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Der Hype um glutenfrei Leben: Kann es auch schaden?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 28. Juni 2017

Eine konsequent glutenfreie Ernährung hilft nachweislich bei Betroffenen, die unter Zöliakie leiden – ohne Ernährungsumstellung kann eine glutenhaltige Nahrung nämlich zu chronischen Entzündungen des Darmes führen und schwerwiegende Folgewirkungen mit sich bringen. Und wie steht es mit Denjenigen, die freiwillig auf Gluten verzichten und sich dadurch eine bessere Gesundheit erhoffen? Der Hype um den Gluten-Verzicht scheint unbegründet. Und kann sogar zu Mangelsymptomen führen. Mehr dazu im folgenden Beitrag.

Glutenfrei, laktosefrei, vegetarisch, vegan

Schon seit geraumer Zeit läuft das Geschäft ohne Gluten, Laktose und Co. Besonders die „Glutendiät“ ist angesagt und im Trend: In Deutschland leidet etwa ein Prozent der Bevölkerung unter Zöliakie, einer Gluten-Unverträglichkeit, und muss (!) eine strenge Diät halten. In diesem Zusammenhang könne man von einer übersichtlichen Gruppe sprechen. Mehr als ein Prozent verzichtet allerdings freiwillig und konsequent auf Gluten, nicht nur in Deutschland; vor allem auch in den USA. Das freut auch die Lebensmittelindustrie, sodass glutenfreie Lebensmittel zu einem lukrativen Geschäft geworden sind und das Angebot in den Regalen des Supermarktes – ein Segen für die wirklich Erkrankten – nimmt immer weiter zu. Ohne Gluten solle man sich fitter, gesünder und kraftvoller fühlen. Die Glutendiät verspüre man besonders im Geldbeutel, zu Lasten der wirklich an Gluten-Unverträglichkeit Erkrankten, denn die Lebensmittel sind im Vergleich zu „herkömmlichen“ Lebensmitteln deutlich kostspieliger. Mehr als im Geldbeutel verspüre man allerdings keinen positiven Effekt, sofern man nicht unter einer Gluten-Unverträglichkeit leidet. Besser und gesünder sind diese Lebensmittel nämlich nicht.

Ein Extrawort zu Gluten

Gerade für Personen mit regelmäßigen Bauchbeschwerden werden in Bezug auf Gluten Empfehlungen ausgesprochen. Häufig wird geraten, auf Produkte aus heimischen glutenhaltigen Getreidesorten wie Brot, Nudeln, Kuchen, Kekse und Co, komplett zu verzichten. Dabei liegt nicht immer eine korrekte Diagnose einer Zöliakie, einer Gluten-Unverträglichkeit vor, die begründen bzw. rechtfertigen könnten, warum man auf Gluten verzichten sollte. Ein „Zuviel“ an Getreide kann durchaus ein Garant dafür sein, dass Unruhe im Darm entsteht und der Bauch vor sich hin grummelt, aber: die Ursache hierfür muss nicht im Gluten liegen. Denn auch ein Übermaß an Kohlenhydrate, auch in Getreide enthalten, kann genauso zur „dicker Luft“ im Darm führen und bedingt für viele Magen-Darm-Beschwerden sein. Ein Gluten-Verzicht ist demnach nicht rechtzufertigen. Meist reicht nämlich schon aus, auf eine zucker- und stärkereiche Ernährung zu verzichten und damit den Bauch wieder ruhig zu stellen. Leicht umsetzbar und lösungsorientiert ist diese Vorstellung im Alltag – fern von kostspieligen Lebensmitteln versehen mit der Bemerkung „glutenfrei“. Es kann möglich sein, dass jemand, der ein striktes Gluten-Verzicht einhält, eine deutliche Besserung der Beschwerden bemerkt und dem Eiweißklebstoff somit die Schuld für das bisherige Unwohlsein gibt. Zu erwähnen ist allerdings: Denn gleichzeitig meidet man vor allem Kostbestandteile, die oft zu Blähungen führen und Brot, Gebäck und viele Fast-Food-Produkte auf Stärkebasis vom Speiseplan gestrichen und automatisch mehr Gemüse, Obst und Milchprodukte verzehrt. Dieselben positiven Effekte würde man auch erreichen, wenn man weniger und bewusster kohlenhydratreiche Lebensmittel verzehren würde und auch auf mehr frisches Obst und Gemüse achtet. Doch für viele von einer Glutendiät-überzeugte Menschen, bleibt der Übeltäter Gluten und der Hype um den Gluten-Verzicht bleibt bestehen. Unbegründet.

Mediziner melden sich zu Wort

Wer Beschwerden hat, sollte zum Arzt gehen und nicht auf eigene Faust seine Ernährung umstellen und beispielsweise bewusst auf Gluten verzichtet, obwohl womöglich gar keine Gluten-Unverträglichkeit besteht. Mediziner sprechen keine Empfehlung aus, dass man sich glutenfrei ernähren sollte, sofern keine vernünftige Diagnostik erfolgt worden ist, beispielsweise durch eine Magen-Darm-Spiegelung. Denn was ist so schlimm an dem klebrigen Eiweißgemisch, welches aus den Samen von Getreidesorten stammt? Die Antwort: Für die meisten Menschen überhaupt nichts! Und viele Studien erweisen: bei einer glutenfreie Ernährung besteht die Gefahr, nicht genug Nährstoffe aufzunehmen und die strikte glutenfreie Lebensweise zu Mangelerscheinungen führen könne. Die Gluten-Unverträglichkeit entwickle sich zunehmend zu einer Trend-Krankheit, die Menschen dazu bringt, freiwillig auf Gluten zu verzichten, ohne medizinischen Hintergrund. „Eine glutenfreie Ernährung kann bei Gesunden eine Mangelernährung provozieren“, so ein Auszug aus dem Ärzteblatt.

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J. Ehresmann
Autor: J. Ehresmann

Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.

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