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Pro und Contra einer Mandel-OP

Kommentar schreiben Aktualisiert am 24. Juni 2019

Zu den Erkrankungen des Rachenraumes tritt die Mandelentzündung vor allem im Kindes- und Jugendalter sehr häufig auf. Dabei sollten Symptome wie Halsschmerzen und Schluckbeschwerden nicht als „harmlose Unpässlichkeit“ auf die leichte Schulter genommen werden. Wann sollten die Mandeln operativ entfernt werden?

Die Mandelentzündung – Tonsillitis

Die sogenannte Mandelentzündung wird im medizinischen Sprachgebrauch als Tonsillitis bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine Entzündung der lymphoepithelialen Gewebe des lymphatischen Rachenrings, insbesondere der Gaumenmandeln.

Die Tonsillitis lässt sich in unterschiedliche Formen gliedern:

  1. Tonsillitis acuta
  2. Tonsillitis chronica

Tonsillitis acuta

Die Tonsillitis acuta, auch Angina oder akute Mandelentzündung genannt, ist ein recht häufiges Begleitsymptom bei einem akuten Virusinfekt der oberen Atemwege. Sie tritt zu allen Jahreszeiten in Erscheinung und wird durch Unterkühlung begünstigt.

Folgende Krankheitszeichen können hierbei auftreten:

  • Stechen und Kitzeln im Hals
  • Schluckbeschwerden, die bis ins Ohr ausstrahlen können
  • Allgemeines Krankheitsgefühl
  • Rötung sowie Schwellung der Mandeln
  • „kloßige“ Sprache (Angina bedeutet „Enge“)
  • Fieber mit Frösteln
  • Kopfschmerzen
  • Schwellung und Druckempfindlichkeit der Lymphdrüsen am Kieferwinkel

Eine Mandelentzündung kann auch bakteriell, meist durch Streptokokken, bedingt sein und tritt als „eitrige“ Mandelentzündung (Angina follicularis/lacunaris) in Erscheinung. Die Krankheitszeichen sind mit den oben aufgelisteten Symptomen identisch; hinzukommt allerdings noch, dass grauweiße bis gelbe Beläge bzw. Ausgüsse in den Buchten der Mandeln, die sich mit dem Spatel abstreifen lassen, auftreten. Beim Zusammenfließen entstehen flächige Beläge, Angina membranacea. Bei einer gewöhnlichen Mandelentzündung und richtiger Behandlung verschwinden die Beläge meist nach einer Woche.

Die Behandlung einer Tonsillitis acuta, sei diese eitrig oder nicht, sollte wegen der Gefahr von Folgeerkrankungen niemals auf die leichte Schulter genommen werden. Vielmehr sollte man sich als Betroffener bis zum Abklingen der akuten Erscheinung, der Schluckbeschwerden und des Fiebers schonen. Zu Beginn der Erkrankung kann manchmal mit hohen Dosen von Vitamin C und Vitamin B-Komplex eine Besserung erreicht werden – die regelmäßige Aufnahme von frischem Obst und Gemüse stärkt das Immunsystem. Zudem können auch Halswickel, die je nach Verträglichkeit heiß oder kalt gehalten werden, eine Linderung erzielen. Zu empfehlen sind auch Mundspülungen, gründliche Zahnpflege und das Gurgeln mit Salbei- und Kamillentee, die eine entzündungshemmende Wirkung haben; durch die Einnahme von Aspirin oder Paracetamol können gleichzeitig die Schmerzen gemindert werden.

Eine eitrige Mandelentzündung sollte immer ernst genommen werden, da die Gefahr von Folgeerkrankungen, wie Herzleiden, rheumatisches Fieber und Nierenentzündungen besteht. Die eitrige Mandelentzündung bedarf einer Behandlung mit Antibiotika in wirksamer Dosis durch einen Arzt. Sehr zu warnen ist von einer unkontrollierten Antibiotikagabe in Eigenregie, da die normale Mundflora des Mundes dadurch gestört werden kann und unter Umständen eine Gewöhnung von Krankheitserregern an das Medikament bewirken kann, sodass das Antibiotikum zu einem späteren Zeitpunkt, auch in einer größeren Menge, möglicherweise nicht mehr erfolgreich wirken kann und der Betroffene resistent gegen das Antibiotikum ist.

Tonsillitis chronica

Bei der chronischen Mandelentzündung, Tonsillitis chronica, treten wiederholte akute Mandelentzündungen in relativ kurzen Abständen auf. Trübe Flüssigkeit kann beim Auspressen der Mandeln aus den Buchten herausfließen und Kieferwinkel-Lymphknoten können vergrößert aber nicht schmerzhaft sein.

