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Blinddarmentzündung: Was ist das?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 22. Januar 2016

Eine - als umgangssprachlich bezeichnete - Blinddarmentzündung kann ganz plötzlich eintreten und mit unter anderem schmerzhaften rechtsseitigen Unterbauchbeschwerden einhergehen. Die Ursachen sind dabei vielfältig und nicht eindeutig zu ermitteln. Auf welche Symptome muss man bei einer akuten Blinddarmentzündung achten? Warum sollte bei einem Verdacht operiert werden? Und weswegen führt es manchmal zu einer unnötigen Operation? Wissenswertes zum Thema Wurmfortsatz im folgenden Beitrag.

Der umgangssprachliche Begriff „Blinddarmentzündung“ – eine irreführende Bezeichnung

Etwas irreführend ist der umgangssprachliche Begriff „Blinddarmentzündung“: Denn wenn die Ärzte von einer Blinddarmentzündung sprechen, ist dabei nicht die Entzündung des Blinddarms - lateinisch Caecum, eingedeutscht Zökum – gemeint, sondern die Entzündung des Anhängsels des Blinddarms, auch als Wurmfortsatz bezeichnet, im medizinischen Sprachgebrauch Appendix vermiformis, kurz Appendix, genannt. Denn die tatsächliche Entzündung des Blinddarms bezeichnet man als Typhlitis, die Entzündung des Wurmfortsatzes ist die Appendizitis (lateinische Endung -itis = Entzündung).

Anatomie: Wo befindet sich der Wurmfortsatz?

Der Wurmfortsatz, Appendix vermiformis, befindet sich in der Regel als Anhängsel am Blinddarm. Der Blinddarm liegt im rechten Unterbauch und ragt zum Einen am Ende des Dünndarms, dem terminalen Ileum, sackförmig nach unten in die Bauchhöhle und bildet zum Anderen den blind endenden Anfangsteil des aufsteigenden Dickdarms, Colon ascendens.

Bei 65 % der Menschen befindet sich der Wurmfortsatz hinter dem Zökum, das heißt retrozökal, in 31% der Fälle ist die Lage des Wurmfortsatzes absteigend. Manchmal spricht man auch von einer contralateralen Lage, wenn sich der Wurmfortsatz auf der linken Seite befindet. Auch eine subhepatische Lage ist möglich: Hierbei ist der Wurmfortsatz ist Richtung Leber hochgeschlagen und bildet mit dieser eine Verbindung. Von einer retroperitonealen Lage, welche eher selten ist, spricht man, wenn sich der Wurmfortsatz in der hinteren Leibeswand befindet. Ist der Wurmfortsatz in der mittleren Bauchhöhle lokalisiert, ist die Lage mesocolonwärts; der entzündliche Prozess kann dann von den Dünndarmschlingen abgedeckt werden. Die Länge des wurmartigen Anhängsels kann zwischen 2 und 20 cm variieren. Über die Arteria appendicularis, aus der Arteria ileaocolica der Arteria mesenteria superior wird der Wurmfortsatz arteriell versorgt.

Funktion: Ist der Wurmfortsatz ein funktionsloses Rudiment?

Anfänglich hat man geglaubt, dass der Wurmfortsatz keinerlei Funktion besitzt und lediglich als funktionsloses Rudiment im Körper vorhanden ist. Dem ist aber nicht so. Denn der Appendix vermiformis zählt zum lymphatischen Organ, das eine immunregulatorische Funktion besitzt und ein immunaktives Milieu bereitstellt. Daher wird der Wurmfortsatz auch als Darmtonsille bezeichnet. Der Wurmfortsatz trägt also zur lokalen Immunabwehr im Darmbereich bei.

Was passiert, wenn der Wurmfortsatz Beschwerden macht?

Die häufigste Erkrankung des Wurmfortsatzes ist die Entzündung, die Appendizitis, die vielfältige Ursachen haben kann und nicht eindeutig zu ermitteln ist: Durch Verstopfung des Wurmfortsatzes, beispielsweise durch einen Fremdkörper wie verschluckte Obstkerne oder Kotsteine kann eine Entzündung zustande kommen. Sehr selten sind andere Erkrankungen des Blinddarms, wie gutartige oder bösartige Geschwülste, bekannt. Manchmal kann es auch zu einer Reizung des Wurmfortsatzes kommen, die durch die Gabe von Antibiotikum behandelt werden und einer Entzündung Einhalt gebieten kann.

