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Unbeschwert leben trotz Harninkontinenz

Kommentar schreiben Aktualisiert am 22. Februar 2017
Unter Harninkontinenz versteht man den unwillkürlichen, unfreiwilligen Harnverlust – der Betroffene kann den Zeitpunkt des Wasserlassens nicht mehr selbst bestimmen. Ein verbreitetes Leiden, das Männer und Frauen gleichermaßen betrifft und viele Ursachen haben kann. Wie lässt sich Harninkontinenz vorbeugen? Welche Tipps gibt es bei großen Reisen? Und ist eine Botox-Behandlung gegen das krampfartige Entleeren der Blase erfolgsversprechend? Mehr im folgenden Beitrag.

Harninkontinenz: Der unfreiwillige Urinverlust

Der unfreiwillige Abgang von Urin, der vom Betroffenen nicht kontrolliert werden kann, wird als Harninkontinenz bezeichnet. Die Unfähigkeit vieler Menschen, ihre Blase nicht kontrolliert zu entleeren, ist prinzipiell keine Krankheit an sich, sondern vielmehr ein Symptom anderer Störungen oder Erkrankungen.

Formen und ihre häufigste Ursachen

Man unterscheidet hinsichtlich der Ursachen und Symptome verschiedene Formen der Harninkontinenz:
  • Überlaufinkontinenz: Chronische Harnverhaltung; die normale Blasenentleerung ist infolge der verengten oder verstopften Harnröhre unmöglich. Dadurch ist die Harnblase immer gefüllt, so dass ständig tropfenweise Urin abgeht
  • Dranginkontinenz: Starker Harndrang bei gleichzeitigem Unvermögen, die Blase zu kontrollieren. Der Urin geht unvermittelt ab, der Fluss kann nicht aufgehalten werden und endet erst, wenn die Blase völlig entleert ist. Für eine Dranginkontinenz kommen Infektionen der Harnwege, aber auch Hirnfunktionsstörungen, zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder bei Alzheimer-Krankheit in Frage. Manchmal ist auch eine Gehbehinderung oder eine zeitweilige Verwirrtheit der Grund dafür, dass die Toilette nicht rechtzeitig aufgesucht werden kann. Es kommt urplötzlich zu einem derartig starken Harndrang.
  • Belastungsinkontinenz: Unkontrollierter Abgang kleiner Urinmengen bei stärkerer, körperlicher (Heben schwerer Lasten, sportlicher Anstrengung) oder auch seelischer Belastung (Angst, Stress). Auch häufig bei Frauen nach der Geburt eines Kindes. Bei der Belastungsinkontinenz erfolgt ein unwillkürlicher Abgang, der zum Beispiel auch durch heftiges Lachen oder starken Husten ausgelöst werden kann.
  • Absolute Inkontinenz: Der Urinfluss kann infolge des totalen Ausfalls der Schließmuskeltätigkeit überhaupt nicht kontrolliert oder beherrscht werden.
Zu den Ursachen einer Harninkontinenz zählen häufig eine Schwäche der Beckenmuskulatur, zum Beispiel aufgrund des höheren Alters, nach mehreren Schwangerschaften oder bei starkem Übergewicht, aber auch die sogenannte Reizblase, bei der sich die Blasenmuskeln periodisch zusammen ziehen und dadurch den Harndrang stark erhöhen. Weitere Ursachen sind Verletzungen oder Krankheiten der Harnorgane, wie zum Beispiel das Vorhandensein von Blasensteinen, Tumoren, chronischen Entzündungen), ein Gebärmuttervorfall sowie starke psychische Belastungen, wie Stress. Bei Männern kommen auch Prostataerkrankungen als Ursache für eine Harninkontinenz in Frage. Selten führen Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns oder der Nerven im Bereich des Rückenmarks zu einer Blasenschwäche.

Formen und ihre geeigneten Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung der Harninkontinenz ist oft langwierig und schließt die Beseitigung der auslösenden oder begünstigenden Ursachen ein. Bei schwachen Beckenmuskeln hilft ein spezielles Beckenbodentraining, das unter therapeutischer Anleitung eingeübt werden kann. In besonderen Fällen kann ein aufblasbarer Ring um die Harnröhre gelegt werden, der als künstlicher Schließmuskel dient. Wird die Luft des Ringes abgelassen, kann der Urin abfließen. Die Behandlung der Reizblase erfolgt mit Anticholinerika, die zur Entspannung der Blasenmuskeln führen. In besonders schwerwiegenden Fällen muss operiert werden; eine künstliche Harnableitung wird angelegt, die die Harnblase umgeht. Die Entscheidung, welche Therapieform am günstigsten ist, fällt der Facharzt nach speziellen Untersuchungen. Eine Heilung der Harninkontinenz dauert meist sehr lange und erfordert immer die aktive Mitwirkung des Betroffenen.

Botox-Behandlung gegen Harninkontinenz?

Das Nervengift Botulinumtoxin Typ A, kurz Botox, ist dafür bekannt, eingesetzt zu werden, um Falten auf der Stirn oder in der Mundpartie zu glätten. Aber auch in der Urologie findet Botox seine Verwendung als therapeutisches Verfahren gegen eine überaktive Blase. In Deutschland ist Botox seit 2013 zur Therapie der Reizblase zugelassen. Wenn andere Behandlungsverfahren trotz wiederholter Anwendung, sprich die Einnahme von Anticholerika – eine Gruppe von Medikamanten, die traditionell zur Reiszblasentherapie verabreicht wird – nicht erfolgsbringend sind, soll das Nervengift zum Einsatz kommen, um die Aktivität des Blasenmuskels zu verringern. Die Injektion des Medikaments erfolgt unter Sichtkontrolle in Vollnarkose: in den Blasenmuskel oder unter die Blaseninnenhaut erfolgt die Injektion, dessen Wirkstoff sich dann über die gesamte Blase verteilen kann. Das Ziel ist es, die Blasenmuskeln zu schwächen, aber nicht vollständig, sodass eine normale Blasenentleerung noch möglich sein kann. Aus diesem Grund tritt die Wirkung nicht sofort ein und muss unter Umständen wiederholt werden, weil man sich zu Beginn „vortasten“ muss und vorerst lieber weniger, als zu viel Botox spritzt. Da die Wirkung nach einem halben Jahr ohnehin nachlässt, kann diese immer wieder wiederholt werden.

Vorbeugende Maßnahmen und Tipps für ein Leben mit Harninkontinenz

Neben der Behandlung des Grundleidens steht die regelmäßige Blasenentleerung im Vordergrund, die im etwa zweistündigen Rhythmus ermöglicht werden soll – so kann ein Leben mit Harninkontinenz auch relativ gut bewältigt werden. Das regelmäßige Entleeren der Blase zur Vorbeugung wird empfohlen, um diese dadurch zu „erziehen“. Abends sollte möglichst wenig getrunken werden. Für Frauen ist eine Beckenbodengymnastik unter fachtherapeutischer Anleitung empfehlenswert. Angebracht ist auch die Verwendung von aufsaugenden Einlagen oder Windeln, die Nässe und Geruch binden und so ein gewisses Gefühl der Sicherheit vermitteln.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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