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Narkolepsie: Wenn die Müdigkeit nicht zu bändigen ist

1 Kommentar Aktualisiert am 16. Mai 2017

Plötzliche Schlafattacken, Verlust der Muskelkontrolle und ständige Müdigkeit: Narkolepsie ist eine neurologische Erkrankung, die großen Einfluss auf den Alltag und die Lebensqualität der Patienten hat. Allerdings kommt Narkolepsie selten vor und wird deshalb nicht immer erkannt. Wir erklären, woran Sie die Erkrankung erkennen und wie trotz Schlafkrankheit ein normales Leben möglich ist.  Egal ob beim Essen, mitten in einem Gespräch, am Arbeitsplatz oder beim Spazieren durch die Fußgängerzone: Narkoleptiker werden täglich von Schlafattacken übermannt. Das Gefühl der Müdigkeit wird immer größer bis sie sich gegen das Einschlafen nicht mehr wehren können. Dass es sich bei der ständigen Müdigkeit und Abgeschlagenheit um eine neurologische Erkrankung handelt, wird diese meist erst spät erkannt.

Narkolepsie: Ursache der neurologischen Störung unklar

Die genauen Ursachen der Narkolepsie sind noch nicht gänzlich erforscht. Patienten weisen einen niedrigen Orexin-Wert im Gehirnwasser auf. Orexin (auch Hypocretin genannt) ist ein Neurotransmitter und überbringt Botschaften von einer Nervenzelle zur anderen. Ist diese Informationsübertragung gestört, kommt der Schlaf-Wach-Rhythmus des Betroffenen durcheinander. Es wird vermutet, dass eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems zu einer Beeinträchtigung der Orexin-Produktion oder zu einer Zerstörung des Botenstoffs führt. Narkolepsie ist eine seltene Erkrankung. In Deutschland gibt es etwa 40.000 Betroffene. Die Dunkelziffer ist durch die schwierige Diagnose allerdings deutlich höher. Alles deutet darauf hin, dass Männer und Frauen in etwa gleichermaßen betroffen sind. Die Erkrankung tritt meist erstmals zwischen dem 10. und dem 20. oder zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf. Die Symptome können sich schleichend entwickeln und plötzlich auftreten.

Symptome der Schlafkrankheit: Müdigkeit und Verlust der Muskelspannung

Das häufigste Symptom ist eine schwer zu kontrollierende, tagsüber auftretende Müdigkeit. Daraus resultieren ungewollte Schlafattacken, die wenige Minuten bis eine halbe Stunde lang andauern. Der Kurzschlaf ist für die Betroffenen erholsam, es folgen einige Stunden, in denen sie wach und ausgeschlafen sind, bevor die nächste Attacke einsetzt. Vor allem bei monotonen Beschäftigungen wie Meetings, Vorträgen, Busfahren, Lesen, Fernsehen oder Autofahren kommt es zu der übermannenden Müdigkeit. Nachts hingegen können Narkoleptiker nicht gut schlafen – sie wachen mehrfach auf und die Schlafphasen sind gestört. Das zweite wichtige Symptom einer Narkolepsie sind sogenannte Kataplexien. Das ist die Bezeichnung für kurze Episoden, in denen keine Kontrolle über die Muskulatur möglich ist. Dabei kann die gesamte Skelettmuskulatur ebenso wie einzelne Bereiche oder die Gesichtsmuskeln betroffen sein. Der Patient sinkt in sich zusammen und kann sich nicht mehr bewegen oder sprechen. Dabei ist er allerdings wach und bekommt das Geschehen mehr oder weniger mit. Nach einigen Sekunden bis wenigen Minuten kehrt die Kontrolle über den Körper wieder zurück. Bleibende Schäden hinterlassen diese Kataplexien nicht. Kataplexien treten meist Hand in Hand mit heftigen Emotionen wie Freude, Wut oder Überraschung auf. Die Muskulatur der Organe sowie die Atemmuskeln sind nie betroffen – es besteht also keine Lebensgefahr. Dennoch kann die plötzlich weichende Kontrolle zu gefährlichen Situationen führen, etwa im Straßenverkehr oder beim Bedienen von Maschinen.

Anzeichen für Narkolepsie: Halluzinationen, automatisches Verhalten, Kopfschmerzen

Auch andere Symptome können bei einer Narkolepsie auftreten. So kommt es bei manchen Patienten zu Halluzinationen in der Einschlaf- oder Aufwachphase. Häufig gehen diese Episoden mit einer Bewegungsunfähigkeit einher und führen so zu beängstigenden Situationen. Tritt die Müdigkeit während einer Handlung, zum Beispiel dem Schreiben eines Briefes, in einem Gespräch oder beim Gehen auf, kann es sein, dass Teile des Gehirns schlafen, während andere Teile versuchen die ausgeübte Handlung weiterzuführen. Mediziner bezeichnen dieses Phänomen als automatische Handlungen. Der Patient wirkt in dieser Situation wirr, seine Sätze ergeben keinen Sinn, er bewegt sich plötzlich torkelnd und das Geschriebene ist unleserlich oder es sind sinnlose Zeichen. Auch unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen oder Antriebslosigkeit können bei der Schlafkrankheit auftreten.

