Autoimmunkrankheit: Kreisrunder Haarausfall

Dort wo üblicherweise bisher normale Haare gewachsen sind, sind haarlose Flächen zu erkennen, die einen Durchmesser von zwei bis drei Zentimeter haben können. Die Rede ist von kreisrundem Haarausfall. Was sind die genauen Ursachen für die kreisrunden bis ovalen haarlosen Stellen? Gibt es eine Heilung?

Was ist kreisrunder Haarausfall?

Der kreisrunde Haarausfall, im medizinischen Fachjargon auch Alopecia areata genannt, beschreibt eine oder mehere scharf begrenzte kreisrunde bis ovale kahle Stellen ohne Haarwuchs. Die erste haarlose Stelle liegt typischerweise am Hinterkopf, sodass dem Betroffenen zunächst gar nicht bewusst ist, dass er an kreisrundem Haarausfall leidet. „Sie haben da am Hinterkopf eine kahle Stelle!“ können die für den Betroffenen überraschenden Worte des Frisörs sein. Die Blickdiagnose genügt, um kreisrunden Haarausfall feststellen zu können; Laboruntersuchungen sind nicht notwendig. Aus wissenschaftlicher Sicht gilt der kreisrunde Haarausfall je nach Schweregrad in die Stufen I bis IV zu unterteilen. Der vollständige Haarausfall, Alopecia areata totalis, stellt die in der Regel meist genetisch bedingte Maximalvariante dar, welche allerdings sehr selten ist und etwa 10% der Betroffenen ausmachen. In Deutschland leiden schätzungsweise 1-1,5 Millionen Menschen an Alopecia areata in seinen unterschiedlichen Formen.

Wie verläuft kreisrunder Haarausfall?

Kreisrunder Haarausfall ist schmerzfrei und hat keine Symptome. Weder Juckreiz noch Rötung bestehen hierbei, wodurch Alopecia areata ohne eine zufällige Entdeckung unbemerkt bleibt. Zum Zeitpunkt der Entdeckung ist die kahle Stelle einen halben Zentimeter bis zwei Zentimeter Durchmesser groß. Oft ist nur dieser eine haarlose Herd sichtbar, allerdings kann bei einer sorgfältigen Untersuchung von Kopf bis Fuß kleinere, bisher nicht bekannte Herde entdeckt werden. Diese Herde können mit der Zeit an Größe zunehmen und maximal vier Zentimeter Durchmesser erreichen – fließen zwei nebeneinander liegenede Herde allerdings zusammen, entsteht ein Herd, dessen Durchmesser noch größer ist. Wie sich die Herde entwickeln ist individuell unterschiedlich: In der weit überwiegenden Zahl zählt man weniger als fünf Herde. Trotz allem sollte nicht verschwiegen werden, dass es auch sehr massive Ausprägungen von Alopecia areata gibt, die für das Wohlbefinden des Betroffenen als sehr belastend eingestuft werden.

Was sind die Ursachen für kreisrunden Haarausfall?

Die genaue Ursache für kreisrunden Haarausfall bleibt bisher ungeklärt. Folglich kann man kreisrunden Haarausfall auch nicht vorhersagen oder vorbeugend tätig sein. Vermutet wird, dass ein gestörter Autoimmunprozess dafür verantwortlich sein kann: Das Abwehrsystem des Körper bekämpft das eigene Gewebe, da dieses fälschlicherweise für Fremdgewebe gehalten wird. Die Haarwurzeln werden von Entzündungsstellen umgeben, welche Stoffe absondern, die das Haarwachstum hemmen bzw. verhindern. Vereinfacht ausgedrückt: Der Körper beginnt plötzlich allergisch auf die eigenen Haare zu reagieren. Auch wird vermutet, dass harmlose Infektionen mit Bakterien in Frage kommen können, die kreisrunden Haarausfall verursachen. Die wohl gesichterte Häufung bei Verwandten spricht für eine genetisch bedingte Veranlagung – bei 20 bis 25% aller Betroffenen liegt eine familiäre Historie vor. Ebenso ist auch der Faktor Stress, welcher ständiger Begleiter der heutigen Gesellschaft ist, nicht außer Acht zu lassen: Es gibt Studien, die einen Zusammenhang zwischen Alopecia areata und Stress nahelegen und Stress als Auslöser für die kreisrunden begrenzten haarlosen Areale dargestellt wird; bisher sind diese allerdings eher spekulativ als wissenschaftlich erwiesen und werden kontrovers diskutiert.

