© ipag - Fotolia.com

Antibiotika: Wenn die Allzweckwaffe machtlos ist

Kommentar schreiben Aktualisiert am 13. Januar 2015

Der Hals kratzt, die Nase trieft und man möchte keinesfalls die nächsten Tage flach liegen. Also auf zum Arzt, der soll zum Rezeptblock greifen und eines seiner Wundermittelchen verschreiben. Genau diese Einstellung vieler Patienten fördert die Entwicklung antibiotikaresistenter Bakterien und die Behandlung eigentlich simpler Infektionen ist zum Teil nicht mehr möglich.

 

Seit der Entwicklung des Penicillins im Jahr 1928 sind Antibiotika zu dem Mittel im Kampf gegen Infektionskrankheiten geworden. „Inzwischen sind diese potenten Medikamente durch die Zunahme von Antibiotikaresistenzen nicht mehr verlässlich effektiv“, so das Robert Koch Institut (RKI). Auch in Deutschland sind immer mehr Keime immun gegen die ärztliche Allzweckwaffe. Doch wie kam es dazu?

Hintergrund: Antibiotika hemmen entweder das Wachstum beziehungsweise die Vermehrung eines Erregers (Bakteriostatische Antibiotika) oder töten den Erreger ab (Bakterizide Antibiotika). Verliert das Mittel gegenüber dem Erreger seine Wirksamkeit spricht man von einer Resistenz.

Entstehung einer Antibiotikaresistenz

Zu einer Antibiotikaresistenz kommt es durch das Zusammenspiel zweier Faktoren.

 

Ersten: Die natürliche Existenz von resistenten Erregern und die Möglichkeit der Übertragung der Resistenzgene.

Und zweitens: Durch den Einsatz von Antibiotikum wird ein Selektionsdruck ausgeübt. Das bedeutet, dass durch den Einsatz von Antibiotikum alle Bakterien, die nicht resistent sind, abgetötet werden und sich dadurch die Erreger mit den Resistenzgenen bevorzugt vermehren können.

 

Ohne den Einsatz von Antibiotikum würde es nicht zu der intensiven Vermehrung kommen, da resistente Bakterien meist ein langsameres Wachstum als andere aufweisen.

Da Antibiotika nur gegen bakterielle Infektionen wirkt, sollte es auch nur in einem solchen Fall verabreicht werden. Leider ist es immer häufiger der Fall, dass auch auf Verlangen des Patienten bei einem viralen Infekt oder einem leichten Bakterienbefall, wie zum Beispiel einer Erkältung, ein Breitbandantibiotikum verabreicht wird. „Durch unsachgemäßen Einsatz verlieren unsere wirksamsten Waffen ihre Schlagkraft“, sagt Mathias Pletz, Leiter der Klinischen Infektiologie am Universitätsklinikum Jena in einem Interview mit focus-online.

Gefahr durch resistente Stämme

Eine Statistik des Paul-Ehrlich-Instituts zeigt, dass der Anteil der multiresistenten MRSA (Multi-resistenter Staphylococcus aureus) Bakterien von 0,4 Prozent im Jahr 1978 auf über 20 Prozent im Jahr 2007 gestiegen ist. So kommt es vor, dass Ärzten bei simplen Infektionen wie etwa einer Lungenentzündung machtlos sind, da ihre Allzweckwaffe nichts bewirkt.

Auch über die Lebensmittelindustrie kommen wir immer häufiger mit resistenten Bakterien in Kontakt. In der Zucht von Hühnern, Kälbern und Schweinen wird tonnenweise Antibiotikum eingesetzt, obwohl die Mittel als leistungsfördernde Maßnahme eigentlich seit 2006 verboten sind. So können sich in den Kühlschränken der Verbraucher antibiotikaresistente Keime befinden und bei mangelnder Küchenhygiene auf den Menschen übergehen.

Antibiotika-Welle stoppen

Seit 2009 geht die Einnahme von Antibiotikum in den Altersgruppen der bis 19-Jährigen und über 70-Jährigen langsam zurück. In der Gruppe der 20 bis 69-Jährigen ist dieser Trend noch nicht zu beobachten, so eine Studie zur ambulanten Antibiotikaverordnung.

Damit die Entstehung und Verbreitung der resistenten Erreger nicht weiter fortschreitet müssen sowohl Ärzte als auch Patienten auf die prophylaktische Verschreibung von Antibiotikum verzichten. Bestimmte Tests beim Arzt können die Art der Infektion bestimmen, damit das richtige Mittel gegen die Krankheit eingenommen werden kann.

Vielleicht kann sich der eine oder andere überlegen, ob er wirklich bei einem Halskratzen zum Arzt gehen muss und so die Möglichkeit, dass er Antibiotikum verschrieben bekommt gar nicht erst aufkommen lässt.

Beiträge die Sie auch interessieren könnten

Lisa Vogel
Autor: Lisa Vogel

Von Juli 2014 bis März 2018 arbeitete Lisa Vogel als Werkstudentin in der Redaktion bei apomio.de und unterstützt das Team nun als freie Autorin. Sie hat ein Studium im Fach Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin an der Hochschule Ansbach mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Hier erlangte sie sowohl journalistische als auch medizinische Kenntnisse. Derzeit vertieft sie ihre medialen Kenntnisse im Master Studium Multimediale Information und Kommunikation.

Schreib einen Kommentar

help
help
help

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Zu unseren Datenschutzbestimmungen.