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Nachgefragt bei Frau Helm: Wechseljahre bei Männern?!

Kommentar schreiben Aktualisiert am 23. März 2018

Beate Helm hat als Heilpraktikerin jahrelange Berufserfahrung in den Bereichen Naturheilkunde und Psychotherapie. Heute leitet sie ihr eigenes Ausbildungsinstitut und ist zudem als Autorin tätig. In ihrer apomio-Kolumne „Nachgefragt bei Frau Helm“ berichtet sie regelmäßig und ganz persönlich über eigene Erfahrungen, Meinungen und Wissenswertem zu den Themen Gesundheit, Prävention, natürliches Heilen und Persönlichkeitsentwicklung. Ja, es gibt sie, die Wechseljahre beim Mann. Der Testosteron-Pegel sinkt. Lust und Potenz lassen nach, das Gewicht nimmt zu. Die Behaarung und Muskelmasse nehmen dafür ab. Jeder 10. Mann soll es nur sein, der ein Lied davon singen kann. Aber es trifft früher oder später jeden und die Frage ist auch hier, beim vermeintlich starken Geschlecht: Wie gehe ich damit um? Als Mann und als Frau eines solchen Mannes.

Wechseljahre: Ich doch nicht!

Was soll sich bei mir schon ändern? Schließlich verliere ich nicht meine Fruchtbarkeit. Picasso, Mick Jagger und wie die Sexprotze alle heißen mögen, die im hohen Alter noch mit Erfolg die Welt bevölkert haben, machen es doch vor. The show goes on. So oder so ähnlich bekomme ich Antworten unlängst bei meiner kleinen Umfrage zu diesem Thema im näheren Umfeld. Ich doch nicht!

Wann soll das denn sein?

Im Vergleich zur Frau fallen die Wechseljahre des Mannes subtiler aus. Sie sind nicht so brüsk und leicht erkennbar. Meist fallen sie in die Zeit zwischen 50 und 60. Bei manchem Herrn machen sie sich schon mit 35 bemerkbar, beim anderen erst mit 70. Deshalb passt das Wort Andropause als Gegenstück zur Menopause auch nicht so richtig. Es kommt nicht zum Stopp der männlichen Hormone mit einem endgültigen Schlusspunkt der Fruchtbarkeit. Sie werden eher bei dem einen mehr reduziert und beim anderen weniger.

Werde ich jetzt alt?

Eine bange Frage, heimlich an sich selbst gestellt. Geht es jetzt schon bergab? Bekommt man womöglich das erste Mal keinen mehr hoch? Bitte nicht!!! Nichts schlimmer als das! Und dann vielleicht noch einen Leistungsknick bei der Arbeit? Steht es dem armen Mann schon ins Gesicht geschrieben und kann nicht länger verhohlen bleiben? Mein Testosteron wird weniger! Ganz dick auf der Stirn eingraviert, für jeden erkennbar. Die Schweißperlen, die seit neuesten mit zum Programm gehören, wischen es hoffentlich weg.

Hilfe ich bin sterblich!

Unser ehemals junger Gott wird sich seiner Sterblichkeit bewusst. Panik macht sich breit. Ging bisher alles seinen normalen Gang, ohne dass man sich etwas dabei gedacht hat, erschreckt die Routine plötzlich den Mann. Wenn das hier tatsächlich mal zu Ende geht, das Leben, muss die Notbremse gezogen werden. Sofort!

Es kann nur schlechter werden

Und dabei hat er doch alles erreicht, unser Mann, im Beruf, im Privatleben, die Kinder gemeinsam groß gezogen, die Wohnung abbezahlt. Er könnte von Grund auf zufrieden sein. Aber das sieht er nicht so. Er bekommt es mit der Angst zu tun und fixiert sich nur auf das Negative: Es gibt keine Steigerung mehr nach oben. Es kann nur alles schlechter werden: die Gesundheit, die dröge Beziehung, die Wohnung, seine Position in der Firma, in der der neue Assistent schon munter an seinem Stuhl sägt. Und dann kommt die Frage aller Fragen:

War das schon alles?

Soll es das schon gewesen sein? Keine Aufregung, kein Thrill mehr? Alles in berechenbaren Bahnen bis zur Rente? Nicht mit mir! Mann muss hier raus, aus den Zwängen und Auflagen des Alltags, den erstickenden Gewohnheiten, der Routine. Er will nicht im 0-8-15-Trott sang- und klanglos untergehen. Er will noch einmal durchstarten, sich beweisen, von den Scheintoten aufstehen und ausbrechen. Er will leben, ein prickelndes Leben.

Ich will hier raus! Da geht doch noch was!

Dazu meint er, schlagartig die Brücken hinter sich abbrechen zu müssen. Die Ehe beenden oder den Job kündigen, in eine kleine Wohnung ziehen ohne viel Ballast. Endlich wieder Freiheit schnuppern und durchatmen können. Dem Einschlafen im tristen Alltag gerade nochmal von der Schippe gesprungen. Und ganz klassisch, nicht nur Klischee: die junge Geliebte, die noch weiß, was es heißt, zu leben und Abenteuer zu bestehen. Mit ihr kann er im Cabrio oder mit dem Motorrad durch die Lande düsen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie oft auch sehr bewusste, intelligente Männer diesen Schlenker brauchen, um sich wieder lebendig zu fühlen.