Die Bedeutung dieses Leidens liegt in der Gefahr für den Gesamtorganismus, weil aus dem Entzündungsherd immer wieder Keime in die Blutbahn gelangen, wodurch ernstzunehmende verschleppte Erkrankungen entstehen können. Eine weitere Komplikation ist, dass die Erreger (u. a. verschiedene Streptokokken-Spezies) sich in der Tiefe der Mandelbuchten aufhalten und die Entstehung von Mikroabszessen, sogenannten Peritonsillarabszessen, verursachen.

Komplikation Peritonsillarabszess

Ein Peritonsillarabszess entsteht oft nach einer mehrere Tage zurückliegenden eitrigen Mandelentzündung und kann zu Beginn durch hochdosierte Antibiotikagabe konservativ behandelt werden, bei ausgebildetem Abszess ist ein sofortiger chirurgischer Eingriff durchzuführen, bei dem entweder die Mandeln entfernt werden oder der Abszess zunächst gespalten wird und zu einem späteren Zeitpunkt die Mandeln entfernt werden, um das Wiederauftreten von weiteren Abszessen zu vermeiden. Bei einem bestehenden Peritonsillarabszess sind Krankheitszeichen wie

  • meist eine einseitige starke Schwellung und Rötung der Mandel und ihrer Umgebung mit Verdrängung des Zäpfchens nach der gesunden Seite
  • Ausstrahlung der Schmerzen zum gleichseitigen Ohr hin
  • zunehmende Schluck- und Sprechbeschwerden
  • Unfähigkeit, den Mund zu öffnen, „Kiefersperre“
  • stark belegte Zunge
  • starker Mundgeruch
  • Schwellung und Druckempfindlichkeit der gleichseitigen Kieferwinkel-Lympfhknoten

zu beobachten.

Bei einer chronischen Mandelentzündung helfen Antibiotikagaben nur vorübergehend. Die einzig wirksame Behandlung ist die operative Entfernung der Mandeln, auch Tonsillektomie genannt.

Indikationen und Kontraindikationen einer Tonsillektomie

Die Tonsillektomie ist die operative Entfernung der Gaumenmandeln, die in Intubationsnarkose bei einem Patienten, dessen Kopf rekliniert ist, durchgeführt wird.

Im Vergleich zu den 1960er Jahren wird eine Tonsillektomie heutzutage weniger befürwortet, da die Mandeln als Teil des Immunsystems eine wichtige Abwehrfunktion erfüllen. Daher wird erst dann für eine Mandelentfernung entschieden, wenn diese als sinnvoll betrachtet wird.

Zu den allgemeinen Indikationen einer Tonsillektomie, die als unvermeidbar betrachtet wird, gehören

  • rezidivierende (7 Episoden in einem Jahr), antibiotikapflichtige Mandelentzündungen
  • Tonsillenvergrößerung (Tonsillenhyperplasie) mit Schluck- und Atembehinderung
  • bestehende Peritonsillarabszesse
  • Verdacht auf Herdgeschehen
  • Verdacht auf einen bösartigen (malignen) Prozess

Es gibt aber auch Kontraindikationen einer Tonsillektomie. Eine voreilige Mandelentfernung sollte nicht im Kleinkindalter durchgeführt werden, da die Mandeln, wie bereits erwähnt, wichtige Funktionen für den Aufbau des Immunsystems erfüllen und von einer Operation bei Kindern unter 4 bis 6 Jahren abgesehen bzw. nur im äußersten Notfall durchzuführen ist.

Weitere Kontraindikationen sind:

  • Bluterkrankungen
  • schwere Allgemeinerkrankung
  • schwere Herz- und Gefäßerkrankungen

Risiken einer Tonsillektomie sind neben dem Nachblutungsrisiko, Wundinfektionen, Halsphlegmone, Zahnschäden, Schluckbeschwerden, Sprach- sowie Geschmackstörungen.

Nach einer Mandelentfernung

Nach einer Operation gibt es, besonders zur Freude für Kinder- und Jugendliche auf ärztliche Verordnung reichlich Eis – es kühlt nach dem Schmerz und hilft gut gegen Schwellungen. Darüber hinaus macht Kälte eine Vasokonstriktion, eine Gefäßverengung, die Gefahr postoperativ nachzubluten kann minimiert werden.

Nach der Operation einer Mandelentfernung sollte für einige Tage Bettruhe gehalten werden.

Die ersten Tage nach dem chirurgischen Eingriff empfiehlt es sich eisgekühlte Getränke, lauwarmen Tee und Suppen, Brei und geriebene Früchte zu sich zu nehmen. Ab dem vierten Tag kann, je nach Schmerzempfindung, eine langsame Gewöhnung an kleine, feste Speisen erfolgen.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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