Symptome bei einer Appendizitis

Symptome, die bei einer Appendizitis auftreten können, sind:

  • anfängliche Schmerzen im Bauchnabelbereich, periumbilikal, die meist als stechend oder ziehend klassifiziert werden
  • Verlagerung der Schmerzen in den rechten Unterbauch innerhalb weniger Stunden, die sich verstärken
  • Verschlechterter Allgemeinzustand mit weiteren Krankheitszeichen wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit
  • Ansteigen der Körpertemperatur auf 39°C (eine Temperaturdifferenz zwischen rektalere und axillärer Messung liegt bei 1°C)
  • manchmal Anstieg des Pulses und Nachtschweiß
  • manchmal Durchfall oder Stuhlverhalt/Verstopfung
  • Erschütterungsschmerzen beim Laufen oder Stehen, sodass ein typischer Bewegungsablauf, der sich Schonhinken nennt, stattfindet

Da die Symptome nicht immer typisch sind, ist es eine eindeutige Diagnosestellung oft schwer. Differentialdiagnosen können nämlich sein: eine Magen-Darm-Erkrankung, ein aufsteigender Harnwegsinfekt, eine Eierstockzyste, eine Eileiterentzündung, eine Eileiterschwangerschaft.

Diagnostik

Bei der Durchführung einer diagnostischen Untersuchung erfolgt, neben dem Anamnesegespräch, eine Blutabnahme und eine Ultraschalluntersuchung. Im Labor können bei einer Appendizitis die weißen Blutkörperchen, Leukozyten, vermehrt sein und die Konzentration eines bestimmten Eiweißes, das sogenannte c-reaktive Protein – CRP, das Entzündungen im Körper anzeigt, erhöht sein. Aber auch gute Laborparameter können eine Appendizitis nicht ausschließen. Die Ultraschalluntersuchung ist bei der Diagnose einer Appendizitis besonders wichtig: Angaben zufolge, sei ein Wurmfortsatz, welcher im Ultraschall nicht zu sehen ist, nicht entzündet, während ein entzündeter Wurmfortsatz im Querschnitt als schießscheibenartig gestreifte Struktur, verdickt zu erkennen sein kann.

Der behandelnde Arzt prüft anhand folgender charakteristischer Druck –und Schmerzpunkte, ob Hinweise auf eine akute Appendizitis bestehen:

  • Blumberg-Zeichen/Loslass-Schmerz: Im Bereich des Wurmfortsatzes empfindet man Schmerzen, sobald man auf der Gegenseite die Bauchdecke eindrückt und anschließend loslässt.
  • Rovsing-Zeichen: Es kommt zu einer Schmerzempfindung, sobald man den Dickdarm entgegen dem Uhrzeigersinn in Richtung Blinddarm ausstreicht.
  • Douglas-Schmerz: Hinweis für eine Verlagerung des Wurmfortsatzes ins kleine Becken bzw. eine Reizung des Bauchfells (peritoneale Reizung) ist gegeben, wenn die rektale Untersuchung als schmerzhaft empfunden wird.
  • Psoas-Schmerz: Sobald man das rechte, gestreckte Bein anhebt, werden Schmerzen im rechten Unterbauch empfunden.

Selbst bei einem einwandfreien und unauffälligen Labor und einem unmerklichen Ultraschall, aber weiter anhaltenden schmerzhaften Beschwerden, kann der Verdacht einer Appendizitis zutreffen, weswegen nur eine Bauchspiegelung eindeutig Klarheit geben kann, um dann den Wurmfortsatz operativ zu entfernen. Im Zweifelsfall entscheidet man sich für eine Operation, weshalb Deutschland vorgeworfen wird, dass zu viele Operationen durchgeführt werden. Die Blinddarmentzündung wird daher auch häufig als "deutsche Krankheit" bezeichnet: Denn in keinem anderen Land wie in Deutschland werden so viele Wurmfortsätze operativ entfernt. Bis zu 29 Prozent der entfernten Wurmfortsätze sind nämlich gar nicht krankhaft verändert. Auch wenn man eigentlich von einer harmlosen, kleinen Operation spricht: Selbst eine kleine Wurmfortsatzentfernung ist niemals völlig harmlos.

Behandlungsmaßnahmen

Bei dem Verdacht einer möglichen Appendizitis, aber guten Laborwerten und unmerklichem Ultraschallbefund, kann die Behandlung zunächst konservativ sein: Der Betroffene wird stationär behandelt: Bettruhe, Nahrungskarenz, Antibiotikagabe und stationäre Beobachtung. Verschlimmert sich der Krankheitszustand besteht die Notwendigkeit einer Operation, da es nämlich zu einem Darmdurchbruch, der Perforation des Wurmfortsatzes in die freie Bauchhöhle kommen kann und eine Entzündung des Bauchfells, Peritonitis, folgen kann. Diese Situation kann lebensbedrohlich werden.

Die operative Entfernung des Wurmfortsatzes bezeichnet man als Appendektomie, welche heutzutage laparoskopisch in Schlüssellochtechnik, durch drei kleine Inszisionen, durchgeführt wird. Nach Entfernung des Wurmfortsatzes wird dieser histologisch untersucht. Die Patienten haben nach dem Eingriff in der Regel weniger Schmerzen als vor dem Eingriff.

J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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