Darum geht es eigentlich

So wie die Frau sich nicht mehr über die klassische Weiblichkeit definieren kann und auch nicht mehr will, sind Midlife-Krise oder Wechseljahre des Mannes eigentlich als Impulse für eine Veränderung gedacht. Die Zeiten der Selbstpräsentation als brünstiger Hirsch oder laut schreiender Gockel sind abgelaufen. Das ist richtig. Und sie sind auch mit der freakigsten Lederjacke und der schärfsten jungen Braut nicht wieder herzuholen oder zu konservieren. Auch der Mann kann und soll mit 50 plus aus seinen bisherigen Rollen- und Verhaltensmustern aussteigen und ein neues Leben anfangen. Aber als reifer, verantwortungsbewusster Mensch mit dem Mut zum Neuanfang, nicht als Spätpubertierender, der um jeden Preis seinen Marktwert testen will, oder als ein mit Viagra vollgepumpter Beweis für den Fortschritt der Pharmaindustrie im Bereich erektile Dysfunktion. Um diese Zeitphase gut zu überstehen, braucht es dagegen echtes Selbstwertgefühl, ehrliche Selbstreflexion und Mut zum erwachsenen Neubeginn.

Eine ehrliche Bestandsaufnahme

Veränderung beginnt in einem selbst, auch beim Mann. Deshalb stellt sich die Frage: Was ist in mir überkommen und engt mich ein? Was muss in meinem Denken und Handeln generalüberholt werden? Was kann in Dankbarkeit verabschiedet werden? Was muss aktualisiert werden? Gutes Beispiel ist das Wertesystem. Was ist heute wirklich wertvoll und wofür möchte man sein Geld jetzt ausgeben? Was macht man überhaupt mit seinem Geld? Für die Kinder zusammenhalten oder in noch machbare Träume investieren? Wie sieht die Beziehung aus? Wofür kann man dankbar sein? Was kann er bei seiner Frau mehr würdigen und schätzen? Wo muss dringend frischer Wind rein, um wieder mehr Lebendigkeit zu spüren? Wie steht es mit der Wohnsituation? Alles paletti oder lieber ein Umzug in zwei neue, ureigene Reiche für jeden Partner?

Wechseljahre heißt Arbeit

Nehmen Sie den Drive, der Sie aus der bisherigen Routine und Zufriedenheit herausreißen soll. Machen Sie sich auf in ein neues Leben voller Vitalität und unbekannter Abenteuer. Das bewegt andere, genauso ihren neuen Weg zu finden. Einen originellen, mutigen Weg, der Impuls und Vision für das letzte Lebensdrittel ist, für den Mann selbst, sein Umfeld und jeden, den es unter den Nägeln brennt und der keine Lust hat, sich eine Jüngere zu suchen, seine Jugendlichkeit unter Beweis zu stellen oder anderweitig Zeit und Energie zu verschwenden.

Seine Wut und Trauer leben

Auch das gehört dazu. Welche Träume müssen Sie für immer begraben, da Sie heute definitiv zu alt sind? Sagen Sie Adieu, vielleicht im nächsten Leben! Welchen Traum legen Sie noch einmal neu auf und werden ihn garantiert ausleben? Ich wünsche schon mal sehr viel Spaß und Erfolg dabei. Wo sind Sie sauer auf sich selbst, weil Sie zu spät agiert oder reagiert haben? Vergeben Sie sich. Nur so kann Ihre blockierte Energie wieder frei fließen und steht Ihnen für neue Aktivitäten zur Verfügung. Wenn Sie festhängen, nehmen Sie sich professionelle Hilfe bei einem Therapeuten.

Und die innere Leere in stillen Momenten?

Kein Problem. Sie gehört dazu. Einfach akzeptieren. Dann ändert sich am schnellsten etwas. Experimentieren Sie, was Ihnen gut tut, z.B. Meditation, Kampfsport, Joggen im Grünen, ein gutes Gespräch mit einem Freund beim Essengehen.

Und als Frau, wie geht man mit einem Mann in den besten Jahren um?

Das A und O sind ein gesundes Selbstbewusstsein und Gelassenheit, dazu viel eigene Unternehmungen, um sich zu stärken und selbst zu nähren. Das tut frau gut und erhöht ihre Attraktivität ins Unermessliche. Wenn er trotzdem meinen sollte, sich verabschieden zu müssen: Dann haben Sie etwas Besseres verdient!

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Beate Helm
Autor: Beate Helm

Beate Helm, Heilpraktikerin, freie Redakteurin und Autorin für Gesundheitsthemen und Persönlichkeitsentwicklung. Selfpublisherin. Weiterbildungen in Ernährungswissenschaft, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, Ayurveda, psychologischer Beratung und systemischer Therapie. Langjährige Erfahrung in Yoga und Meditation. Bei apomio seit 04/2015.

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