Diagnose Schlafkrankheit: Das Schlaflabor kann helfen

Oft wird bei Tagesmüdigkeit an eine psychische Erkrankung wie Depression oder eine Stoffwechselfehlfunktion gedacht. Ein Neurologe sollte die Narkolepsie als solche durch eine gründliche Anamnese und gegebenenfalls die Befragung der Angehörigen und nahestehender Personen erkennen. Hatte ein Betroffener bereits eine Kataplexie kann er diese meist gut beschreiben. Andere Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Epilepsie oder Schlafapnoe müssen nach und nach ausgeschlossen werden. Die Untersuchung im Schlaflabor gibt dann Aufschluss über das Krankheitsbild. Hier werden die Schlafphasen untersucht und zeigen detailliert das Schlafverhalten des Patienten. Der Artikel Lebensessenz gesunder Schlaf informiert Sie über die Funktion und den Nutzen einer erholsamen Nacht.

Behandlung: Medikamente und Schlaftagebuch

Die Narkolepsie kann derzeit noch nicht geheilt, allerdings sehr gut behandelt werden. Es gibt verschiedene Medikamente (Stimulanzien), die die Tagesmüdigkeit in den Griff bekommen. Die zugelassenen Wirkstoffe sind Modafinil und Methylphenidat. Gegen die Kataplexien kann Natriumoxybat eingesetzt werden. Die genaue Dosierung wird von dem behandelnden Spezialisten ermittelt und sollte unbedingt eingehalten werden. Außerdem kommen meist Schlafmittel hinzu, um den gestörten Nachtschlaf zu regulieren. Es gibt neben den Präparaten einige Möglichkeiten um der Narkolepsie entgegenzusteuern. Betroffene sollte unbedingt auf eine gute Schlafhygiene achten. Das heißt: Jeden Morgen zur selben Zeit aufstehen und jeden Abend zur selben Zeit ins Bett gehen. Tätigkeiten wie Lesen oder Fernsehen sollten nicht im Bett stattfinden, die Wahrscheinlichkeit plötzlich einzuschlafen wird so gesteigert. Wird die Müdigkeit tagsüber zu groß, können zwei bis drei kurze Nickerchen helfen wieder fit zu werden. Dabei ist es wichtig, dass das Umfeld über die Erkrankung Bescheid weiß, damit es nicht zu Komplikationen etwa am Arbeitsplatz kommt. Narkoleptiker sollten ein Tagebuch über ihre Schlafattacken und die Müdigkeit führen. So werden die wachen und aktiven Phasen deutlich und der Tag kann nach ihnen strukturiert werden. Regelmäßige Bewegung kann der Schlafkrankheit entgegenwirken, ein aktiver Job ist weniger einschläfernd als ein Bürojob. Nach einiger Erfahrung mit der Erkrankung können Betroffene ein relativ normales Leben führen. Die Lebenserwartung ist bei Narkolepsie nicht eingeschränkt. Zum Austauch mit anderen Patienten bietet die Deutsche Gesellschaft für Narkolepsie Selbsthilfegruppen an. Hier können sich Betroffene austauschen und von den Erfahrungen anderer profitieren.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

1 Kommentare

Monique Küchenmeister – Mittwoch, 26. September 2018
Hallo! Ich heiße Monique und bin 28 Jahre alt. 2012 wurde bei Narkolepsie mit Kataplexien festgestellt. Ich habe alle Symptome die es zu dieser Krankheit gibt. Kataplexien, Schlaflähmung, Halluzinationen, automatisches Verhalten, Schlafattacken, Tagesmüdigkeit... Im Moment nehme ich Xyrem für die Nacht und den Schlaf 2x 3,75g und gegen die Kataplexien 1x mal 150mg Venflafaxin. Mein Schlaf ist nicht wirklich gut. Am Tag bin ich oft müde, sodass ich mich öfters hinlegen muss. Zur Zeit bin ich aufgrund der Krankheit arbeitsunfähig. Auch mein psychischer Zustand ist aufgrund der Erkrankung nicht wirklich gut. Befinde mich zur Zeit in tiefenpsychologischer Behandlung. Auch eine Reha habe ich aufgr meines Zustandes schon beantragt und die Bearbeitung läuft. Ich habe im Internet gelesen das die Ursache für die Krankheit nun endlich erforscht wurde. Schweizer Forscher – mit Beteiligung des Universitären Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrums Bern (SWEZ) – haben jetzt den Auslöser für diesen Mechanismus gefunden: autoreaktive Immunzellen, die im Körper von Narkolepsie-Patienten vorkommen. Diese sogenannten T-Lymphozyten erkennen das Molekül Hypokretin und setzen eine Immunantwort in Gang, indem sie gegen für das Schlaf-Wach-Verhalten wichtige (hypokretinproduzierende) Neuronen im Gehirn reagieren und diese zerstören. „Wenn wir autoreaktive T-Zellen in frühen Stadien blockieren, können wir möglicherweise den neuronalen Verlust begrenzen und das Fortschreiten der Krankheit verhindern.“ Würde mich gerne mit Betroffenen austauschen die unter der selben Krankheit leiden, da ich niemanden habe mit dem ich darüber sprechen kann und mich austauschen kann. Würde mich freuen wenn sich jemand meldet. Viele liebe Grüße aus Dresden, Monique

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