verdacht auf Fehlbildungen des weiblichen inneren Genitals besteht demnach bei folgenden Punkten:

 

  • fehlende Monatsblutung (primäre Amenorrhoe)
  • schmerzhafter oder unmöglicher Geschlechtsverkehr
  • kein Gebrauch von Tampons etc. möglich
  • normale Ausprägung und Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale, wie die Entwicklung des Busens, der Behaarung im Scham- und Achselbereich sowie des äußeren Genitals, wie Schamlippen und Klitoris 
  • weiblicher Karyotyp (46, XX)

 

Die Ausprägungen eines MRKH-Syndroms können variieren: ein komplettes Fehlen der Gebärmutter oder der Scheide, auch als Aplasie bezeichnet oder eine zweigeteilte Gebärmutter, Uterus bicornis, zählen unter anderem zu den Ausprägungen. Gerade weil das äußere Genital, die Schamlippen und die Klitoris völlig normal entwickelt sind, ist der Grund für die häufig späte Diagnosestellung zu erklären. Auch Begleitfehlbildungen können beim MRKH-Syndrom assoziiert sein, zu diesen zählen unter anderem:

 

              

   Zur Diagnostik werden folgende Untersuchungen durchgeführt:

 

  • Inspektion der sekundären Geschlechtsmerkmale
  • Gynäkologische Untersuchung
  • Ultraschalluntersuchung und Beurteilung des inneren Genitals mittels Abdominal-Ultraschall sowie Beurteilung der Nieren
  • Humangenetische Abklärung
  • Hormonbasisdiagnostik

 

Rein äußerlich und vom Gefühlsleben eine ganz normale Frau, doch aufgrund der fehlenden wichtigen Organe leider unfähig, die biologischen Urbedürfnisse befriedigen zu können, wie sich fortzupflanzen und ein Kind zur Welt bringen zu können, ist für eine betroffene Frau mit MRKH-Syndrom ein schlimmer Umstand und eine schockierende Diagnose. Auch das weibliche Körpergefühl und das primäre Verlangen nach einer erfüllten Sexualität kann nicht empfunden werden. Betroffene Frauen leiden darunter, „Normalität und Frausein“ nicht zu erleben. Psychische Belastungen begleiten Frauen mit MRKH-Syndrom. Seelische Belastungen und Ängste sowie Zweifel der eigenen Weiblichkeit sind häufig.

 

Gibt es Therapiemöglichkeiten?

 

Das MRKH-Syndrom ist eine schockierende Diagnose. Gerade der Altersabschnitt der Pubertät, der den Weg zum Erwachsenwerden darstellt, in dem Mädchen das eigene weibliche Körpergefühl entwickeln, ist ein schwieriger Zeitpunkt, um die Erkrankung zu begreifen. Eine schrittweise Annäherung und Auseinandersetzung des MRKH-Syndroms ist durch die Unterstützung des Gynäkologen sowie spezialisierten Psychologen sinnvoll und zu empfehlen. Eine gute Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patientin ist von besonderer Wichtigkeit, um die Ängste der Betroffenen zu nehmen und gemeinsam nach einem individuellen Therapieansatz zu suchen.

 

Ohne therapeutische Maßnahmen ist der Geschlechtsverkehr in den meisten Fällen aufgrund der nicht vorhandenen Scheide oder zu kurzen Scheide nicht möglich. Bei einer verkürzten Scheide kann der Geschlechtsverkehr unter physischen Schmerzen, umgangssprachlich eher schlecht als recht möglich sein, da das Gewebe auseinander gedehnt werden kann – sind sexuell inaktive Zeiten vorhanden schrumpft das Gewebe verständlicherweise wieder, sodass es wieder neu aufgedehnt werden und man unter Schmerzen von vorne beginnen muss.

Entwickelt wurden verschiedene Therapiemöglichkeiten, um eine neue Scheide zu schaffen, sodass normaler Geschlechtsverkehr ermöglicht werden kann.

Zu den nicht-chirurgischen Methoden zählt, wie bereits erwähnt, das Dehnen, die Dilatation des Vaginalgrübchens, sodass die Patientin sich durch regelmäßige Dehnung selbstkontrolliert eine eigene Scheide schafft. Voraussetzung ist natürlich, dass ein kleines Vaginalgrübchen vorhanden ist und die Patientin ein hohes Maß an Geduld und Bereitschaft Schmerzen ertragen zu können, mit sich bringt. Ein langwieriger und schmerzhafter Prozess steht bevor, der nicht von allen betroffenen Frauen toleriert werden möchte und als belastend empfunden wird.

Ein Beispiel einer chirurgischen Methode: Ein Stück des Dickdarms (Colon sigmoideum) kann unter Vollnarkose verpflanzt werden, sodass man durch die Sigma-Methode eine Scheide mit ganz normaler Länge erhalten kann, welche nicht zu schrumpfen droht. Bei anderen operativen Eingriffen, die eine sogenannte Neoscheide (Neovagina) konstruieren ist das Tragen eines Phantoms nötig, damit Schrumpfungen vorgebeugt werden können; mit Ausnahme der Modifikation einer Darmscheide. Ein Scheidenphantom, welches aus Kunststoff besteht und in verschiedenen Formen und Längen gibt, muss zu Beginn täglich und auch nachts getragen werden, damit die Scheide sich nicht verkürzen oder enger werden kann.

 

Der enorme technische Fortschritt der Medizin kann betroffenen Frauen mit MRKH-Syndrom Hoffnung und Mut zu machen.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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