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Cannabis: Droge oder Schmerzmittel?

Kommentar schreiben Aktualisiert am 10. Juni 2016

Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie der medizinische Gebrauch und die Legalisierung von Cannabis. Befürworter der Pflanze sehen in ihr ein effektives Schmerzmittel für schwerkranke Menschen, die Gegner fürchten sich vor einem Anstieg der Drogenabhängigen durch eine Legitimierung der „Einstiegsdroge“. Wir erklären, wie Cannabis auf den Körper wirkt, welche Auswirkungen die Droge hat und wie der aktuelle rechtliche Stand aussieht. 

Cannabis, Marihuana, Haschisch – alle Namen haben einen anrüchigen Klang und werden mit illegalen Drogen in Verbindung gebracht. Doch derzeit steht die Diskussion um eine teilweise Legalisierung von Cannabis-Produkten wieder im politischen Zentrum. Im Frühjahr 2017 tritt laut dem öffentlich-rechtlichen Sender "3sat" ein Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Gröhe in Kraft, der es schwer kranken Patienten ermöglicht Cannabis Produkte aus Apotheken zu beziehen.

Doch was macht Cannabis zu so einem Brennpunktthema? Wie unterscheidet sich die sogenannte „Einstiegsdroge“ von härteren Rauschmitteln und wie können Schmerzpatienten von einer teilweisen Legalisierung profitieren?

Wirkstoff: THC und CBD

Der Hanf (cannabis sativa) gehört zu Pflanzenfamilie der Hanfgewächse (Cannabaceae). Die Hanfpflanze wurde in China bereits vor 6000 Jahren als Heil- und Nutzpflanze verwendet. Über Zentralasien und den Nahen Osten gelangte das Kraut nach Europa und breitete sich schließlich weltweit aus. Die Pflanze ist anspruchslos und wächst in vielen Klimazonen. Ab wann das Rauchen der Hanfpflanze zu berauschenden Zwecken praktiziert wurde ist heute unklar. Doch  in den 1970er Jahren erlebte die Cannabis-Kultur einen jähen Aufschwung. Hand in Hand gehen damit die Versuche der Regierung den Konsum der weichen Droge zu unterbinden.

Die beiden wichtigsten Wirkstoffe der Hanfpflanze sind Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Sie docken im Gehirn und Körper an sogenannten Cannabinoid-Rezeptoren an und entfalten dort ihre Wirkung. Wie genau das funktioniert, ist noch nicht restlos geklärt. Der Cannabiskonsum führt zu Muskelentspannung, Schmerzreduzierung, der Appetit wird angeregt und der Augeninnendruck sinkt.

Cannabis als Schmerzmittel?

Deshalb plädieren viele Cannabis-Sympathisanten für eine legale Verwendung von Cannabis-Produkten zur Behandlung von Schmerzpatienten. Bislang ist dafür eine Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nötig. Deutschlandweit gab es davon in den vergangenen Jahren nur wenige hundert.  Dabei könne die schmerzlindernde Wirkung Krebs- und AIDS-Patienten, bei denen andere Medikamente nicht anschlagen, helfen. Die muskelentspannende Eigenschaft kann Epilepsie und Multiple Sklerose Patienten mit starken Krampfanfällen und Spastiken Linderung verschaffen. Durch die Belastung einer Chemotherapie vergeht vielen Krebspatienten zudem der Appetit – Cannabis könnte ihn steigern.

Doch viele Legalisierungs-Gegner fürchten durch die Entkriminalisierung einen Anstieg der Drogenabhängigen. Denn Cannabis habe – wenn auch ein geringes – körperliches Abhängigkeitspotenzial. Doch vor allem die psychische Abhängigkeit hält viele Konsumenten in einem Teufelskreis gefangen. Durch die berauschende Wirkung von Marihuana und Co. stellt sich bei Vielen ohne die Droge eine Lethargie und Antriebslosigkeit ein.

Langzeitschäden: nicht bekannt

Cannabis steht im Verdacht Psychosen und Schizophrenien auszulösen. Bislang gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Konsum von Hanf als eine Art Trigger auf Menschen wirkt, die ohnehin anfällig für Psychosen sind. Bei diesen Menschen wäre ein Joint quasi der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Auch bei einem dauerhaften Konsum konnten Forscher bislang keine Gehirnschädigungen feststellen.

Doch die Konzentrations- und Lernfähigkeit kann unter dem permanenten Cannabis-Konsum Schaden nehmen. Das deuten verschiedene Studien an. Die Ergebnisse sollte allerdings vorsichtig gedeutet werden.

Fallbeispiel Colorado: Drogen-Konsum geht zurück

In zwei Bundesstaaten der USA ist seit Januar 2014 der Kauf, der Besitz und der Konsum von Hanf legal. In hochwertigen Shops werden Gras, Hash-Kekse und Bongs angeboten und verkauft. Seit der Einführung des Legalisierungsgesetztes seien die Zahlen der Konsumenten im Teenager-Alter gesunken, so der Nachrichtensender N24. Im Gegensatz dazu aber greifen mehr Erwachsene zu Marihuana und Co. Man könnte annehmen, dass Gras ein Stück weit seine Anziehungskraft für Jugendliche verliert, wenn es legal ist und die eigenen Eltern ab und zu danach greifen.

Die Legalisierung der Soft-Droge beschert dem US-Bundesstaat außerdem einen schönen Steuerbetrag. Deutsche Politiker wollen diese potenzielle Mehreinnahme bei einer Legalisierung in der Bundesrepublik in Präventionsmaßnahmen stecken.

Außerdem könne der Staat, so die Befürworter, Geld bei der Polizei einsparen, wenn diese nicht gegen Drogenbesitzer ermitteln müsste. In den meisten Fällen werde das Verfahren eingestellt und die Ressourcen seien verschwendet.

Medizinische Hanf-Verwendung als Fortschritt?

Die legale Nutzung von Hanf-Produkten zu medizinischen Zwecken ist ein Schritt in Richtung Legalisierung. Ob nun die Partei der Cannabis-Befürworter oder die der –Gegner Recht hat, muss jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist, dass die Diskussion um die weiche Droge wieder Einzug in die politischen Parlamente des Landes genommen hat und sich in naher Zukunft etwas verändern kann. Schmerzpatienten und chronisch Kranke profitieren aber zunächst von der Gesetzesänderung und rutschen nicht mehr in eine rechtliche Grauzone.

Eine Information zum Schluss: Der Besitz von kleinen Mengen (diese sind nicht vom Staat definiert) zum Eigengebrauch ist nicht strafbar. Erst wenn es sich um große Mengen, Anbau oder Dealerei handelt, können Freiheitsstrafen und hohe Geldbußen ins Spiel kommen.

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Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

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