Wie häufig tritt kreisrunder Haarausfall auf?

Im Hinblick auf den kreisrunden Haarausfall scheinen Männer häufiger betroffen zu sein als Frauen. Besonders der sogenannte Mittelmeertyp mit schwarzen Haaren und dunklem Teint zählt zu der Gruppe, die an kreisrundem Haarausfall erkranken. Eine häufige Lokalisation ist zudem das Kinn; plötzlich sind scharf begrenzte runde haarlose Stellen im Bart des Mannes festzustellen, die besonders auffallen. Auch Augenbrauen können auf einmal kahle Stellen aufweisen. Selten ist der Rest des Körpers wie Unterarme, Beine, Bauch und Rücken betroffen. Vermehrt fällt auch auf, dass Menschen, die empfindliche Haut haben und zu Allergien neigen, auch an kreisrundem Haarausfall leiden.

Welche Differentialdiagnosen gibt es?

Die Alopecia areata ist von anderen Krankheitsbildern abzugrenzen: Ähnliche Krankheitsbilder sind nämlich die – heute eher seltenen – späteren Stadien des Syphilis. Auch das psychotische Ausreißen der eigenen Haare, Trichotillomatie genannt, sowie bestimmte Pilzerkrankungen können der Alopecia areata zwar ähnlich sein, zählen aber eher zu den Exoten.

Wie kann kreisrunder Haarausfall behandelt werden?

Die anfängliche Behandlung beim erstmaligen Auftreten vom kreisrundem Haarausfall liegt im Nichtstun und Abwarten. Diese Empfehlung scheint etwas überraschend zu sein, doch in den meisten Fällen verschwindet die kahle Stelle meist von selbst. In neun von zehn Fällen kommt es nach etwa drei bis sechs Monaten wieder zu einem Haarwachstum, ohne das eine Behandlung durchgeführt worden ist. Auf der vollständig glatten Haut sind nun wieder feine, dünne einzelne Härchen zu erkennen, die dann in normaler Zahl und Menge wieder auftreten. Wer sich allerdings nicht in Geduld üben kann und wem das Warten auf den Haarwuchs zu lange dauert, der kann sich vom Hautarzt kortisonhaltige Cremes oder Lösungen verschreiben lassen und zu den äußerlich anzuwendenen Mitteln greifen.

Die Wirkstoffklasse der Kortisone hat eine bekannte Nebenwirkung, die man sich hier zu Nutze macht, nämlich das Wachstum von Haaren. Darüber hinaus wirken Kortisone auch gegen die vermutene Immunreaktion.

Wie ist die Prognose bei kreisrundem Haarausfall?

Einmal kreisrunder Haarausfall, immer kreisrunder Haarausfall? Bekannt ist, dass derjenige, der einmal unter Alopecia areata litt, auch später noch einen Schub entwickeln und wieder haarlose Stellen aufweisen kann. Die Heilungsaussicht ist trotzallem gut. Die kahlen Stellen heilen folgenlos ohne Narben ab.

Der Haarverlust bedeutet oft eine emotionale Belastung und Herausforderung und kann gefolgt sein von Problemen im psychischen und sozialen Bereich, die umso mehr zunehmen, je größer der kreisrunde Haarausfall voranschreitet. Psychologischr Beistand kann hilfreich sein, um die Erfahrung der Krankheit, die letztendlich keine wirkliche Krankheit ist, denn Betroffene mit Alopecia areata sind ansonsten meist bei guter Gesundheit. Um das Selbstbewusstsein zu stärken und keine Scheu zu haben, am gesellschaftlichen Leben teil zu nehmen, ist zu empfehlen, sich vertrauensvoll an den Hausarzt zu wenden.

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